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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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ausrichten könnten. Wenn die Erdwörge nicht gefunden werden wollen, wird unsere Suche erfolglos bleiben, einerlei, wie sehr wir uns bemühen. «
    » Dem kann ich nur zustimmen « , meldete sich ein anderer von Enygmes Truppe zu Wort. » Bei allem Respekt, Hrya. Ich weiß nicht, wie sinnreich unser Handeln ist … Hier scheinen wir jedenfalls nicht fündig zu werden. «
    Enygme nickte. » Ihr mögt recht haben « , sagte sie. » Vielleicht sollten wir uns wieder auf den Weg zu den Trutzbergen machen, um dort Antworten zu finden. «
    Sie standen im Kreis beieinander und berieten sich. Ihre Hörner deuteten zur Mitte, als definierten sie ein Zentrum von Einmütigkeit. Doch Enygme konnte diese Einmütigkeit nicht spüren. Zweifel und Unschlüssigkeit durchdrangen das Emotionsgespinst, das sie als Gruppe gemeinsam projizierten. Das durfte nicht sein. Es war ihre Aufgabe als Herrscherin, dies zu ändern.
    Die Unsicherheit, die sie bei den anderen wahrnahm, war letztlich ihre eigene. Sie wünschte, Esteron wäre hier. Sie waren nicht immer einer Meinung, doch selbst ihre unterschiedlichen Denkweisen trugen zu einem Ganzen bei, einem Ergebnis, das bislang immer zuverlässig gewesen war. Nun fühlte sie sich allein, inmitten der Herde, die sie doch unterstützte. Nein, das durfte nicht sein.
    Astur trat an sie heran und rieb seine Wange an ihrer.
    » Du bist traurig, Enygme. Ich sage dir nicht, sei nicht traurig, denn es wäre schrecklich, so etwas zu verlangen. Doch deine Traurigkeit darf uns nicht leiten. Es muss deine Zuversicht sein. «
    Asturs Kritik war berechtigt. Zu gerne hätte sie ihn gefragt, was er denn nun vorschlagen würde, aber sie unterließ es.
    » Wir laufen zu den Bergen! « , verkündete sie stattdessen. » Wir machen uns sofort auf den Weg. Wenn wir dort sind, werden wir erneut eine Hörung vornehmen. «
    Unruhe ging durch die Herde. Eine Hörung direkt an den Bergen würde die gesamte Macht, die in den Felsen wohnte, zum Schwingen bringen. Das würde die Berge nicht beeinflussen, doch für die Tyrrfholyn würde es mit ziemlicher Sicherheit alles andere als angenehm werden.
    » Ich werde die Hörung leiten « , fuhr Enygme fort. » Ich zwinge niemanden mitzumachen. Es wird sogar besser sein, wenn wieder einige Freiwillige außerhalb des Kreises wachen. Ich weiß, dass ich viel von euch verlange. Wir haben uns zu lange zu wenig mit den Bergen befasst. Sie sind der Inbegriff unserer schlimmsten Ahnungen und das Resultat von Krieg, Tod und einem Denken, das uns Einhörnern zuwider sein muss, damals wie heute. Doch die Berge stehen auch für Rettung und Frieden und Freiheit. Wir haben im großen Krieg nicht gesiegt. Vielleicht hätten wir das auch nicht. Es ist müßig, darüber nachzudenken, ob jener mehr Motivation und Kriegsglück hat, der seine Freiheit verteidigt, oder jener, dem jeder Skrupel fehlt. Wir haben unser Glück zu wenig hinterfragt. Das ist das Einzige dessen ich mir sicher bin. «
    Sie drehte sich um und lief los. Die Einhörner folgten ihr. Nach Norden. Ein übles Gefühl machte sich in Enygme breit. Es wuchs mit jedem Schritt, der sie näher zu den Trutzbergen brachte.
    » Falls ich unterwegs Erdwörge sehe, gebe ich Bescheid « , sagte Laerdyn höflich. Es klang nach nutzlosem Zugeständnis.
    Sie nickte nur.
    Langsam stieg das Land an. Sie würden die Berge an diesem Tag nicht mehr erreichen, sie waren zu weit entfernt. Es würde also auch heute keine Antworten geben. Enygme eilte voran, war sich kaum bewusst, wie schnell sie war. Die Sonne schien von einem strahlend blauen Himmel. Der Sommer zeigte sich von seiner besten Seite.
    Ein sanfter Wind ließ Enygmes Mähne wehen. Es wäre ein schönes Gefühl gewesen, hätte sie sich nur auf die Schönheit des Augenblicks konzentrieren können.
    Sie wurden gesehen – dieser Satz wiederholte sich immer wieder in Enygmes Kopf und bot stets neue Interpretationsmöglichkeiten. Waren die Feinde gemeint? Und so es die Feinde waren, um welche Feinde ging es? Müsste sie, Enygme, das nicht wissen? Oder wenigstens spüren können? Was war ihre vielgerühmte Wahrnehmung wert, wenn sie jetzt keine Antwort finden konnte?
    Wieder zog sie die Erinnerung zu dem, was sie in der Hörung wahrgenommen hatten, so unklar das auch gewesen war. Die Dunkelheit war in einer Weise physisch existent gewesen, als könnte man sie greifen wie ein Konzentrat aus Bösartigkeit und Hass. Und die Schrate …
    Es waren so seltsame Kreaturen. Unnatürlich. Und doch gab es

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