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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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ging verloren. «
    » Ihr habt hier nichts und niemanden zu suchen. «
    » Wir gehen, wenn unsere Aufgabe erfüllt ist. Das musst du zulassen. «
    Die Frau setzte sich wieder auf die Bank und wühlte in einer Stofftasche, die ihr am Gürtel hing. Sie förderte eine kleine, weiße Tonpfeife zutage und einen Beutel, aus dem sie Tabak nahm. Dann begann sie, mit akribischem Nachdruck die Pfeife zu stopfen. Irene stellte fest, dass sie nicht die Nerven hatte, dem ungebetenen Gast das Rauchen zu verbieten oder auch nur darauf hinzuweisen, dass Rauchen tödlich sein konnte.
    » Du weißt, wer ich bin, Einhorn. Dann weißt du auch, dass du mir hier nichts zu sagen hast. «
    » Ich bin der Fürst der Tyrrfholyn. Deine Herrschaft erstreckt sich nicht über mich. «
    Sie blickte ihn aus schmalen Augen an. » Vier Hufe, Mähne, Schweif und Nüstern. Darüber erstreckt sich meine Herrschaft. Und über mehr. «
    » Bist du dann auch Herrin der Uruschge? « , fragte Perjanu scharf.
    Sie inhalierte genüsslich den Pfeifenrauch. Es roch nach mehr als nur Tabak, doch Irene interessierte sich nicht dafür, womit die Frau auf ihrer Bank sich die Gesundheit ruinierte. Wer zum Teufel war das?
    Der Blick aus den hellgrünen Augen flog zu Irene.
    » Weißt du, mit wem du dich eingelassen hast? « , fragte die Frau. » Weißt du, wer sie sind, die gutgebauten Gentlemen, denen du Tür, Tor und Beine geöffnet hast? «
    Irene lief dunkelrot an. Woher wusste die Frau das? Und wie kam sie dazu, so mit ihr zu reden? Plötzlicher Zorn schlug das aufkeimende Gefühl von Scham nieder. Sie konnte schlafen, mit wem sie wollte. Das ging niemanden etwas an. Sie hatte mit einem tollen Mann eine tolle Nacht verbracht, jede Minute davon genossen, und wer neidisch war, hatte eben Pech.
    Die Frau betrachtete sie und fuhr fort.
    » Du als christliche Frau – Sodomie nennt ihr das doch, oder? Das « , sie deutete mit ausladender Bewegung auf die beiden Einhörner, » sind keine Menschen. «
    » Ich weiß « , gab Irene zurück. » Und lass mich mit deinem Christentum in Frieden. Meine Religion – was immer die sein mag – hat absolut nichts mit meinem Sexualleben zu tun. Und mein Sexualleben hat absolut nichts mit dir zu tun. «
    Im Gesicht der Frau zuckte es.
    » Meinem Christentum? « , fragte sie. » Meinem Christentum? « Dann fing sie schallend an zu lachen.
    Irene war verwirrt. Soweit sie wusste, waren Traveller sehr gläubige Katholiken. Aber was wusste sie schon, vielleicht handelte es sich dabei auch nur um eines der vielen Vorurteile, die über sie kursierten. Alle Traveller hatten vermutlich nur gemeinsam, dass sie genauso unterschiedlich waren wie alle anderen Menschen auch.
    Die Frau wandte sich Esteron zu. » Sie weiß es also. Und es macht ihr keine Angst. «
    Esteron lächelte. » Irene ist mutig « , sagte er. » Sie weiß ihre Ängste zu bekämpfen und ihren Geist dem Neuen zu öffnen. Auch bin ich keine Gefahr für sie. « Er trat einen Schritt vor, und der Mann in den lila Hosen stellte sich sofort schützend vor die Frau wie ein Bodyguard. Er hielt eine Hand in der Jackentasche, und Irene fragte sich, was er darin versteckte. Vermutlich eine Waffe.
    » Für dich bin ich auch keine Gefahr « , fuhr er fort. » Also lass uns einfach in Ruhe. Bald sind wir wieder weg. «
    » Bald seid ihr nur noch Menschen. Das … Klima in dieser Welt bekommt euch nicht. «
    Perjanu nickte. » Stimmt, das Klima bekommt uns nicht. Aber auch wir wissen unsere Ängste zu bekämpfen, Macha. Wir haben eine Aufgabe. «
    Macha. Irene traute ihren Ohren kaum. Das war Blödsinn. Völlig unmöglich. Undenkbar, dass eine mythische Pferdegöttin aus einem archaischen Sagenzyklus bei ihr auf der Bank saß und ein Pfeifchen Pot rauchte. Müsste Irene bei ihrem Anspruch, so etwas Ähnliches wie eine moderne Druidin zu sein, diese schlecht gekleidete Raucherin etwa als Gottheit anerkennen? Gewiss nicht. Der Sage nach gehörte sie zu den Túatha Dé Danann, jenen Überwesen, die Irland in mythischer Vorzeit besiedelt hatten.
    Die Frau kam ihr nicht besonders heilig oder mythisch vor. Schon gar nicht göttlich. Sie wirkte sehr real. Irene betrachtete sie nun noch eingehender. Ein wenig wuchtig war die Frau, doch keinesfalls fett. Sie war nicht mehr jung, aber auch nicht alt.
    Zeitlos, dachte Irene. Sie könnte jedes Alter haben. Und sie könnte ihr eine runterhauen, und Irene würde drei Grafschaften weit fliegen. Daran zweifelte sie nicht.
    Pferdegöttin Macha. Die Frau

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