Die Quellen Des Bösen
als ich dachte.
Gurgelnd stieg sein Mageninhalt nach oben. Der junge Mann neigte sich über die Kante und erbrach sich in einen Eimer, der dort bereit stand … und der vor allem nicht mehr ganz leer war.
Mehrfach würgte und spuckte er, ohne dass sich viel Essen aus seinem Inneren befördern ließ. Erschöpft sank er in die Kissen.
Halb entkleidet lag er unter einer Schicht dicker Laken, sein verletztes Bein zierte ein Verband. Ich scheine bei Freunden gelandet zu sein, schätzte er angesichts der Behandlung.
Noch immer drehte sich die Einrichtung. Dunkel erinnerte er sich daran, wie er vor den Häschern des Kabcar geflüchtet war. Ab einem gewissen Zeitpunkt fehlte ihm jedoch das Gedächtnis.
Das Schiff!, fiel es ihm nach einer Weile wieder ein, was natürlich das Knarzen des Raumes und die schlingernden Bewegungen erklärte.
Vorsichtig stemmte er sich hoch und versuchte aufzustehen. In der Wunde machte sich ein schmerzhaftes Ziehen breit. Tokaro biss die Zähne zusammen und humpelte weiter Richtung Ausgang der schwankenden Kajüte.
Er tastete sich durch die Eingeweide des Seglers bis zu einer Stiege, die nach oben führte. In unregelmäßi- gen Abständen spritzte Seewasser herbei und rann die Stufen hinab. Das Pfeifen des Windes, der sich in der Takelage fing, und das Knattern der Leinwand hörte er bis nach unten. Als der Rumpf nach links rollte, hastete der junge Ordensritter prompt zurück, um sich ein weiteres Mal in den Eimer zu übergeben.
Ich bin wohl nicht seefest, dachte er unglücklich und versuchte den Aufstieg an Deck ein zweites Mal.
Langsam erklomm er die Treppe und stand auf den Planken, während um ihn herum eine kräftige Brise dafür sorgte, dass sich die seltsam geriffelten Segel bis zur Belastungsgrenze wölbten.
Der Bug tauchte tief nach unten, als wollte er sich durch die Wellenberge graben, und hob sich kurz darauf in die Höhe. Gischt und Schaum erfüllten die Luft. Innerhalb von kürzester Zeit wurde Tokaro durchnässt bis auf die Knochen.
Ein Mann auf dem Oberdeck winkte ihm zu, dann eilte ein Matrose herbei, um den Verletzten sicher ans Steuer zu geleiten.
Tokaro hatte den Eindruck, dass er der Einzige war, der mit dem rauen Wetter kämpfte. Die Seeleute, die aus allen Reichen Ulldarts zu stammen schienen, bewegten sich mit traumwandlerischer Sicherheit über die nassen Bretter oder hingen in den Wanten, um den Anweisungen ihres Kapitäns nachzukommen.
»Ein schlechter Zeitpunkt für einen Spaziergang«, brüllte dieser ihn gut gelaunt an, um die Geräusche von Wind und Wellen zu übertönen.
Ein typischer Rogogarder mittleren Alters stand vor ihm, sonnengebräunt und wettergegerbt. In den geflochtenen Bartsträhnen hingen zierliche Muschelstücke. Das hellblonde Haar trug er kurz geschoren, und jeweils drei goldene Ringe zierten seine Ohrmuscheln. Freundlich legten sich seine grün-grauen Augen auf den Gast, und die Rechte streckte sich ihm entgegen. »Feinde von Nesreca und Bardri¢ sind meine Freunde. Willkommen an Bord der Varla. Ich bin Torben Rudgass, Kapitän der rogogardischen Flotte.«
Dankbar ergriff er die Finger. »Ich bin Tokaro …«
»… Balasy, ich weiß«, griente der Freibeuter etwas zahnlos. »Nesrecas Männer haben es uns gesagt.«
»Ich schulde Euch unendlich viel, Kapitän Rudgass. Was geschah mit meinem Pferd?«
»Wir haben es in die Suppe geschnippelt, nachdem es sich bei Eurem kühnen Sprung den Hals brach.« Lachend schlug er ihm auf den Oberarm. »Nein, natürlich nicht. Wir haben es eingesalzen. Dann haben wir länger davon.«
Tokaros Augen wurden groß, er machte einen Schritt nach links und erbrach sich.
»Das habt Ihr in der Kajüte ständig getan«, kommentierte der Rogogarder. »Ein Ritter, der einen Ritt auf den Wellen nicht verträgt, das hat schon etwas Komisches.«
»Findet Ihr?«, entgegnete der junge Mann mit den blauen Augen unglücklich. Treskor als Proviant, das überstehe ich nicht.
Torben blinzelte ihm zu. »Nein, ich wollte Euch nur aufziehen. Ich sage Euch die Wahrheit, bevor Ihr vor Schreck noch mehr kotzt und mein Schiff versenkt. Euer Hengst steht unter Deck, die Blessuren heilen recht gut. Nur der gebrochene Vorderlauf wird seinen Einsatz für Euch zukünftig in Frage stellen.« Er deutete auf den Verband. »Schont Euch. Es hat einiges an Mühen gekostet, die Blutvergiftung ohne einen Cerêler aufzuhalten.«
Tokaro wollte schon wieder zurück, um nach dem Streitross zu sehen, als ihm noch etwas einfiel.
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