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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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führten hinauf zur Tür.
    Rechts von ihm flackerte die Kerze im Barackenfenster.
    Benn stapfte die Stufen hinauf. Laut. Bewusst laut.
    Mit der linken Hand fasste er den Griff der Tür.
     
    »Na endlich!« Die Stimme des Entführers klang dumpf.
    Benn duckte sich neben die Tür und versuchte, das Innere der Baracke zu erfassen. Die Kerzenflamme im Fenster rechts neben der Tür zuckte wild. Er konnte die Umrisse eines Tisches und von schief stehenden Stühlen in der Nähe der Kerze erkennen, ansonsten lag der Raum im Dunkeln.
    »Ich bin hier.«
    Gegenüber öffnete sich eine Tür. Aus dem dahinterliegenden Raum drang diffuses Licht.
    »Ich komme jetzt, Duvall!«, schrie Benn.
    »Darauf warte ich doch die ganze Zeit!«
    Benn richtete sich auf und stapfte weiter.
    Er rechnete damit, dass Duvall jeden Moment in der Tür erschien und auf ihn schoss. Benn hielt den Arm mit der Pistole weit von sich gestreckt. Sein Zeigefinger lag am Abzug, spürte den Widerstand des Druckpunktes.
    Durch die geöffnete Tür konnte er auf eine Reihe von zerbeulten und zerschrammten Stahlschränken an der Wand gegenüber blicken. Graue Stahlschränke mit Schubladen. Altes Militärmobiliar. Er zögerte.
    »Du bleibst schon wieder stehen ... Du musst schon reinkommen.« Die Stimme von Duvall wurde mit jedem Wort höhnischer. Sie triefte vor Bosheit.
    Benn trat einen Schritt nach vorn. Das Türblatt versperrte ihm die Sicht nach rechts. Im linken Teil des Raumes stand ein metallener Schreibtisch und davor zwei verschlissene Besucherstühle.
    Was werde ich sehen? Was erwartet mich?
    »Es ist schlimmer, als du dir vorstellst. Warum schreist du nicht, Francesca? Komm endlich herein, Benn!«
    Die zuckersüße Stimme Duvalls ließ Benn fast verrückt werden. In seinen Gedanken hängte er den Entführer an den Fußgelenken auf und ließ ihn ausbluten wie ein Schwein am Schlachterhaken.
    »Francesca!«
    Benn schrie den Namen seiner Frau. Lang und laut.
    »Sie ist zu schwach, um dir zu antworten.«

Kapitel 65
    MESEBERG
     
    »Wir erwarten Gäste.« Der Bundeskanzler stand auf, während Sieber aus dem Raum eilte.
    Kempers fragenden Blick beantwortete Hagen mit einem Schulterzucken. »Ich weiß davon nichts. Sonst hätte ich es Ihnen erzählt. Ich wusste auch nicht, dass der Kanzler hier ist.«
    »Haben Sie einfach nur Geduld. Es dauert nicht lange, dann werden Sie es verstehen.« Arndt Fischer sah Kemper gelassen an. »Und wenn Sie vielleicht noch die Fassung bewahren könnten, wäre ich Ihnen ganz besonders dankbar.«
    Hagen dachte noch über die letzte Bemerkung des Kanzlers nach, als zwei Männer hinter dem zurückkehrenden Kanzleramtsminister den Raum betraten. Arndt Fischer schüttelte beiden die Hand, lächelte breit.
    Hagen hätte sich beinahe vor Überraschung wieder hingesetzt. Den Mann, der zuerst vom Kanzler begrüßt wurde, kannte er von Konferenzen und Gesprächen. Es war Morton Chao, der Energieminister der Vereinigten Staaten.
    Chao ging an Hagen vorbei auf Kemper zu. Der zweite Mann, der zunächst Hagen begrüßte, war ein schlanker, sportlicher Mittfünfziger mit sanften, fast weichen Gesichtszügen. Seine angenehm klingende Stimme brach ab, denn seine Begrüßung ging in dem Geschrei unter, mit dem Rainer Kemper auf die Gäste reagierte.
    Er brüllte, er sei betrogen worden, werde verkauft und marschierte in Richtung der Tür, durch die sie den Raum betreten hatten. Kemper riss die Tür zum westlichen Empfangssalon auf. Der Kanzler rief nur: »Haltet ihn auf!«
    Die zwei Bundespolizisten vor der Tür packten den jungen Wissenschaftler an den Armen und führten ihn mit festem Griff zurück zu seinem Platz, drückten ihn auf den Stuhl.
    »Das lasse ich mir nicht gefallen!« Kemper wand sich hilflos in ihren Griffen. »Wo sind wir hier? Das ist Freiheitsberaubung!«
    »Hören Sie endlich auf, den Affen zu spielen!«, brüllte der Kanzler los. »Sie sollten die Pubertät doch schon hinter sich haben!«
    Die Wucht der Zurechtweisung ließ Kemper sichtlich überrascht verstummen. Seine Augen wieselten umher.
    »Sie können so oft den Kopf schütteln, wie Sie wollen!«, fauchte er schließlich.
    »Immer das letzte Wort, was?« Der Kanzler sah den jungen Wissenschaftler lange an. »Auf diplomatischem Parkett wären Sie eine glatte Fehlbesetzung. Ihrer Reaktion nach kennen Sie die beiden Herren?«
    »Ich kenne den Energieminister aus den Medien. Das reicht mir.«
    »Ganz schön voreilig. Hören Sie sich einfach an, was die Herren zu sagen

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