Die Quellen Des Bösen
Der junge Herrscher rieb sich die Hände. »Ich werde einen kleinen Wettbewerb zwischen Geschwistern beginnen. Die Maßgabe lautet: Wer ist wohl zuerst an seinem Ziel?«
»Das verstehe ich nicht«, meinte sein Berater. »Wollt Ihr Kensustria von der See her angreifen und vor ihr zum Erfolg gelangen?«
»Nein, lieber Mortva«, gab Govan gut gelaunt zurück. »Jeder sollte sich mit einem eigenen Reich beschäftigen, das ist nur gerecht.« Er wanderte zur Landkarte, nahm einen Zeigestock und tippte auf den südlichsten Zipfel Ulldarts. »Zvatochna erobert Kensustria«, die Spitze ruckte schräg nach links oben und hieb gegen den angrenzenden Kontinent, »ich kümmere mich um Kalisstron. Das ist der Grund, weshalb die in Rogogard versammelten Seestreitkräfte dort bleiben. Sie sollen sich den kommenden Winter über erholen und die Schäden an den Festungen reparieren. Im Frühsommer führen wir einen Schlag gegen das Land der Bleichen Göttin, zeitgleich mit meiner Schwester.«
»Möge der Bessere gewinnen.« Unverhofft ergab der Zettel, den Nesreca zuvor gefunden hatte, einen Sinn. Er hat es von Anfang so geplant. Was sein Vater zu wenig wollte, das übertreibt er , fluchte Nesreca innerlich.
Natürlich war sein Schützling auf dem besten Wege, die Dunkle Zeit einzuläuten und die Rückkehr Tzulans zu ermöglichen. Aber wenn er mit seinem Vorhaben scheiterte, würde er damit auch alles andere vernichten. Die Öffnung einer zweiten Front erschien ihm zu früh.
Vorsichtig schaute der Konsultant in die Augen des jungen Mannes und entdeckte wiederum ein irres Flackern. Hoffentlich bleibt er trotz seines Wahns siegreich. Alles andere ist im Grunde gleichgültig. Andernfalls müsste ich mir etwas einfallen lassen.
Ob er den jungen Mann, den er selbst ausgebildet hatte, notfalls noch aufhalten konnte, wollte er lieber nicht herausfinden wollen. Die Magie und die Macht, die der so unscheinbar wirkende Mensch in sich trug, würde die seinige mittlerweile weit überragen. Wahrscheinlich müsste der Gebrannte selbst eingreifen.
»Ich denke, dass sich die Niederlagen in Kensustria vermeiden ließen«, meinte der Kabcar, »wenn wir auf die Modrak zurückgreifen könnten. Aber es fehlen uns immer noch das Amulett und der Leichnam meines Vaters.« Dies war ein Umstand, der Nesreca ebenfalls nicht schmeckte. »Könnt Ihr mir dazu wenigstens Erfreuliches berichten, Mortva?«
»Ich wünschte, es wäre so«, seufzte der Konsultant und fuhr sich über die silbernen Haare, die wie Fäden aus Quecksilber schimmerten. »Doch beides ist wie vom Erdboden verschwunden.«
»Ich habe ihm seine Magie geraubt, er muss so tot sein wie Jamosar«, brach es aus Govan wütend hervor. »Und da er als Leiche nicht wegläuft, muss er doch in diesem verdammten Steinbruch mitsamt dem Anhänger zu finden sein, oder etwa nicht? Haben wir wenigstens wie geplant einen Beobachter fangen können?«
»Es soll arrangiert werden, wenn Ihr es möchtet, Hoher Herr«, vermied Nesreca eine klare Antwort.
Der Kabcar erteilte mit einer knappen Geste die Anweisung hierfür. »Diese Kreaturen werden sich mir erklären müssen, warum sie ihrem neuen Herrn nicht dienen.« Er legte eine Hand auf den Griff seines Schwertes und wurde dabei an einen weiteren ausstehenden Punkt erinnert. Der Konsultant verstand den auffordernden Blick sofort.
»Ich ließ einen der Besten der Hohen Schwerter recht spektakulär entkommen, nicht ohne vorher den Hass gegen Tokaro Balasy geschürt zu haben. Meine Spione verfolgen ihn auf Schritt und Tritt«, erklärte er. »Wie es aussieht, macht er sich tatsächlich auf die Suche des Diebes und angeblichen Mörders des Großmeisters, der die letzte der fehlenden aldoreelischen Klingen bei sich trägt. Ich bin sehr zuversichtlich. Auch wenn Balasy ein zugegebenermaßen mutiger Junge ist, gegen einen erfahrenen Ordenskrieger hat er keine Aussichten auf Erfolg.«
»Immerhin«, knurrte Govan. »Veranlasst die Vorbereitungen für meine Krönung zum ¢arije und setzt eine Belohnung auf dieses verdammte Amulett aus. Sagt, es sei ein Andenken an meinen Vater und von ideellem Wert. Wer es sieht oder beschafft, soll tausend Waslec erhalten.« Der Kabcar wandte sich zur Tür. »Ich ziehe mich zurück.«
Nesreca schwenkte einen Briefumschlag. »Ihr habt den hier vergessen, Hoher Herr.«
Govan hob die Hand, das Kuvert flog dank der Magie direkt in seine Finger. Er erkannte das Siegel der Vasruca von Kostromo, seiner Mutter. Die Stirn des Herrschers
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