Die Quellen Des Bösen
geglaubt, dass sich Menschen hinter die Mauern unserer Stadt begeben, weil sie sich hier sicherer fühlen als an anderen Orten des Reiches.« Der Zuzug von Fremden hatte sich verstärkt, seit Ammtára sich die »freie« Stadt nannte und im Gegenzug der Herrscher seine Untertanen an die Kandare nahm wie noch keiner in den letzten vierhundert Jahren vor ihm. So grausam hatte sich kein Kabcar gebärdet.
Wir müssen sie einfach finden. Ohne eine Erklärung stieg er zurück in den Sarkophag und begann seine Nachforschungen von neuem.
»Wir sollten Schluss machen«, meinte Estra und gähnte herzhaft. »Ein Grabräuber wird sie gestohlen und verkauft haben. Vermutlich befindet sich die Klinge im Besitz eines …« Sie stockte.
»Eines Ritters der Hohen Schwerter, wolltest du sagen?«, kam es dumpf aus dem Sarkophag. »Wenn dem so war, dann hat der Kabcar nach der Vernichtung des Ordens alle bedeutenden Waffen, die man gegen ihn und seine Helfer einsetzen könnte, in seiner Obhut.« Sein flacher Schädel erschien am Rand des Sarges. »Schlechte Aussichten, nicht wahr? Also, hilf mir suchen und bete, dass wir fündig werden.«
Sie krochen über und unter die Sarkophage, machten sich Notizen, markierten jede kleine Auffälligkeit und ließen die Bemühungen für diesen Tag ruhen.
Müde begaben sie sich in das gemeinsame Haus, das ruhig ihre Rückkehr erwartete. Alle kleinen Racker lagen bereits in den Betten und schlummerten.
Am nächsten Morgen erklärte er Shui, was sie herausgefunden hatten, und verpflichtete sie zu absolutem Stillschweigen.
Um sie herum tobten seine Sprösslinge, jagten sich gegenseitig das Essen ab, schubsten und lachten, lärmten, was die Trommelfelle ertrugen, und wurden letztlich von seiner Gefährtin in den Garten gescheucht, damit ihr Vater in Ruhe frühstücken konnte.
Estra erschien und leistete ihnen beim Essen Gesellschaft, dann brachen sie gemeinsam auf, um hoffentlich mehr herauszufinden.
Es war die Tochter der Kensustrianerin, der etwas auffiel.
In einem der Steinsärge fand sie einen Strich, der nicht recht zu den anderen Verzierungen passen wollte. Mit etwas Suchen bemerkten sie immer an der gleichen Stelle der Särge eine jeweils anders angeordnete Linie, im letzten eine stilisierte Großkatze.
Unter gewöhnlichen Bedingungen hätte keiner der beiden dem Fund etwas Besonderes beigemessen und die Kratzer für eine fehlerhafte Arbeit des Steinschnitzers gehalten, aber durch die Hülle der aldoreelischen Klinge deuteten sie das Abbild der Großkatze sogleich als Symbol Angors, des Gottes des Krieges.
Setzten sie die neun Striche auf einem Blatt Papier zusammen, ergab sich zu ihrer Überraschung ein dreidimensional aufgemalter Quader, an dessen unterem Ende sich das Zeichen befand.
Pashtak knurrte unzufrieden. Damit schufen sie sich ein neuerliches Rätsel. Dann weiteten sich seine Augen.
Ein Sarkophag aus Stein! »Sie haben die Klinge in einem der Steinbrocken eingeschlossen und im alten Palast gelassen«, erklärte er Estra aufgeregt. »Sieh doch, der Sarkophag aus Stein ist nicht das Grabmal der Krieger. Sie haben das Schwert aus Vorsicht eingelagert und den Brocken mit einem Hinweis versehen, damit sie es in den Ruinen wieder finden.« Girrend wartete er auf ihre Meinung.
»Warum sollten sie eine so mächtige Waffe an den Ort bringen, wo das Böse hauste und am wahrscheinlichsten wieder zurückkehrt?«
»Um das Böse durch die Wirkung der Klinge fern zu halten oder sie in unmittelbarer Nähe zu haben, falls es ausbrechen sollte«, versuchte sich der Inquisitor an einer Auflösung. »Wie man einen Eimer Wasser neben das Herdfeuer stellt. Und das andere Schwert haben sie in die Kathedrale geschafft, um am Ort des Guten jederzeit Zugriff auf die aldoreelische Klinge zu haben. Einer der Plätze, so dachten sie, sei immer erreichbar.«
»Das erscheint mir verwegen, aber nicht unsinnig«, stimmte seine Gehilfin begeistert zu. »Aber«, sie schlug sich entsetzt an die Stirn, »dann finden wir weder die eine noch die andere Klinge.«
Damit lag sie gar nicht so falsch.
Die Kathedrale in Ulsar war zwischendurch eingestürzt, aufgebaut und umgebaut worden. Wahrscheinlich befand sich der fragliche Quader entweder in ihrem Fundament oder sonst irgendwo in den Mauern des entweihten Gotteshauses, in dem die Tzulani Menschenopfer brachten.
Der allererste Palast Sinureds in Ammtára dagegen war von den Baumeistern als Steinbruch benutzt worden, und die noch brauchbaren Materialien
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