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Die Quellen Des Bösen

Die Quellen Des Bösen

Titel: Die Quellen Des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Wenn du eine Bestätigung haben willst, frage ihn einfach. Er bevorzugt ja auch stets den direkten Weg.«
    »Das werde ich tun, sobald ich ihn sehe«, nickte Lorin, verabschiedete sich und stiefelte zur Tür hinaus.
    Gereizt klappte Waljakov das Tagebuch zu. »Nichts. Kein Name, kein Hinweis.« Die mechanische Hand schloss sich um den Einband, die eisernen Fingerglieder hinterließen tiefe Abdrücke im mehrfach verleimten, dünnen Holz, das als Schutz diente. Ich werde meinen Verstand verlieren, ohne dass ich etwas dagegen tun kann. Wenn es nicht ihn, sondern durch einen dummen Zufall gar Lorin am Turm getroffen hätte, würde der Geist sehr viel mehr vernichten als nur einen weiteren Mann. Unter Umständen beträfe es die gesamte Zukunft Ulldarts.
    Håntra legte ihre Hand mitfühlend auf die Rechte des kahlen Hünen. »Du musst mir glauben, dass sie das, was sie tut, nicht böse meint. Sei auf den Mann wütend, der sie getötet hat. Sie kann nicht anders.«
    »Dann wird es Zeit, dass wir sie davon erlösen, nicht anders zu können«, grummelte er. »Wir wissen, dass er ein guter Geschichtenerzähler war, auch wenn er damit nicht seinen Unterhalt verdiente.« Der K’Tar Tur vermied es, die Kalisstronin anzuschauen, weil er fürchtete, dass aus der lange schon aufgekeimten Sympathie mehr werden könnte. Ausgerechnet mir passiert das, dachte er verlegen. Das fehlte noch, dass ich mich in die Schwester des Spukes verliebe. Und dennoch konnte er sich dem freundlichen Wesen der Frau nicht verschließen, zumal sie ihn seiner Ansicht nach viel öfter tröstend berührte, als es notwendig gewesen wäre.
    »Ich werde mir die Stelle am Turm noch einmal ansehen. Wenn ich Glück habe, entdecke ich etwas, das uns hilft.«
    Beide erhoben sich zugleich. »Ich komme mit.«
    »Nein«, kam es unwirsch aus seinem Mund. Håntra schreckte zusammen. »Nein, danke.«
    »Ich würde dich aber sehr gern begleiten«, sagte die Kalisstronin zögernd. »Vielleicht kann ich mit meiner Schwester reden und sie dazu bringen, von dir abzulassen.«
    Waljakov tat sein harscher Ton längst Leid. »Ich glaube nicht, dass es etwas bringt.«
    »Es wurde vorher noch niemals versucht«, erwiderte sie. »Keiner der Männer, die ihr zum Opfer fielen, sprach darüber ­ bis es zu spät war. Sie erschien nicht mehr, und ich erhielt niemals die Gelegenheit, mit ihr zu reden.«
    Waljakov streckte die Waffen. »Na, schön. Von mir aus«, brummte er, und Håntra strahlte. Sie verließen das Haus, in dem die beiden Schwestern aufgewachsen waren, und traten auf die Straße.
    Waljakov blieb stehen, um sich zu orientieren.
    Das geschah häufiger. Es kam ihm so vor, als stünde er in den Gassen einer selten besuchten Stadt, und so benötigte er gelegentlich eine Weile, bis er wusste, welche Richtung er zu wählen hatte. Viermal schon war er eine Stunde umhergelaufen, weil er es nicht gewagt hatte, einen Einheimischen nach dem Weg zu fragen. Niemand hätte verstanden, warum er sich plötzlich nicht mehr auskannte, und schon hätte das Gerede eingesetzt.
    Håntra übernahm die Führung, wohl wissend, worunter der Kämpfer litt, und lenkte ihn aus Bardhasdronda hinaus, in Richtung des Feuerturmes.
    Der Herbst packte das Meer mit der ungestümen Kraft der ersten heftigen Winde, nahm die Wellen und schleuderte sie mit Wucht gegen die Klippen, dass das Wasser in Tausende glitzernder Tropfen zerbarst und als Gischt landeinwärts sprühte.
    Die Luft roch salzig; ein dünner Feuchtigkeitsfilm legte sich auf die dicke Kleidung der beiden schweigenden Wanderer, die oberhalb der Wasserlinie durch den Sand und über die Steine stapften.
    Waljakov erschien alles um ihn herum zunehmend unwirklich, wie in einem Traum. Er hörte das Rauschen der See unnatürlich laut, das Schreien der Möwen tat ihm in den Ohren weh, die grauen Wolken, die sich draußen über dem Meer entleerten, türmten sich auf, wuchsen ins Unermessliche und drohten auf ihn herabzustürzen.
    Knurrend griff er nach seinem Schwert.
    Die Frau legte ihm beruhigend die Hand auf den Unterarm, verhinderte, dass er seine Waffe zog. »Ruhig. Hier ist nichts, was du bekämpfen könntest.«
    Der Krieger fuhr herum, die eisgrauen Augen richteten sich abschätzend auf seine Begleiterin, deren Name ihm einfach nicht einfallen wollte. Erst nach einiger Zeit entspannte sich seine Muskulatur, deren Kraft ausreichte, um die Kalisstra-Dienerin mit einem einzigen Schlag zu ihrer Göttin zu schicken.
    Er wankte zur Seite, bückte sich,

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