Die Quelle
du die Priesterin ins Liebesgemach getragen hattest, Urbaal, blieben wir noch und hörten den Sängern zu. Später traf ich dann Timna, und als wir zum Haus kamen, war das Tor offen.«
Urbaal befragte hastig die Sklaven. Sie erinnerten sich ebenfalls. »Wir haben damals darüber geredet«, sagte einer. Doch wer konnte der Dieb gewesen sein? Urbaal rückte beiseite. Allein saß er nun, die Arme um die hochgezogenen Knie geschlungen, und dachte nach, wer wohl sein Feind sein könne. Alle, die es vielleicht hätten sein können, rief er sich voller Argwohn ins Gedächtnis, bis seine Eifersucht ihn auf den einen kommen ließ: »Amalek!« rief er. »Vorhin bin ich ihm begegnet, und ganz hinterlistig hat er mich angeblickt.« Gerade umgekehrt war es gewesen - er selbst der Hinterlistige, nicht Amalek.
Timna aber, voller Kummer über die Furcht ihres einfältigen Mannes und bemüht, ihn zu trösten, bestärkte Urbaal in seinem Wahn, indem sie eine Lüge aussprach, die sie noch bitter bereuen sollte: »Ich glaube, es muß Amalek gewesen sein. Er ist eifersüchtig, weil du das Mädchen gewonnen hast.«
Gierig griff Urbaal diese Erklärung auf. »Dieser Dieb!« Nun, da er endlich glauben konnte, daß ein Feind seine Göttinnen gestohlen hatte und nicht sie von ihm gegangen waren, fühlte er die lastende Angst weichen. Erleichtert lief er aus dem Haus und zum Laden des bärtigen Heth. Was der über Libamah erfahren wollte, hörte er nicht und beantwortete er nicht. Hastig kaufte er drei neue Astarten, die er auf den Sims im Raum der Götter stellte. Dann ging er auf die Felder hinaus, um für seine Göttinnen die phallischen Steine zu suchen, die ihnen gebührten.
Er wanderte durch seinen Olivenhain nahm prüfend Steine auf und verweilte bei den ihm günstig gesinnten Baalim in Anbetung. Doch als er beim Baal der Ölpresse flüsterte: »Dank sei Dir dafür, daß Du mir Libamah gewannst«, ließ ihn schon das bloße Aussprechen des Namens fühlen, wie verfallen er ihr war: Während er zwischen den Bäumen weiterschritt, sah er sie vor sich gehen; ihre schmiegsame Gestalt hob sich aus den gekrümmten Stämmen; durch die schimmernden Blätter rief ihn ihre Stimme, freudig und lockend; wo die Bienen im herbstlichen Gras summten, hörte er ihr leises Lachen.
Als er auf der Suche nach einem dritten Stein von der Form, wie die Göttinnen sie schätzten, die Straße überquerte, stieß er zufällig auf Amalek. Unglücklicherweise fragte der stämmige Viehzüchter, dessen Herden in der Nähe weideten, auch noch: »Was tust du denn da, Urbaal? Suchst du Steine für deine neuen Göttinnen?«
Wie konnte Amalek wissen, daß Urbaal neue Göttinnen hatte? Der Olivenbauer blickte seinen Nebenbuhler lauernd an, legte die Hände auf den Rücken und sagte: »Woher weißt du, was ich tue?«
»Wenn ich die Große gewonnen hätte«, antwortete Amalek gutmütig, »wäre ich sofort ein paar neue Astarten kaufen gegangen.«
Urbaal legte die Antwort so aus, als lasse Amalek die vier gestohlenen Astarten nun für sich wirksam sein. »Du weißt wohl, wie man Astarte glücklich und zufrieden macht?« fragte er mit plumper List.
»Ich wollt’, es wäre so. Dann bekäme zu Neujahr vielleicht ich die Große.« Die Worte erbosten Urbaal. Er suchte nach einer treffenden Antwort, doch fiel ihm nichts ein. Die Hände noch immer auf dem Rücken, drehte er sich um und ging davon. »Ich sehe, du hast die Steine gefunden«, rief ihm Amalek nach, ehe er sich zu seinen Herden begab.
Für Urbaal war der Tag gründlich verdorben. Und auf dem Rückweg zum Stadttor beging er dann den ersten Fehler in jener Kette tragischer Verwicklungen, durch welche die letzten Monate dieses Jahres den Einwohnern von Makor für lange Zeit unvergeßlich werden sollten: Er vergaß, dem Baal des
Olivenhains seine Verehrung zu erweisen, denn ihm ging nichts anderes durch den Kopf als dieser Viehzüchter, der ihm die Göttinnen gestohlen hatte. Amaleks eigene Worte waren der beste Beweis für seine Schuld, und was besonders erbitternd war, er besaß außerdem die Dreistigkeit, sich darüber lustig zu machen, als wisse er, daß Urbaal seine Kraft verloren habe. Unfroh trug der Bauer die Steine in den Raum der Götter. Aber die drei neuen Astarten verrieten mit keinem Zeichen, daß sie seinen Eifer anerkannten. Auf seiner Zunge spürte er den Geschmack von Asche - die Dinge hatten sich zum Üblen gewendet. Seine Stimmung besserte sich auch nicht, als er zum Tempel ging und dort
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