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Die Quellen Des Bösen

Die Quellen Des Bösen

Titel: Die Quellen Des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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legte sich in Falten, der Mund bekam einen verächtlichen Zug. Fauchend vergingen Umschlag und Schriftstück zu Asche, der wächserne Verschluss schmolz und troff zu Boden.
    »Soll ich ihr das als Antwort senden?«, bemerkte der Konsultant trocken.
    »Ja«, stimmte der Herrscher dem Vorschlag zu. »Und kürzt ihre Zuweisungen auf das alte Maß zurück. Schreibt, wir hätten eine Schlacht verloren und müssten sparen.« Lachend verließ er den Raum.
    »Wenn ich nicht wüsste, dass du immer noch über uns schwebst, Gebrannter«, murmelte ihm Nesreca in einer Mischung aus Ehrfurcht und Verzweiflung hinterher, »würde ich sagen, du bist in diesem Jungen wiedergeboren.«
    Er setzte sich an den Schreibtisch und begann, den Anweisungen des Kabcar gemäß zu handeln.
    Kontinent Ulldart, Großreich Tarpol,
Provinz Granburg, Hauptstadt Granburg,
Spätsommer 459 n. S.
    M ir verdankt dieser undankbare Kerl, dass er überhaupt existiert, und er wagt es, mir diese unwürdige Behandlung angedeihen zu lassen?
    Aljascha Radka Bardri¢ wurde ein weiteres Mal vom Inhalt eines Briefes enttäuscht. Wie sehr hatte sie sich beim Anblick des Wappens gefreut, und wie groß war die Verdrossenheit, als sie die mehr als bitteren Zeilen las.
    Ihr Sohn hatte es nicht einmal für nötig befunden, selbst zu schreiben, sondern Nesreca, dem sie einst verfallen war, das Aufsetzen des Schriftstücks überlassen, das erkannte sie an der Handschrift.
    Auch der silberhaarige Mann, in dem ein gefährliches, dämonisches Wesen lebte, welches die äußere Hülle als Maskerade nutzte, hatte sie wie einen verfaulten Apfel fallen lassen. All die Schwüre, die Liebesnächte, die nach ihrem Empfinden Jahre zurück lagen, galten nichts, schienen bedeutungslos geworden, nachdem es ihm gelungen war, sich im Zentrum der Macht zu halten.
    Im Gegensatz zu ihr.
    Sie ärgerte sich gelegentlich über ihre Unbeherrschtheit, die in dem misslungenen Giftanschlag gemündet hatte. Andererseits wäre der Lohn immens gewesen. Nun aber herrschten ihre Kinder über das Reich, und obwohl sie ihnen unter Schmerzen das Leben geschenkt hatte, scherten sie sich einen Dreck um sie.
    Krutor nahm sie es nicht übel, er hatte sich von Geburt an mehr an ihrem toten Gemahl orientiert. Govan war von Kindesbeinen an Mortva gefolgt, aber gerade von Zvatochna erwartete sie mehr.
    Sie war das hübscheste, das intelligenteste Kind unter den drei Geschwistern, und ihr gebührte die Regentschaft ­ die sie, im Gegensatz zu Govan, mit ihrer Mutter geteilt hätte. Der unverschämte Brief ihres anscheinend machtverrückten Sohnes bestätigte ihr dieses Bild. Und so entstand die Absicht, ihre Tochter auf den Thron von Tarpol zu hieven und sich dabei selbst im Hintergrund zu installieren, wie von selbst in ihrem Kopf.
    Meine ganzen früheren Kontakte und Freunde sitzen im wieder einberufenen Brojakenrat, überlegte die attraktive, rothaarige Frau. Ich müsste herausfinden, wie sie zu dieser Sache stehen, und könnte dann damit beginnen, alte Stricke und Netze neu zu knüpfen. Zärtlich strich sie über den Bauch, in dem neues Leben entstand. Lange würde es nicht mehr auf sich warten lassen. Ich werde dafür sorgen, dass du deine Mutter einmal nicht vergisst, wenn du auf dem Thron sitzt. Denn nichts Geringeres steht dir als Spross des Kabcar zu. Und ich werde dein Recht einfordern, darauf kannst du dich verlassen. Da kann dein Vater verfügt haben, was er will.
    Mühsam stemmte sie sich aus dem Sessel hoch und bewegte sich in Richtung des Kinderzimmers, das sie derzeit einrichten ließ. Ihre neue Magd beschäftigte sich gerade damit, ein weiteres Spielzeug, das die Tischler angefertigt hatten, sorgsam mit einem Tuch gegen eventuellen Staub abzudecken.
    Sofort verneigte sie sich und vermied es, einen Blick auf das Gesicht ihrer Herrin zu werfen. Es war allgemein bekannt, dass die ehemalige Kabcara kein Pardon gewährte, sollte sie den Eindruck haben, jemand starrte zu offensichtlich auf die feine Narbe in ihrem ansonsten makellosen Antlitz.
    »Sehr schön, Berika«, lobte Aljascha den Fleiß des Dienstmädchens. »Du machst deine Arbeit sehr gut. Wenn du fertig bist, möchte ich, dass du mir eine Kutsche besorgst.«
    »Danke, Herrin, aber …« Berika stockte. »Ihr steht doch unter Hausarrest? Die Wachen werden uns nicht hinauslassen.«
    »Habe ich dich und deine Zuverlässigkeit eben zu früh gepriesen?«, herrschte Aljascha die einfache Frau an. »Ich muss wichtige Dinge klären. Und das kann ich

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