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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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mir, dachte Benn. Er weiß genau, dass ich ihn nicht zur Rede stelle, solange Francesca dabei ist.
    »Ich?« Benn sah gleichmütig auf die leuchtenden Instrumente. »Normalerweise vermiete ich Boote und Jachten und schippere Touristen über die Ostsee.«
    »Hier?«
    »Nein. Nahe Kiel.«
    »Sie kennen sich also aus auf der Ostsee - und mit Booten.«
    »So ein klein wenig«, antwortete Benn.
    »Auch mit Seekajaktouren«, ergänzte Francesca süffisant.
    Kempers Kopf ruckte kurz hoch, dann beobachtete er mit zusammengekniffenen Lippen wieder Benns Hantieren.
    »Das ist aber immer noch nicht der Kurs nach Wieck, oder?«
    Benn sah durch die Fenster nach draußen.
    »Da vorne - sehen Sie die Lichter? Das ist Rügen. Wir sind bald da.«
    »Wieck. Ich muss nach Wieck.«
    »Hat es mit Ihren Telefonaten zu tun?«, fragte Francesca fast schon höhnisch.
    Kempers Hand schwang unwirsch durch die Luft, als störe ihn eine Fliege. Francescas Frage hing in der Luft, aber Kemper antwortete nicht darauf. Dafür fragte er nach einer Weile: »Und was machen Sie?«
    »Sie fragen, wollen alles wissen, sagen aber selbst kaum etwas. Was machen Sie denn?« Francescas nun erregter Tonfall alarmierte Benn.
    Sie war ein geduldiger Mensch, aber wenn es ihr zu viel wurde, dann ging ihr italienisches Temperament mit ihr durch. Ihre dunkel vibrierende Stimme war für Benn das Zeichen, dass der Vesuv Rauchsäulen in den Himmel schickte.
    »Ich bin Wissenschaftler. Chemiker.«
    Benn hob überrascht den Kopf. Sollte Kemper es sich anders überlegt haben?
    »Ah, das kommt so spontan, das muss stimmen«, erwiderte Francesca giftig.
    »Sie mögen mich nicht, was?«, fragte Kemper plötzlich laut und mit arrogantem Tonfall.
    »Mögen?« Francesca sog hörbar die Luft ein, lachte dann zornig auf. »Wir retten Ihnen den Hintern, und Sie benehmen sich wie ein Holzklotz.«
    Benn legte seiner Frau beruhigend den Arm auf die Schulter, aber Francesca achtete nicht darauf.
    »Wir sind auf unserer Hochzeitsreise - wenn man so will. Wir haben uns ein paar Tage abgeknapst, wollen unsere Zweisamkeit genießen. Und dann platzen Sie dazwischen! Wir haben Sie aus dem Wasser gezogen! Aber Ihnen ist bis jetzt noch nicht ein einziges Mal das Wort ›danke‹ über die Lippen gekommen! Und dann eben Ihre wegwerfende Handbewegung!« Francesca steigerte bei jedem Wort ihre Stimme und schrie die letzten Worte.
    »Schreien Sie mich nicht an!«, fauchte Kemper zurück. »Ich habe mir die heutige Nacht auch ganz anders vorgestellt!«
    Kempers Körper verkrampfte sich. Stocksteif stand er da. Sein starrer Blick war fest auf Francesca geheftet.
    »Sie haben keine Ahnung.« Durch Kempers steifen Körper lief ein Schütteln, dann stampfte er mit dem rechten Fuß immer wieder wütend auf den Boden, krampfte die Hände zu Fäusten.
    Benn sah die vibrierenden Wangenmuskeln in Kempers Gesicht. Ihn überkam die Sorge, dass der Mann durchdrehen würde. Er ließ das Steuer los und packte Kemper bei den Schultern.
    »Es reicht, ja?«
    »Lassen Sie mich los!«, schrie Kemper und wand sich in Benns unnachgiebigem Griff. »Lassen Sie mich los!«
    Kemper zog die Arme nach oben und drückte seine Hände mit aller Kraft gegen Benns Schultern.
    »Lassen Sie mich los!«, schrie er dabei erneut.
    »Beruhigen Sie sich.«
    Benn sah auf Kemper herab, dessen Augen sich weiteten. Dann stieß Kemper sein Knie nach oben.
    Benn drehte sich in der Hüfte, und der Kniestoß traf seinen Oberschenkel. Er löste die rechte Hand von der Schulter Kempers, dann stieß er ihm den Handballen gegen die Stirn.
    Kemper stolperte mit einem wütenden Aufschrei nach hinten, trat an der Stufe zum Salon plötzlich ins Leere und stürzte rücklings zu Boden.
    Benn wartete, bis Kemper sich aufgerappelt hatte und sich auf dem Salontisch abstützte. Dann sagte er:
    »Merken Sie sich zwei Dinge, ja? Erstens: Ich bin ganz gut ausgebildet in Karate. Daran sollten Sie immer denken. Und zweitens: Ich lasse nicht zu, dass Sie meiner Frau oder mir dämlich kommen!«
    ****
    Das Wummern rollte durch ihren Kopf wie der dumpfe Nachhall der Bässe Stunden nach einem Discobesuch. Ela Stein wälzte sich unruhig im Bett und strampelte mit den Beinen die Bettdecke weg.
    »Aufhören!«, schrie sie.
    Wenn sie im Schlaf gestört wurde, war sie nicht zu genießen. Und gerade diesen Schlaf hatte sie verdammt nötig. Sie war um kurz vor zehn ins Bett gegangen, nachdem sie vorher achtundvierzig Stunden unentwegt auf den Beinen gewesen war. Zuletzt

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