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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Lieder über sie, die besagten, dass man sie vermehren konnte wie Nutztiere, so man sich auf diese Kunst verstand. Sie paarten sich nicht, man teilte sie. So wurden sie der Anzahl nach mehr und zugleich auch jeder Einzelne weniger. Nur was sie genau waren, wusste Enygme nicht. Sie würde die Schanchoyi fragen müssen. Aber sie meinte sich an Legenden zu erinnern, die besagten, dass Schrate immer einen Meister hatten.
    Das war jedoch übles Wissen, dunkle Magie. Die Tyrrfholyn hatten sich nicht damit beschäftigt. Mehr und mehr wurde Enygme klar, dass es ein Fehler war, nur die helle Seite der Dinge zu sehen und sich der dunklen Seite der Möglichkeiten zu verschließen. In einer perfekten Welt hätte das ausgereicht. In einer Welt, in der Krieg drohte, war es nicht genug.
    » Enygme! Halt! « , schrie Astur. Als tauchte sie aus dem Nebel ihrer eigenen Gedanken auf, versuchte Enygme die Realität um sie herum blitzschnell wahrzunehmen.
    Vor ihr plätscherte ein Fluss. Den hätte sie gedankenlos durchmessen, weil sie es so gewohnt war und weil ihr Sinn so weit fort gewesen war, bei Dunkelheit und Schraten und all den ungelösten Rätseln.
    Mit aller Kraft stemmte sie die Vorderhufe gegen den Boden, kam zum Stehen und starrte das Wasser an, dem sie bereits allzu nahe gekommen war. Harmlos floss es dahin und teilte das Land.
    Die Herde hatte sie nun eingeholt und stand dicht nebeneinander am Ufer.
    » Da müssen wir durch « , sagte Enygme. » Wir können den Fluss nicht umgehen. «
    Sie spürte den Argwohn der Herde. Hier mochte mehr lauern als nur kühles Nass. Einige der Gruppe waren schon beim letzten Kampf mit dabei gewesen, um Kanura, Esteron und Perjanu zu retten. Sie trugen in sich die Zuversicht, dass man siegen konnte, ebenso wie das Wissen, dass man genauso schnell dabei sterben konnte. Manche waren verletzt und eben erst wieder geheilt worden. So sie Angst hatten, sagten sie es nicht.
    » Es gibt in der Nähe keine Brücke über diesen Fluss. Und er ist zu breit, als dass wir einfach darüberspringen können. Wir gehen in zwei Gruppen « , befahl Enygme. » Eine Gruppe wacht jeweils am Ufer, um eingreifen zu können. «
    » Weiter gen Westen gibt es eine Furt « , sagte Laerdyn. » Hier ist das Wasser zu tief. «
    Enygme nickte.
    » Ich weiß. Doch die Furt ist zu weit weg. Es würde uns fast eine Tagesreise kosten. Und es ist nicht gesagt, dass das Wasser an der Furt weniger gefährlich ist. Die Uruschge tragen die Tiefe in sich. Sie können auch in flachen Gewässern lauern. «
    Unschlussig standen die Tyrrfholyn standen am Ufer des Flusses. Niemand sagte etwas. Nach und nach schien auch das Singen der Vögel aufzuhören. Eine beklemmende Stille legte sich über das Land.
    » Ich glaube, sie sind nicht weit « , sagte Astur und schüttelte nervös seine schwarze Mähne.
    Enygme atmete tief durch.
    » Ich denke, du hast recht. Doch sollen wir in unserem eigenen Reich nie mehr einen Fluss durchqueren, nur weil die Furcht uns plagt? Haben wir dann nicht schon verloren? «
    » Eine Entscheidung zum Kampf ist immer auch eine Entscheidung zu einer möglichen Niederlage « , gab Laerdyn zu bedenken.
    » Doch wer nicht kämpft, hat schon verloren » , gab Enymge zurück. » Ich gehe mit der ersten Gruppe. Wir bewachen das Wasser von der anderen Seite, wenn die zweite Gruppe den Fluss durchquert. «
    Sie nickte einigen Mitgliedern ihrer Truppe zu.
    » Jetzt! « , sagte sie. Sie setzte ihren Huf als Erste ins Wasser. Seine Kälte ließ sie erschauern, trotz der Wärme des Sommertages. Sie merkte, wie sich ihre Mähne und ihr Schweif aufstellten, als wollten sie ihr etwas vermitteln. Doch sie hatte längst verstanden.
    Der Geruch des nahenden Unheils lag in der Luft. Enygme hatte gewusst, dass es nicht ohne Kampf abgehen würde. Sie blickte noch einmal in die Runde, vergegenwärtigte sich die Freunde und Verwandten ihrer Truppe. Es mochte sein, dass sie den einen oder anderen jetzt zum letzten Mal gesund oder lebend sah.
    Vielleicht würde niemand von ihnen überleben.
    Wie viele Uruschge mochte es in Talunys geben? Und wie viele würden jetzt gleich aus den Fluten tauchen?

Kapitel 55
    Una fiel. Sie versuchte, sich an den Wänden des Schachtes festzuhalten. Ihre Hände schrappten über schartige Mauer, schrammten auf. Sie schrie. Schon schlug sie auf. Der Aufprall ließ sie benommen liegen, und erst nach einigen Momenten begriff sie, dass sie noch lebte.
    » Kanura! « , brüllte sie. Warum half er ihr nicht?
    Sie

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