Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
Vom Netzwerk:
habe heute Nacht einen Anruf erhalten ... von einem einflussreichen Mann, mit dem es sich keiner der Bosse verscherzen will. Fahren Sie wieder hoch. Ohne Kaffee. An der Ostsee ist der Teufel los.«
    ****
    Kemper hockte mit gesenktem Kopf auf der Bank im Salon. Benn stand am Ruder und beobachtete ihn aus den Augenwinkeln.
    »Haben Sie sich verletzt?«
    Kemper schüttelte den Kopf.
    Benn wandte sich an seine Frau, die die ganze Zeit neben ihm ausharrte.
    »Francesca, kannst du mal in die Kabine gehen und nachsehen, ob du noch einen Pullover für mich findest? Ich friere plötzlich so.«
    Es war an der Zeit, Klartext zu reden. Benn wollte Kempers eigenwilliges Verhalten verstehen. Der Mann sollte endlich sagen, was er mit seiner seltsamen Bemerkung zu Anfang gemeint hatte.
    »Willst du ein Männergespräch führen?« Francesca rührte sich nicht von der Stelle. »Ich will auch wissen, was er zu sagen hat. Es geht mich genauso an wie dich!«
    »Francesca, bitte!« Er sah sie eindringlich an.
    »Nein!«
    »Nun gut«, seufzte Benn, denn er kannte diesen Tonfall von ihr, nichts würde sie umstimmen. Er blickte zu Kemper. »Schluss mit dem Theater! Sagen Sie endlich, was Sie mit Ihrer Bemerkung meinten - dass wir alle umgebracht werden. Sie erinnern sich?«
    »Ich erinnere mich nicht.«
    »Sie sind sehr vergesslich.«
    »Benn, wovon redest du?«, fragte Francesca alarmiert.
    »Schatz, er hat ...«
    »Bringen Sie mich nach Wieck.« Kemper hob plötzlich den Kopf und starrte Benn wütend an.
    »Das ist mir alles zu dämlich!«, polterte Benn. »Ich nehme jetzt den kürzesten Weg in den nächsten Hafen, liefere Sie ab und melde alles. Danach können Sie zusehen, wie Sie nach Wieck kommen. Ich jedenfalls nehme danach Kurs auf Bornholm.«
    »In Wieck wartet die Polizei auf mich!«
    »Polizei? Das ist eine vernünftige Nachricht.« Benn nickte sinnierend. Wenn es so war, dann war Kemper vielleicht doch noch zur Vernunft gekommen. »Waren das Ihre Telefonate? Haben Sie mit der Polizei telefoniert?«
    »So ungefähr.«
    »Sie weichen schon wieder aus!« Benn lachte bitter auf. »Ich gebe Ihnen alle Chancen, Klartext zu reden, aber Sie verarschen mich weiterhin. ›So ungefähr‹ ... Was soll das denn heißen? Da vorne liegt Rügen. Da werde ich Sie abliefern!«
    »Benn! Wovon redet ihr? Warum sollen wir alle umgebracht werden? Du machst mir Angst. Was meint er damit?«
    Benn ließ Kemper nicht aus den Augen.
    »Ich habe keine Ahnung. Deshalb will ich es ja von ihm wissen.«
    »Warum hast du mir das nicht gesagt?«
    Ihre schlagartig angsterfüllte Stimme verstärkte Benns Wut auf Kemper noch. »Sagen Sie endlich, was Sie damit meinen!«, schrie er Kemper an.
    Das stumme Ringen ihrer Blicke zog sich über eine endlos scheinende Sekunde, dann nickte Kemper.
    »Mein Leben ist in Gefahr. Die Polizei wird mich schützen.«
    In Kempers Worten schwang ein panischer Ton mit, der auf Benn ehrlich wirkte. Das war nicht gespielt.
    »Benn, fahr nach Wieck!«, sagte Francesca entschieden und folgte Kemper, der über plötzliche Übelkeit klagte und sich kurz hinlegen wollte.
    Benn drehte wortlos am Steuerrad, legte den neuen Kurs an.
    »Und warum ist Ihr Leben in Gefahr?«, hörte Benn seine Frau fragen.
    »Manchmal ist es besser, nicht alles zu wissen.«

Kapitel 9
    FISCHERDORF WIECK
     
    Benn kannte die Seesperre bisher nur von Bildern. Ein düsteres, fast zehn Meter hohes Sperrwerk mit angrenzenden Deichen trennte die Ostsee vom Flusslauf des Ryck, der bei Wieck in die Ostsee mündet und in dessen letztem Kilometer sich der Wiecker Hafen befindet.
    Das Sperrwerk lag am Ende des gut einen viertel Kilometer in die See hineinreichenden Deiches. Die Mächtigkeit beeindruckte Benn. Seinen Zweck, Wieck vor Sturmfluten zu schützen, von denen eine vor Jahrhunderten den Ort fast zerstört hatte, würde es sicherlich erfüllen.
    Benn hatte zwei Deckscheinwerfer eingeschaltet, denn die Einfahrt lag vollkommen im Dunkeln. Er drosselte die Fahrt noch mehr, und das Boot glitt langsam durch die gut zwanzig Meter breite Einfahrt in den Flusslauf. Er kam sich vor, als wäre er in eine düstere Filmkulisse von Star Wars geraten, so massiv ragte die Konstruktion in die Höhe.
    Nach knapp dreihundert Metern ging der Deich in die lang gezogene Mole über.
    »Nirgends ein Licht«, murmelte Benn.
    »In ganz Europa ist der Strom ausgefallen!«
    Benn drehte sich überrascht zu Kemper um. »Sie sind ein Meister in Horrornachrichten, was? Woher wissen Sie das denn?

Weitere Kostenlose Bücher