Die Quellen Des Bösen
freundlicher Ratschlag, sie verneigten sich und stiegen die provisorischen Stufen hinab, um zur Stadt zurückzukehren.
Sein Ziehvater bemerkte ihn und kam ihm entgegen. »Lorin, mein Junge! Schön, dich zu sehen. Suchst du den Rat des Gerechten?«
»Ich wollte eigentlich nur dich sehen, Matuc«, erwiderte er liebenswürdig.
Der Geistliche formte die Hände zu einer Kugel als Zeichen Ulldraels. »Das ist natürlich auch ein sehr guter Grund.« Er umarmte den jungen Mann, dann deutete er auf den Tempel. »Was sagst du dazu? Ich hätte niemals gedacht, dass die Kalisstri mit solcher Überzeugung zu einem anderen Glauben übertreten. Stell dir vor, es kommen erste Menschen aus den Nachbarstädten, einfache Menschen, die mehr über Ulldrael wissen möchten.«
Lorin freute sich innerlich über die Zufriedenheit des Mönchs und fand es gleichzeitig schade, dass er selbst wohl niemals der Grund sein würde, weshalb sich ein derart seliger Ausdruck auf das Antlitz des betagten Mönchs zauberte. »Es sieht sehr gut aus. Kiurikka platzt vor Neid und Argwohn.« Er dachte an die letzte Unterredung mit der Hohepriesterin. »Noch immer ist ihr dein Glaube nicht geheuer.«
Matuc hatte die unbewusste Abgrenzung seines Ziehsohnes sehr genau gehört. »Aber sie hat doch kaum einen Anlass, den Gerechten zu verdammen, nachdem du den Edelstein fandest und all die Heldentaten vollbrachtest«, sagte er etwas verschmitzt. »Sie wird ihre Ablehnung vermutlich niemals überwinden. Schade, dass sie das Nebeneinander der Göttergeschwister nicht versteht.« Der Mönch betrachtete den jungen Mann von der Seite. »Auf die Gefahr hin, dass du es nicht mehr hören willst: Dein Glaube könnte etwas mehr Intensität vertragen, mein Junge. Wenn wir gegen das Böse auf Ulldart ziehen …«
»… verlasse ich mich auf meine Magie und meine Freunde, Matuc«, blockte Lorin den zigsten Bekehrungsversuch seines Ziehvaters freundlich, aber eindringlich ab. »Wenn mir Ulldrael, Kalisstra oder ein anderer der guten Götter den Beistand anträgt, werde ich mich nicht dagegen sträuben. Bis dahin bringe ich ihnen Respekt entgegen, jedoch kein Vertrauen.« Lorin sah Matuc an, dass seine Antwort erneut nicht so ausfiel, wie sie der Mönch gern gehört hätte. »Gräme dich nicht. Vielleicht liegt es an meinen Kräften, weshalb ich nicht der überzeugteste Gläubige bin.« Er klopfte ihm auf die Schulter. »Vielleicht ändert sich das eines Tages.«
»Bis dahin freue ich mich über meine Erfolge auf Kalisstron«, meinte der Geistliche ein wenig versöhnt, weil ihm die Hoffnung blieb. »Was gibt es Neues aus den Nachbarstädten?« Er hakte sich bei Lorin ein und begann einen Rundgang durch die Baustelle.
»Wir beabsichtigen, mit einer kleinen Abordnung in Vekhlathi einzudringen und nach den Palestanern und Hinweisen zu suchen.« Der Milizionär grinste. »Waljakov ist sich sicher, eine ›Krämerseele‹ auf hundert Schritt zu erkennen, allein durch den Gang eines ›turtelnden Täuberichs‹. Die diplomatischen Versuche der Hohepriesterin haben nichts erreicht, der Bürgermeister hat keine Verhandlungen mit ihr aufgenommen. Im Wortlaut des Briefes, den man ihr mitgab, glaubte unser Glatzkopf gewisse Floskeln zu erkennen, die palestanischen aufs Wort gleichen.« Er erzählte weiter, dass es keinerlei neue Segelsichtungen mehr gab. Die tzuland- rischen Verbündeten hatten anscheinend bemerkt, dass ihr Auftauchen zu auffällig war. Der taktische Zusammenschluss von Bardhasdronda mit der Stadt Kandamokk nördlich von Vekhlathi brachte zumindest eine vorläufige Sicherheit. »Und wir haben mehr Zeit, unseren Nachbarn die Augen über die Palestaner zu öffnen, sobald wir Beweise für deren Unredlichkeit im Kontor finden«, schloss Lorin.
»Und wann soll die Unternehmung stattfinden?«
»Wir wissen es noch nicht genau«, sagte der junge Mann mit den blauen Augen ausweichend. »Lange warten wir nicht mehr. Ich fühle mich in meinem Verdacht bestätigt, dass die Seehändler hinter unserem Zwist mit Vekhlathi stecken.«
Matuc blieb vor der rund einen Schritt hohen Ulldrael-Statue aus Walbein stehen, die Blafjoll geschnitzt hatte. »Ich hatte auf Ulldart wenig mit den Palestanern zu tun«, erinnerte er sich, »aber es würde sehr gut zu ihnen passen. Die wenigsten Kaufleute kennen Moral und Loyalität. Geld und Macht sind es, was sie schätzen.« Er verneigte sich vor dem Abbild des Gerechten, und auch Lorin deutete rasch eine Verbeugung an. Dann begaben sie sich
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