Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
Vom Netzwerk:
des Geretteten.
    Benn stützte Kemper und starrte nachdenklich in das immer noch kalkige Gesicht. Es wies an mehreren Stellen Schürfwunden auf.
    »Ich bringe Sie nach Rügen! Ich habe die Behörden informiert.«
    Kemper öffnete den Mund, brachte aber nur ein Krächzen zustande.
    »Es strengt ihn an«, murmelte Francesca. »Siehst du das nicht?«
    Ein paar heftige Töne gurgelten über Kempers Lippen.
    »Was sagen Sie? Ich habe Sie nicht verstanden!« Benn senkte den Kopf. Plötzlich erinnerte er sich wieder an den Moment, als er Kemper aus dem Wasser gezogen hatte. Unter Schock hatte er wirre Worte gestammelt, die Benn vollkommen verdrängt hatte, denn Kempers Rettung hatte all seine Aufmerksamkeit verlangt.
    Benn überlegte.
    Bringen Sie uns nicht alle um ...
    Nein, dachte Benn. Das hatte Kemper nicht gesagt.
    »Sie bringen uns alle um.«
    Ja, das waren die Worte. Benn war sich ziemlich sicher. Aber das sagte niemand, der aus Seenot gerettet wurde. Er musste sich verhört haben.
    Erneut kamen nur unverständliche Töne über Kempers Lippen.
    Benn gingen die Worte nicht aus dem Kopf.
    Er beugte sich mit seinem rechten Ohr dicht an Kempers Mund.
    »Lass ihn! Er ist noch viel zu schwach!«, rief Francesca.
    Benn spürte ein paar Spritzer Tee oder Speichel an seinem Ohr.
    »Niemand darf wissen ...«
     

Kapitel 5
    N ÄCHTLICHE   O STSEE
     
    Sie türmten.
    Pierre Duvall konnte es immer noch nicht fassen. Er trank einen Schluck, dann tastete er über die Narbe auf seiner rechten Wange. Sie war das Andenken an einen winzigen Splitter einer Gewehrgranate aus russischer Produktion. Er hatte bei einem Einsatz der Fremdenlegion im Niger den Kopf nicht rechtzeitig nach unten genommen.
    Für ihn war es ein unbewusstes Ritual geworden, immer wieder über die schlecht verheilte Wunde zu streichen, die sich leicht nach außen stülpte und sich unter den Fingerkuppen viel größer anfühlte, als sie tatsächlich war.
    Duvall starrte auf die schäumende Gischt hinter dem Boot, die sich hell vom dunklen Wasser abhob. Ansonsten war das Meer ein riesiges schwarzes Loch.
    Kein Stern war zu sehen. Duvalls Blick verlor sich in den mal helleren, mal dunkleren Grautönen der Wolken, die sich gegen die Schwärze des Meeres bleifarben abhoben.
    Er stand an der Cockpitpantry hinter dem Steuerstand, hielt die Whiskyflasche an den Mund und trank einen weiteren Schluck. Mit der Wärme im Bauch kamen ihm Luft und Wasserspritzer längst nicht mehr so kalt vor.
    Unmittelbar vor ihm stand sein Freund Paul Ferrand, ein stämmiger, rotgesichtiger Baske von der nördlichen Seite der Pyrenäen, an der Steuerkonsole, die Duvall an ein Raumschiff erinnerte. Unendlich viele Schalter, Hebel, Digitalanzeigen und schwach bläulich schimmernde Leuchtziffern.
    Es war ein großes, schnittiges Deckboot in offener Bauweise, ohne Dachaufbauten über dem Steuerstand, der sich in der Mitte des Bootes befand. Der halbrunde Spritzschutz unterstrich den Schnellbootcharakter.
    »Lass das Saufen!«, brüllte Rotter am Heck. »Ich sorge dafür, dass du keinen Cent siehst!«
    Schwachkopf, dachte Duvall. Wie konnte man so dämlich sein? Er schwenkte die Whiskyflasche, setzte zum nächsten Schluck an. Auf die Wut in deiner flachen Asiatenvisage, dachte Duvall und trank. Rotter mochte eine deutsche Mutter haben und in Hamburg aufgewachsen sein, aber die asiatischen Spermien konnte er nicht verleugnen.
    »Du kannst mich mal!«, fauchte Duvall.
    Vor fünf Jahren hatte ihn so eine Fratze in der Fremdenlegion zurechtweisen wollen. Das konnte er überhaupt nicht leiden. Damals nicht und heute nicht. Schon gar nicht von einem, der neu in die Einheit gekommen war.
    Er hatte getrunken. Und er hatte sich gewehrt. Die anschließende Messerstecherei war der Grund, dass Duvall nach fünfzehn Jahren aus der Legion gejagt worden war. Und jetzt wollte ihm so einer wieder was sagen?
    Rotter war die Kanaille, die die Kommandos gab, da der Hüne auslief. Er und der leichenblasse Victor stopften Mullbinde um Mullbinde auf die Schusswunden in Bauch und Brust des Hünen, um den pulsierenden Blutfluss zu stoppen.
    Aber das würde seinen Jugendfreund Franz, den sie aufgrund seiner Größe und seines mächtigen Körpers nur »Hüne« nannten, auch nicht retten.
    Franz hatte ihn für diesen Auftrag angeworben. Womit er bei der Frage war, ob sie von den je fünfundzwanzigtausend Dollar, die ihnen für eine Woche Vorbereitung und Entführung eines namenlosen Wissenschaftlers zugesagt worden waren,

Weitere Kostenlose Bücher