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Die Quellen Des Bösen

Die Quellen Des Bösen

Titel: Die Quellen Des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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wir weiterhin deinen Beistand, Gerechter, betete Perdór vor der Landkarte, sonst waren all die Toten und Mühen vergebens.
    Kontinent Kalisstron, Bardhasdronda,
Frühherbst 459 n. S.
    L orin öffnete die Hand, der Milchbecher rutschte quer über den Tisch und bewegte sich auf seine Rechte zu. Fatja beobachtete das Schauspiel aus den Augenwinkeln.
    Die Unterseite blieb an einer Unebenheit des Holzes hängen, das Gefäß drohte zu kippen und seinen Inhalt zu ergießen. Als die ersten Spritzer über den Rand quollen, blieben sie in der Luft stehen und kehrten in den Becher zurück. Die Oberfläche des Tisches zeigte nicht einen einzigen feuchten Fleck.
    »Das kommt davon, weil du zu faul bist, aufzustehen und dir die Milch zu holen wie andere Leute auch«, kommentierte die Schicksalsleserin. Auch wenn sie ihrem kleinen Bruder zum Schein eine Rüge erteilte, atmete sie innerlich auf, weil er seine Gabe wieder einsetzte. Seit dem Tod von Soini wagte er es kaum mehr, und dann auch nur, wenn er sich allein glaubte.
    Der junge Mann, der auf seinem Rundgang durch die Stadt bei ihr eine kleine Rast eingelegt hatte, wurde sofort rot.
    »Entschuldige, ich wollte meine Kräfte nicht einsetzen. Es war mehr ein Reflex.« Lorin verzog schuldbewusst das Gesicht und streckte sich, um den Becher aufzunehmen.
    »Wie geht es Jarevrån?«, erkundigte sich Fatja, um abzulenken. »Man sieht euch beide kaum noch bei uns, seit ihr Mann und Frau seid.« Sie grinste frech. »Ein eigenes Haus hat schon seine Vorzüge, nicht wahr? Werde ich etwa bald schon Tante? Dann hättest du dich ganz schön beeilt, Herr stellvertretender Milizionärsanführer.«
    Lorin, gekleidet in die typische kalisstronische Tracht, über der er einen einfachen, leichten Lederpanzer und ein Schwert an seiner Seite trug, streckte ihr die Zunge raus.
    »Seit du wieder gesund bist, ist die alte Frechheit wieder zurückgekehrt, was?!« Er prostete ihr zu. »Allen Göttern sei Dank, dass unsere Hochzeiten letztlich doch ein halbwegs gutes Ende nahmen.« Auch wenn ich nicht daran geglaubt habe.
    Fatja nahm das Essen, gebratene Süßknollen und Meeresfrüchte, vom Feuer und schaufelte sich einen Teil davon auf ihren Teller.
    »Du musst dir keine Vorwürfe mehr machen, kleiner Bruder. Letztlich verdanken wir es doch dir, dass alle mit dem Leben davonkamen. Alle, die es verdienten.« Sie hielt ihm die Pfanne hin, doch er lehnte dankend ab. »Und jetzt hör auf, weiter darüber zu grübeln. Es ist Geschichte«, sagte sie und fing an zu essen.
    Lorin betrachtete die Frau, mit der er im Grunde kein bisschen verwandt war, die er aber mehr liebte als seine wahren Eltern. Gleiches galt für Matuc und den einsilbigen Waljakov. Diese Gedanken brachten ihn zu dem eigentlichen Grund für seinen Besuch.
    »Findest du nicht auch, dass sich Waljakov in letzter Zeit etwas merkwürdig verhält?«, fragte er und schielte dabei über den Rand des Bechers, während er trank.
    Fatja schwenkte die Gabel wie ein Schwert und vollführte einen spielerischen Angriff. »Du meinst, weil er sich ausnahmsweise nicht nur mit Schwertern und anderen Mordinstrumenten beschäftigt?«, hielt sie vergnügt dagegen, dann wurde sie stutzig. »Tatsächlich, du hast Recht.«
    »Ich habe ihn sogar in Begleitung einer Frau gesehen«, fügte Lorin hinzu, woraufhin sich Fatja beinahe an ihrem Bissen verschluckte.
    »Der Glatzkopf hat die Damenwelt für sich entdeckt? Nun wird es wirklich seltsam.« Gespannt schaute sie Lorin an. »Los, erzähl schon! Wer ist es, und wie haben sie sich kennen gelernt? So ein Turm ist in der kommenden Jahreszeit ein lauschiges Plätzchen, wenn man allein zu zweit sein möchte.« Sie zwinkerte. »Ein echter Romantiker, der alte Schwertschwinger.«
    Lorin feixte. »Sie heißt Håntra und ist eine Dienerin der Bleichen Göttin. Mehr weiß ich allerdings auch nicht.«
    »Na, so etwas. Dass er sich ausgerechnet eine von denen aussucht, mit denen er so gar nichts gemein hat.« Sie lachte. »Andererseits, welche Auswahl hat er? Gegen die Liebe scheint selbst Waljakov trotz seiner Muskeln machtlos.«
    »Ich glaube nicht, dass sie ein echtes Paar sind«, äußerte Lorin seine Vermutung. »Sie sind zwar ständig miteinander unterwegs, aber ich habe dabei noch keinen Hinweis entdecken können, dass sich mehr zwischen ihnen abspielt.« Er leerte seinen Becher. »Das finde ich seltsam.«
    »Wie süß.« Fatja klatschte in die Hände. »Ein gestandener Mann, der in der Öffentlichkeit schüchtern ist.

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