Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
Vom Netzwerk:
Einzelheiten aufzuhalten. Die Strafe? Er dachte nicht daran, was hinterher geschah. Er sah nur noch Amaleks lachendes Gesicht vor sich und dann das jähe Erschrecken. Heimlich übte Urbaal im Raum der Götter, wie er Amalek anspringen wollte. Viele Male übte er es, bis eines Nachts plötzlich Timna neben ihm stand. Er hörte ihre Worte: »Mann, Böses ist über dich gekommen. Kann ich dir helfen?« Völlig geistesabwesend, vermochte Urbaal sie kaum zu erkennen. Er blickte auf die volle Gestalt, undeutlich erinnerte er sich der Freude, die sie beide empfunden hatten, als sie mit dem Sohn schwanger ging, der dann geopfert worden war. Er sah Melaks
    Todesflammen vor sich. Entsetzt trat er einen Schritt zurück. Und dann wieder die Erinnerung: Hatte er diese Timna nicht geliebt? Aber jetzt liebte er Libamah! Seine Gedanken wurden wirr: Er sah in Timna die lächelnde Astarte des Lebens. Sie war ihm im Wege - er schob sie hinaus.
    Aber Timna wußte, wie sehr er sie brauchte. Unbeirrt kam sie zurück und sagte: »Urbaal, wenn du bei deinem Wahn bleibst, verdirbt die nächste Ernte! Vergiß die Dirne. Vergiß Amalek.«
    Er packte sie beim Arm, schrie wild: »Was weißt du davon?«
    »In der Nacht, als du Amalek töten wolltest.«
    »Woher weißt du das?«
    »Urbaal«, antwortete sie sanft, »ich stand ganz in deiner Nähe auf der Straße, stundenlang, um dir zu helfen.«
    Er stieß sie wie eine Verräterin beiseite: »Wer hat dir davon erzählt?« Geduldig erklärte sie ihm: »Du selbst erzählst es doch allen. Glaubst du denn, die Priester wissen nicht schon Bescheid? Wenn ich dich beim Fest nicht gedrängt hätte.«
    Würgende Wut packte ihn. Er wollte davonstürzen, Amalek umbringen, wo der auch sein mochte. Und wollte doch zugleich auch sich Timnas stillem Trösten überlassen. Er wollte Libamah befreien - gleichgültig, wie viele Priester sie bewachten - und sehnte sich doch auch nach dem ruhigen, einfachen Leben, das er mit Timna gelebt hatte. Durch das Dunkel, das nur vom flackernden Licht einer Tonlampe erhellt war - Öl von seinen Oliven brannte in der Lampe -, blickte er wie um Hilfe flehend auf das würdevolle Weib, das aus dem fremden Akka zu ihm gekommen war. Ja - es war Timna, seine Frau, die ihn liebte, Timna, die ruhige und verständige, die so viel klüger war als andere Frauen. War es so unbegreiflich, daß sie seine Geheimnisse ergründet hatte? Er ließ sie auf dem Bett Platz nehmen. Sein Wahn legte sich. Zum erstenmal seit vielen Wochen betete er zu Astarte. Aber Timna unterbrach ihn: »Vergiß die Göttinnen, Urbaal. Sie haben keine Macht über einen Mann wie dich.«
    Er widersprach ihr nicht. Was sie da sagte, klang ihm unverständlich, ja, wie eine Lästerung. Aber er war erschöpft, er wollte nicht streiten. So konnte sie fortfahren: »Vergiß deinen Haß. Amalek hat deine Göttinnen nicht geraubt. Es war ein ganz gewöhnlicher Dieb, dessen bin ich sicher.« Er beugte sich vor. Wie gern hätte er ihren Worten Glauben geschenkt. Und kannte er nicht Amalek seit langem als einen ehrlichen Mann und Familienvater?
    »Du glaubst, daß nicht er der Schuldige war?« fragte er voller Hoffnung. »Ich weiß es bestimmt. Und du mußt auch vergessen.«
    »Sag nicht, ich soll die Priesterin vergessen«, bat er.
    Timna lächelte traurig. Es war so unsinnig, daß eine Frau ihrem Mann wegen einer Tempelhure Trost zusprechen mußte. Aber sie unterdrückte ihren Abscheu und sagte: »Urbaal, wenn du sie so sehr liebst, wirst du später vielleicht wieder einmal erwählt, bei ihr zu liegen.«
    »Nein! Sie wird in dieses Haus kommen und mein Weib sein.« Er nahm Timnas Hand und sagte in befehlendem Ton: »Und du wirst ihr das Weben und Nähen beibringen.«
    »Gewiß«, versprach Timna. »Doch im Ernst, Mann, hast du denn Aussichten, sie zu bekommen?«
    Undeutlich erinnerte er sich an einen Plan, den er sich ausgedacht hatte. Wie war der noch gewesen? War es nicht ganz leicht, dieses Mädchen herauszuholen? Aber er vermochte sich nicht zu besinnen. »Was kann ich tun?« fragte er wie ein Kind. »Du mußt die Astarten vergessen und an deine Bäume denken. Arbeite in den Feldern. Bald wird unser neuer Sohn geboren sein. Wie schön wird es sein, wenn du ihm zeigen kannst, wo er den Honig findet.« Urbaal spürte die Vernunft, die aus ihren Worten sprach - er gab nach. »Laß uns gleich jetzt gehen«, flüsterte sie, »zu dem einen Gott gehen, der allein Macht hat, zu El. Laß uns zu ihm beten, auf daß die Feuer in deinem

Weitere Kostenlose Bücher