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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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hatte den Beutel auf Weisung des Hünen gepackt. Was fehlte, waren die Unterlagen, die sie im Labor mit hatten einsammeln sollen. Der Hüne hatte furchtbar geflucht, als der Bursche gesagt hatte, es gäbe keine. Auch bei ihrer kurzen Durchsuchung hatten sie keine Unterlagen gefunden.
    Der junge Wissenschaftler ignorierte die Weste und deutete aufgeregt auf das Wasser.
    Weichei, dachte Duvall und grinste geringschätzig. Der Bursche würde doch einen Sprung von kaum zwei Meter hinbekommen. Rotter und Victor hatten Seile hinübergeworfen, die die beiden Boote dicht beieinander hielten.
    Der Hüne zögerte nicht länger, zwang dem jungen Mann die Weste über und drehte ihn einfach um.
    Duvall sah amüsiert zu, wie der Hüne sein Paket zum Transport vorbereitete, in dem er den Mann an den Seitenausstieg drängte und ihm dann einen kräftigen Stoß in den Rücken gab.
    Der junge Wissenschaftler sprang mit rudernden Armen, landete auf dem Deck des Tauchbootes, rutschte aus, knickte in den Beinen ein und wurde von dem Mann an der Luke umfasst.
    Dann aber wehrte sich der junge Wissenschaftler plötzlich. Er schlug um sich und traf den Mann neben sich mit einem wilden Schwinger.
    Ein Schuss krachte.
    Dann raste eine Geschossgarbe vom Tauchboot herüber.
    Duvall warf sich hinter der Cockpitpantry in Deckung. Eigenschutz war die erste Lektion, die er in der Legion gelernt hatte. Ein toter Legionär sparte zwar Pensionen und eignete sich für heldenhafte Begräbnisse, aber er war auch jemand, der nicht mehr kämpfen konnte.
    Charly, ihr Youngster, starb sofort. Er fing sich an der Reling stehend die erste Kugel der Geschossgarbe.
    Die Bootsmotoren jaulten schrill auf, und Duvall spürte den Deckboden unter sich zittern, während über ihm die Kugeln pfiffen. Das Vibrieren erfasste seine Beine, rüttelte seine Bauchdecke durch. Schließlich machte ihr Boot einen Satz nach vorn.
    Er sah zum Heck. Der Weißhaarige lag am Boden. Gerade kippte Franz, der Hüne, getroffen nach hinten auf die Heckbank.
     
    Mit dem Bild des stürzenden Hünen tauchte Duvall aus seiner Erinnerung auf, denn Rotter schlug ihm im Vorbeigehen heftig auf die Schulter und kletterte auf das Sonnendeck vor dem Cockpit.
    »Hilf ihm!« Ferrand deutete nach vorn. »Und hör auf zu saufen! Reiß dich zusammen!«
    »Sie schießen uns zusammen und wir türmen. Das kann doch nicht wahr sein! Was ist mit unserem Geld?« Duvall dachte nicht daran, sich so abspeisen zu lassen.
    »Sei froh, dass ich deinen Hintern gerettet habe.«
    Duvall knurrte unwirsch und sah nach hinten. Victor stand allein am Heck und starrte ins Meer. Die Bank, auf der kurz zuvor noch der Hüne und der Weißhaarige gelegen hatten, war leer.
    Er trank einen letzten Schluck, schwang den Arm, überlegte es sich dann anders und steckte die Whiskyflasche in seine Jackentasche. Dann kletterte er auf das Sonnendeck, wo Rotter die Hände unter die Schultern des Toten schob. Duvall packte an den Füßen an.
    Ferrand drosselte die Geschwindigkeit des Bootes, bis es ruhiger auf dem Wasser lag. Duvall hob den Leichnam an den Fußgelenken an. Rotter nickte mit dem Kopf in Richtung Backbord.
    Sie schwangen den Leichnam dreimal hin und her, dann ließ Duvall einfach los. Der tote Körper segelte durch die Luft, krachte auf die Reling, blieb dort einen Moment hängen und kippte dann doch in die See.
    Spurenbeseitigung.

Kapitel 6
    N ÄCHTLICHE   O STSEE
     
    Benn stand in der Kabine vor der Koje.
    Kemper zitterte zwar noch am ganzen Leib, aber längst nicht mehr so unkontrolliert wie noch vor Minuten. Francesca zwängte ihm immer wieder den Löffel mit der süßen Flüssigkeit zwischen die Lippen. Es dauerte einige Minuten, dann nippte Kemper erstmals vorsichtig an der Tasse. Und noch ein paar Minuten später richtete er sich schließlich auf. Francesca schob Kissen in seinen Rücken.
    »Das tut gut!«, krächzte Kemper, als Francesca ihm erneut Tee einflößte.
    »Sie müssen sich noch schonen«, sagte sie milde.
    »Es geht schon!«, erwiderte Kemper. Seine Stimme wurde bei jedem Wort kräftiger, nahm langsam einen tiefen, volltönenden Klang an, den Benn nicht erwartet hätte. »Es ist ein eigenartiges Gefühl, diese Mischung aus Kälte und letzter Körperwärme tief im Innersten zu spüren. Ich hatte Todesangst.«
    »Meine Frau hat recht - schonen Sie sich noch!«, sagte Benn. »Es ist vorbei. Es kann Ihnen nichts mehr passieren. Sie haben überlebt.«
    Kemper war ein zäher Bursche, dachte Benn anerkennend.

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