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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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Freitag noch jung war, war es auf der anderen Seite des Atlantiks Donnerstagabend. Vielleicht würde er seine Kinder noch sprechen können, bevor sie zu Bett gingen. Unmittelbar nach der Ankunft, als er sich das erste Mal bei seiner Frau gemeldet hatte, waren sie bei Freunden gewesen.
    Wenn er auf Reisen war, versuchte er, wenn es nur irgendwie ging, ihnen zumindest telefonisch einen Nachtgruß zu übermitteln.
    Er kramte das Handy aus der Tasche.
    »Du rufst spät an«, sagte Sarah, als er sich meldete.
    »Ich war in einer Konferenz. Es ging nicht früher.«
    »Die Kinder sind im Bett. Sie schlafen schon.«
    »Schade.« Er spürte den leisen Vorwurf seiner Frau nur zu gut. »Sag ihnen morgen früh, dass ich sie lieb habe und ihnen Geschenke mitbringe, ja?«
    »Wie ist es?«
    »Nichts Besonderes. Vorbereitungen.« Er versuchte möglichst gleichmütig zu klingen, denn ihm entging die seltsame Tonlage seiner Frau nicht.
    Sie sprachen über belanglose Dinge. Über das Wetter dort und hier in Stockholm, über seine Unterkunft, die Noten der Kinder in der Schule, was sie zu Abend gegessen hatten.
    »Ich hatte heute hohen Besuch.« Sarahs Anspannung war nun nicht mehr zu überhören. »Ein Mann war hier. Einer in Uniform. Nannte sich Brown. Er sagte, er habe mit dir an dem Projekt gearbeitet.«
    Kami-Passang war zunächst sprachlos und versuchte sich zu erinnern, was auf dem Flug über Brown gesagt worden war. Doch stattdessen fielen ihm nur die furchtbaren Niederträchtigkeiten ein, mit denen Brown seinem Land einen Vorteil hatte sichern wollen.
    Verfolgung, Entführung, das Töten von Menschen. Das alles war für Brown einfach nur zulässiges Handwerkszeug des Kriegers, um sein Ziel zu erreichen.
    Bisher hatte er die Schublade im Kopf immer schnell wieder zugestoßen, wenn der Druck seines Gewissens sie öffnete.
    »Wann war das?«, presste Kami-Passang schließlich hervor.
    »Nachdem du vom Flughafen angerufen hast.«
    »Was wollte er?«
    »Er sagte wörtlich: ›Ich bin am Aufräumen.‹ Und er wollte wissen, was du mir gesagt hast und ob du zu Hause Unterlagen aufbewahren würdest.«
    »Natürlich nicht.«
    »Das habe ich auch gesagt. Aber er schien mir nicht zu glauben. Er hat deinen Computer mitgenommen.«
    Kopfschüttelnd sah sich Kami-Passang um. Wen konnte er ansprechen, um diesem Unsinn ein Ende zu bereiten? Der ihn beobachtende Sicherheitsbeamte der Botschaft war es mit Sicherheit nicht.
    »Ich will nicht mehr. Hörst du?« Ihre Stimme wurde immer eindringlicher. »Du tust doch alles, was sie sagen. Warum sind sie dann so?«
    »Ich werde mich gleich darum kümmern.« Wenn Malves zurückkam, würde er ihn sofort zur Rede stellen. Aber jetzt musste er Sarah erst einmal beruhigen. »Das wird sich ändern, wenn ich wieder da bin. Samstag ist die Pressekonferenz, dann fliege ich zurück. Und dann gibt es auch keinen Grund mehr für Heimlichkeiten. Dann ist es bekannt. Dann wissen es alle.«
    »Mach keine Dummheiten, ja? Denk an die Kinder.«
    »Was redest du?«
    »Er sagte zum Schluss: ›Schöne Kinder haben Sie.‹«

Kapitel 64
    ALTE BUNKERANLAGE
     
    Benn rannte, wie er noch nie in seinem Leben gerannt war. Mit lautem Keuchen trieb er den Atem aus seinen Lungen, sog die Luft rasselnd wieder ein. Und dann war das Licht plötzlich doch verschwunden. Die Panik in seinem Kopf schnürte ihm die Brust zu. Weiter! Weiter! »Duvall!«, schrie er. »Duvall!« So darf es nicht enden!, trieb er sich erneut voran.
    Benn blieb stehen und übergab sich fast, so sehr japste er nach Luft. Tausend Klingen stachen in seinen Lungen. Mit glasigem Blick versuchte er den Nebel unter den Bäumen zu durchdringen. Nichts.
    Das Licht war verschwunden.
    Eine wütende Stimme schwoll plötzlich zum Orkan an. Benn begriff nur allmählich, dass er längst den nebelgetränkten Waldstreifen verlassen hatte und über freies Feld rannte, wo mit jedem Schritt der Wind auffrischte.
    Benn sah zurück. Hinter ihm erstreckte sich der dunkle Waldrand. Und dann sah er plötzlich rechts von sich wieder das Licht. Mit neuer Energie rannte er los. Der böige Wind heulte über das freie Feld, und manchmal schien es ihm, als trete er auf der Stelle.
    Minute um Minute verstrich. So sehr er sich auch anstrengte, er holte nicht auf. Plötzlich schwenkte das Licht zu ihm herum, geisterte über das Feld, schwenkte wieder nach vorn.
    »Ich bin hinter dir!«, schrie Benn in den Wind. »Und ich bleibe an dir dran, bis ich tot umfalle!«
    Tot. War Francesca

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