Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Quellen Des Bösen

Die Quellen Des Bösen

Titel: Die Quellen Des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
auf, suchte sich einen kleinen Handspiegel und stellte ihn vor sich auf die Holzplatte, um ihre wieder gewonnene Makellosigkeit bewundern zu können.
    Ich liebe dich über alles, mein Kind, dachte sie. Jebalar würde Ulsar nicht mehr zu sehen bekommen. Dafür war sie sich jetzt absolut sicher, eines Tages wieder im Palast zu sitzen. Vielleicht würde sie die Unterstützung ihrer anderen undankbaren Kinder nicht mehr benötigen, wenn sie einen magisch derart befähigten Nachwuchs austrug.
    Warten wir ab, was aus dir wird. Sie streichelte den gewölbten Leib und machte sich ans Schreiben.

Kapitel VII

    Kontinent Ulldart, Großreich Tarpol, Provinz Sora,
Provinzhauptstadt Sora, Spätsommer 459 n. S.
    W enn man auf etwas in den Straßen nicht achtete, dann waren das Bettler.
    Und genau aus diesem Grund war Lodrik in eine solche Verkleidung geschlüpft, um sich unbemerkt, aber stetig von Ulsar wegzubewegen. In dieser Umgebung kannten ihn zu viele Menschen; die Tarpoler würden ihn in einem Triumphzug zum Palast tragen, wo Govan ihm dieses Mal endgültig den Garaus machen würde. Dieses Wagnis wollte und würde er nicht eingehen.
    Im Totendorf hatte er ein paar Sachen gefunden, die er zu einem späteren Zeitpunkt tragen würde; im Moment bevorzugte er das zerschlissene Gewand und das ungepflegte Äußere eines Vagabunden. Das Schwert und die anderen Kleider schleppte er in einem Sack mit sich und tingelte entlang des Repol bis nach Sora. Gelegentlich nahmen ihn Flussschiffer mit, und auf diese Weise sparte er Zeit und Kraft.
    Auf seinem Weg durch sein Reich hörte er Neues, was ihn erschreckte. Sein Nachfolger trat alles, was er geschaffen hatte, mit Füßen und richtete ein Tarpol ein, wie es noch vor seinem eigenen Vater gewesen war. Die Brojaken gingen mit einer Bemühung bei der Steuereintreibung vor, dass es mehr und mehr Pächter wieder zurück in die Leibeigenschaft trieb, weil sie die Abgaben nicht leisten konnten.
    Währenddessen rekrutierten die Werbestuben einen Freiwilligen nach dem nächsten für den Krieg gegen den Süden, wo die Truppen des Kabcar eine schreckliche Niederlage einstecken mussten. Dafür stand in Rogogard, so erzählten sich die Leute, kein Stein mehr auf dem anderen. Als Zeichen des Sieges wollte sich Govan zum ¢arije ausrufen lassen. Wichtigtuer munkelten gar, der Kabcar werde bald Kalisstron wegen der schönen Pelze angreifen und einnehmen.
    Je weiter sich Lodrik von Ulsar entfernte, desto weniger Verständnis brachten die Menschen für die hoheitlichen Anordnungen auf, und je ländlicher die Gegend war, um so ulldraelgläubiger waren die Männer, Frauen und Kinder. Die Verwurzelung in den alten Glauben saß tief.
    Man murrte, dass der Herrscher etliche Cerêler an seinen Hof zog und das einfache Volk den Krankheiten überließ. Die herkömmlichen Pflegestätten waren zwar gut bei einfachen Erkrankungen, aber gegen richtig schwere Erkältungen, Lungenentzündungen oder schlimmere Dinge, die einst ganze Landstriche entvölkert hatten, halfen eben nur die Fertigkeiten der Heilkundigen.
    Sora, die pulsierende Provinzhauptstadt mit etwas mehr als dreißigtausend Einwohnern, günstig an den Gestaden des Repol gelegen, folgte ganz dem Kurs des Kabcar. Der Gouverneur setzte die Befehle aus Ulsar mit eiserner Disziplin um und unterstützte die Großgrundbesitzer gegen renitente Kleinbauern, die ihre Freiheit schon zu lange genossen hatten, um sich von Möchtegernen Vorschriften machen zu lassen.
    Lodrik erschien es seltsam, dass ihn die Hafenwache beim Passieren der Tore misstrauisch ansah.

    Schnell bog er in eine Seitengasse der unbekannten Stadt ab, um sich den Blicken des Gardisten zu entziehen. Er würde sich nicht lange in den Mauern aufhalten, sondern wollte sich sofort nach einer neuen Mitreisegelegenheit umschauen.
    »He, du!?«, rief ihm der Gerüstete nach. »Was suchst du hier?«
    »Ich bin auf der Suche nach einem Kahn, der einen Vagabunden wie mich fortträgt«, erklärte der Mann mit den dunkelblauen Augen und begab sich in eine unterwürfige Pose.
    »Bevor du gehst, solltest du dir den Schmaus für die Bettler Soras nicht entgehen lassen«, riet ihm der Mann. »Sie haben sich draußen bei der großen Scheune versammelt. Ein Bankett. Zu Ehren Tzulans und des göttlichen Kabcar.«
    »Wie nobel«, meinte Lodrik und wandte sich zum Weitergehen. Göttlich?! Der Junge ist wahnsinnig geworden.
    »Das war ein Befehl«, meinte die Wache mit Nachdruck. »Du kommst mit mir, ich bringe dich

Weitere Kostenlose Bücher