Die Quellen Des Bösen
um etwas Meerwasser aufzunehmen, und benetzte sich damit das Gesicht. Die Kühle ordnete seinen Verstand ein wenig.
Als Håntra ihm ihre Hand hinhielt, war er tief dankbar und ergriff sie. So gelangten sie schließlich zum Fuß des Kliffs, auf dem der Feuerturm stand.
Nach einem problemlosen Aufstieg erreichten sie das windumtoste Plateau mit dem runden Turm, der den Naturgewalten trotzte.
Der Krieger winkte den Türmlern zu und näherte sich der Stelle, an der Ricksele damals ihr Leben verloren hatte. Die Kalisstronin blieb auf ein Signal hin etwas zurück, der leichte Sturm zerrte an ihren Gewändern.
Waljakov musste sehr aufmerksam sein, als er Schritt für Schritt auf den Abgrund zuging.
Vorsichtig bewegte er sich an der vorderen Grundmauer des Turmes entlang, bis er beinahe am Abgrund stand, an dessen Ende Steine, Sand und die anrollende See lauerten. Den Körper eng an die Wand des Gebäudes gedrückt, tastete er mit der echten Hand über eine Stelle, die ihm auffällig erschien. Die Moose und Flechten wuchsen hier nicht ganz so dick. Seine eisernen Fingerspitzen strichen den Bewuchs behutsam zur Seite. Darunter zeigte sich eine verwitterte Gravur zwei Namen, mit einem Kreis aus Blumen umgeben. Zufrieden entfernte er noch mehr von der Schicht.
»Du gibst dir Mühe wie noch keiner vor dir«, hörte er Rickseles Stimme hinter sich sagen. »Sträube dich nicht. Du bist bald mein.«
Vor Überraschung krümmte er sich zusammen, die Fingerglieder schrammten dabei über den Stein und brachen Stücke von der Inschrift heraus, ließen sie unvollständig werden. Waljakov blickte über die Schulter zu der Spukgestalt.
»Gar nichts wirst du bekommen. Verschwinde.« Demonstrativ wandte er sich der Gravur zu. »Wärst du aus Fleisch und Blut, würde dich mein Schwert auf der Stelle töten und erlösen.«
»Töten?«, vernahm er plötzlich einen anderen, zutiefst verhassten Menschen. Seine Klinge flog beinahe von selbst in seine Hand, und er wirbelte um die eigene Achse. »Nesreca?«
Unvermittelt befand er sich im Audienzsaal des Palastes zu Ulsar; der Konsultant stand schräg rechts ne- ben ihm, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Das Lächeln, das ihm Nesreca zuwarf, war spöttisch, die langen, silbernen Haare schimmerten auf.
Es ist nur ein Trugbild, konzentrierte sich der K’Tar Tur angestrengt.
»Ach?« Amüsiert hob der Konsultant die rechte Augenbraue und lehnte sich ein wenig zurück. »Und wenn es eine göttliche Fügung, die einmalige Gelegenheit wäre, mich zu beseitigen?« Provozierend breitete er die Arme aus. »Ich bin unbewaffnet wie immer. So wehrlos wie Norina Miklanowo, als ich sie …«
Mit einem bösartigen Fluch in der Dunklen Sprache auf den Lippen, ging der Hüne zum Angriff über, um Nesrecas Abbild zu spalten.
Doch bevor er den Mann erreichte, warf sich etwas gegen ihn und schleuderte ihn durch den Aufprall nach links. Zu überrascht, um reagieren zu können, und zu sehr auf sein Ziel fixiert, verlor er das Gleichgewicht und stürzte rücklings.
Schon im Fallen kehrte sein Bewusstsein zurück. Er musste mit einem Fuß bereits über den Fels hinaus getreten sein, und sein Unterkörper glitt ins Leere. Geistesgegenwärtig riss er sich herum und rammte das Schwert in eine vorüberfliegende Felsspalte.
Die Klinge verkantete sich und bog sich bedrohlich unter der Last. Glücklicherweise fand er mit der anderen Hand einen Halt und hing somit etwa eine Manneslänge unterhalb der Kante.
Ich Narr! Es konnte doch nur der Geist sein, ärgerte sich Waljakov über sein Verhalten, das ihn in arge Bedrängnis gebracht hatte.
Ein Steinschauer regnete auf ihn nieder, eine Gestalt fiel von oben herunter und passierte schreiend die Stelle, an der er baumelte.
Er maß den rechten Moment ab und griff zu. Seine Finger umschlossen den Gürtel, den Håntra um den Mantel trug. Der jähe Ruck ließ sie das Bewusstsein verlieren. Dann strampelt sie wenigstens nicht.
Die kräftigen Winde und die Rettungsmaßnahme brachten Waljakov ins Pendeln. Mehrfach kollidierte er mit der schroffen Wand und zog sich einige Schrammen zu. Das Schwert gab ein seltsames Geräusch von sich und bog sich weiter durch.
Doch das in Gefahr geratene Paar blieb nicht unbemerkt.
Gerade, als das Schwert die Last nicht mehr tragen konnte und zersprang, wurde ein Seil von oben heruntergeworfen.
Waljakov gelang das Kunststück, im Fall mit der künstlichen Hand das Seil zu packen und sich mitsamt der Kalisstronin daran
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