Die Quellen Des Bösen
nicht innerhalb der vier Wände.«
Die Magd nickte eilig und lief hinaus.
Die Zeit nutzte Aljascha, um sich vorzubereiten. Sie suchte eine passende Garderobe heraus, in der sie trotz ihres Zustandes Eindruck hinterlassen konnte, denn sie beabsichtigte, eine Frau aufzusuchen, deren Hilfe sie benötigte.
Kaya Jukolenko, die Witwe des Gouverneurs, den Lodrik als Tadc eigenhändig exekutiert hatte, galt als einflussreichste Dame Granburgs. Mit ihr einen Handel zu schließen würde hinsichtlich ihrer neuen Absichten nicht fehl am Platze sein. Zumal sie beste Beziehungen zum momentanen Statthalter des Kabcar hatte und Lockerungen erwirken konnte.
Da Jukolenkos Frau auf keine ihrer Einladungen reagiert hatte, wollte sie sich nun selbst auf den Weg zum Anwesen außerhalb der Provinzhauptstadt machen. Die Wachen vor der Tür gedachte sie, durch eine gehörige Portion Unverfrorenheit zu überrumpeln, und die Wut, die sie nach der Lektüre des Briefes spürte, tat ihr Übriges dazu. Niemand wird es wagen, mich aufzuhalten.
Sie warf sich ihren Umhang über und ließ Berika die Tür öffnen, als die Kutsche vorfuhr und vor dem Gebäude anhielt.
Die beiden Wachen schauten Aljascha verdutzt an, als sie erhobenen Hauptes zwischen ihnen hindurchmarschierte. Dann erholten sie sich von ihrer Überraschung und liefen neben ihr her.
»Kehrt sofort ins Haus zurück«, verlangte einer der Soldaten entschlossen. »Oder wir bringen Euch gegen Euren Willen dorthin.«
Aljascha blieb stehen, die grünen Augen blitzten mörderisch auf. »Du redest mit der einstigen Kabcara von Tarpol, Bursche«, zischte sie ihn von oben herab an. »Ich gehe, wenn es mir passt. Und untersteht euch, auch nur einen eurer stinkenden Finger auf mich zu legen.«
Der Bewaffnete wich zurück und ließ sie passieren. Als sie halb in der Kutsche stand, griff sein Kamerad doch zu, wenn auch etwas zögerlich. »Es tut mir Leid, aber wir haben eine Anweisung des Kabcar.«
»Des alten Kabcar«, sagte sie scharf und riss sich mit einem energischen Ruck los. »Er ist tot, erinnere dich, Mann.«
Doch der Wächter zeigte sich stur. »Niemand hat die Order aufgehoben. Folgt mir.«
»Zurück!«, befahl sie. »Du wirst mich nicht aufhalten, Bursche.«
Doch der Mann packte sie am Oberarm und zog. Aljascha hielt dagegen und wollte gerade zutreten, als sie den Halt verlor.
Mit einem leisen Aufschrei stürzte sie aus der Kutsche und schlug der Länge nach auf das Kopfsteinpflaster.
Augenblicklich breitete sich ein Brennen in ihrem Unterleib aus. »Mein Kind«, ächzte sie und presste die Hände auf den Bauch, der sich anfühlte, als wäre etwas darin geplatzt. Sie sah noch das entsetzte Gesicht ihrer Magd, dann verlor sie allmählich das Bewusstsein.
Aljascha erwachte aus ihrer Benommenheit und fand sich in ihrem Bett wieder. Neben ihr tupfte Berika ihr die Stirn ab, ein blutiges Stück Stoff lag in ihrer Hand. Sie lächelte ihre Herrin schüchtern an.
»Ich habe nach einem Cerêler geschickt«, erklärte sie. »Er wird bald hier sein, um nach Euch und Eurem Kind zu schauen.«
Die einstige Kabcara tastete vorsichtig die Stirn ab und fand eine klaffende Wunde unterhalb des Haaransatzes. Dafür werde ich den Wächter umbringen lassen. Und seine ganze Familie, beschloss sie. Sie wollte sich etwas zur Seite drehen, und schon setzten die Schmerzen ein.
Aljascha schrie auf und hielt sich den Bauch, ihre Atmung ging keuchend, die Qualen raubten ihr die Fähigkeit, etwas zu sagen. Tränen stiegen ihr in die Augen.
Hilflos musste sie warten, bis der kleinwüchsige Heilkundige eintraf, und litt Krämpfe, wie sie sie selbst bei der anstrengenden Geburt der Drillinge nicht hatte erleiden müssen.
»Mein Name ist Pedda Jebalar, Herrin. Ihr hattet großes Glück«, grüßte der Cerêler, als er in das Zimmer trat. »Ich befand mich beinahe schon auf dem Weg nach Ulsar.« Berika nahm ihm den leichten Mantel ab, der Heilkundige wusch sich die Hände in der bereitgestellten Schüssel und legte den Bauch frei. »Aber ein Hilferuf hat natürlich immer Vorrang.« Vorsichtig tastete er über die Bauchdecke, die sich inzwischen dunkel färbte.
»Tu etwas!«, befahl Aljascha gepresst, und ihre Hände krallten sich um die Bettpfosten. »Ich will mein Kind nicht verlieren.«
»Die Hülle, die das ungeborene Leben einschließt, ist beschädigt«, lautete die niederschmetternde Diagnose des Kleinwüchsigen, nachdem er einen Blick auf das abgelegte Untergewand geworfen hatte. »Ich muss
Weitere Kostenlose Bücher