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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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ängstlich von der Tür zurückgewichen, kam dem Fenster nah.
    » Lass dich nicht sehen « , ermahnte er sie leise. » Wer weiß, wer vom Hof aus hochschaut. «
    Er deutete auf die gegenüberliegenden Flügeltüren.
    » Da durch « , flüsterte er und eilte los. Die Schläge an der Tür zum Korridor ließen das Holz erzittern, doch die Magie, die das Holz durchdrang und die Tür verschloss, hielt den wütenden Angriffen der Kentauren stand. Wenn sie Glück hatten, konnten die Kentauren sie nicht öffnen. Doch so richtig viel Glück hatte er in den letzten Tagen wirklich nicht gehabt.
    Una folgte ihm nicht, sondern wandte sich einem Relief in der Wandtäfelung zu.
    » Nein, hier! « , flüsterte sie aufgeregt und drückte an der Holzverzierung herum. Zu Kanuras Erstaunen schwang ein Teil des Reliefs zur Seite und gab den Blick auf einen jener schmalen Gänge frei, durch die nur Menschen passten. Bevor er noch etwas dazu sagen konnte, war Una schon darin verschwunden.
    Vielleicht hatte sie ja recht. Die Kentauren konnten ihnen in diesen Gang nicht folgen. Er hastete zu der Öffnung in der Wand, in der Una verschwunden war, ließ sich auf die Knie fallen und zwängte sich hindurch. Selbst in Menschengestalt war dieser Gang eine Herausforderung für einen Mann seiner Größe.
    » Mach hinter dir zu! Schnell! « , flüsterte Una atemlos aus der Dunkelheit.
    Wie stellte sie sich das vor? Er konnte sich nicht einmal umdrehen. Doch dann sah er einen verstaubten Hebel an der Seite und zog daran. Es wurde stockfinster.
    » Scheiße! « , sagte sie.
    » Leise! « , flüsterte Kanura. » Woher hast du das mit dem Panel gewusst? «
    » Ich habe auf dem Weg nach unten einen dieser Kriechgänge offen gesehen. Es war das gleiche Relief drauf. «
    » Menschengänge. «
    » Sklavengänge! « , verbesserte sie bitter. » Ich kann überhaupt nichts sehen. «
    » Menschengänge! « , wiederholte er fest. » Und jetzt sei still. Ich kann sonst nichts hören. «
    » Ich … «
    » Sch! «
    Durch die geschlossene Wand hörte man alles nur sehr gedämpft. Doch das Wummern an der Tür hatte aufgehört. Hatten die Kentauren es aufgegeben? Waren sie vielleicht weiter den Gang hinuntergezogen, um dort nach ihnen zu suchen? Oder warteten sie einfach jenseits der Tür, bis Una und er sich sicher genug fühlten, um wieder herauszukommen, damit sie sie dann gefangen nehmen konnten?
    Jedenfalls steckten sie fest, sofern sie nicht im Stockfinsteren weiterkriechen wollten.
    » Wo ist eigentlich deine Taschenlampe? « , fragte er leise.
    » In den Satteltaschen. Und die sind weg. Ich habe nur noch den Rucksack. Und da ist alles wieder nass. Ich … «
    » Sch! «
    Er war sich nicht sicher, aber er meinte, gehört zu haben, wie sich die Tür in den Raum öffnete. Ganz leise. Ohne dass Holz barst oder Lärm von Tritten zu hören war. Jemand hatte die Tür anders aufbekommen.
    Vermutlich mit einem Horn.
    » Hier sind sie nicht! « , sagte eine Stimme. » Habt ihr denn gesehen, wie sie hier hereingegangen sind? «
    » Nein. Wir haben nur etwas gehört. «
    Huftritte klackten über den Mosaikboden. Das konnten Kentauren sein oder die Mardoryx. Vielleicht beides. Es war durchaus anzunehmen, dass sie zusammenarbeiteten. Warum sonst hätten die Kentauren ihn und Una ausgerechnet nach Sto-Nuyamen bringen sollen?
    Dennoch passte irgendetwas immer noch nicht zusammen. Warum wirkte die Burg so verlassen?
    Zugegeben, es war eine riesige Anlage. Vielleicht waren nicht alle Bereiche gleichermaßen bewohnt. Vielleicht grasten die Mardoryx lieber im Freien, als in einem Kasten zu wohnen, der zwar auf ihre Größenverhältnisse ausgerichtet war, aber dennoch das Wissen menschlicher Baumeisterkunst bemühte. Traumwerk von Menschen, denen sie sich überlegen fühlten.
    Einhörner hatten Gebäude lange für überflüssig gehalten. Es waren die Fähigkeiten der Traumwerker gewesen, die Architektur letztlich beliebt gemacht hatte. Natürlich konnten auch Einhörner Bauten errichten. Inzwischen verfügten sie über das Wissen, die ästhetische Begabung hatte ihnen ohnehin nie gefehlt, und stärker als Menschen waren sie auch.
    Aber vielleicht hätten sie es nie getan ohne jenen Ansporn aus einer anderen Welt? Vielleicht mochten die Mardoryx diese Zeugnisse menschlicher Kunst nicht mehr bei sich gelten lassen. Ihr Anspruch, etwas Besseres, Höherstehendes zu sein, mochte genau dazu geführt haben, dass sie jetzt ihre eigene Burg nicht mehr bewohnten.
    Doch das war nur eine von

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