Die Quellen Des Bösen
die wundersamsten Gerüchte über den Vorfall in der Stadt. Die Stimmung gegen den Kabcar und seine Schwester heizte sich auf.
Nebenbei erfuhr der Inquisitor, dass Krutor zusammen mit seinen Kindern einen Stadtrundgang gemacht hatte und sich ganz im Gegensatz zur Tadca begeistert von Ammtára zeigte. Die Bewohner unterschieden ihn, wahrscheinlich auch wegen seines unmenschlichen Äußeren, klar von seinen beiden Geschwistern.
Pashtak, der vor dem Haus des Heilkundigen zusammen mit der Versammlung und zahlreichen anderen wartete, machte sich schwere Vorwürfe, die Tadca so weit gereizt zu haben. Dass sie ihren Zorn auf den Vorsitzenden und nicht auf ihn lenkte, empfand er als besonders schlimm. Eigentlich müsste ich da drinnen liegen.
Der Eingang schwang auf.
Der Heilkundige, dessen Lederschurz von oben bis unten mit rotem Lebenssaft getränkt war, erschien. Die Gespräche erstarben auf der Stelle, Menschen und Sumpfwesen hingen gebannt an seinen Lippen.
Er hielt ein rot gefärbtes Etwas in die Höhe, das der Inquisitor als seine Türklinke erkannte. Polternd fiel es zu Boden. Man sah ihm an, dass er etwas sagen wollte. Stattdessen schüttelte er den Kopf und ging wieder hinein.
»Leconuc ist tot!«, brüllte einer los, und ein Aufschrei stieg aus tausend Kehlen. Wäre die Tadca in greifbarer Nähe gewesen, so hätte sie all ihre Magie aufwenden müssen, um unbeschadet aus den Mauern zu entkommen.
»Auch wenn es respektlos aussieht, wir benötigen unbedingt einen Nachfolger. Es kommen schwere Zeiten auf uns zu«, hörte der Inquisitor Kiìgass im Hintergrund zu den Mitgliedern des Gremiums sagen.
Fassungslos betrachtete er das triefende Stück Metall, das dem Vorsitzenden so unerwartet den Tod gebracht hatte. Es roch sogar noch nach Leconuc. Meine Schuld. Ein Unfall, den ich ausgelöst habe.
Es wurde still vor dem Haus.
Plötzlich meinte er, unzählige Augen auf sich gerichtet zu fühlen. Unbehaglich wandte er sich um.
»Pashtak ist der Schlaueste von uns! Er soll der neue Vorsitzende sein!«, kam es irgendwo aus der Menge. Die Masse nahm den Vorschlag mit Begeisterung auf, rief seinen Namen. An den Gesichtern seiner Amtskollegen las er die breite Zustimmung zu dieser Forderung ab.
Er hob die Arme. »Geht nach Hause und versucht, euch zu beruhigen, Freunde. Besonnenheit ist gefragt.«
Die Menschen und Sumpfkreaturen verharrten unschlüssig.
»Wirst du den Vorsitz übernehmen?«, verlangte Kiìgass zu wissen. »Du bist von uns allen am befähigsten.«
Seufzend ergab sich der Inquisitor dem Druck. »Ich werde Leconuc ein würdiger Nachfolger sein«, versprach er. Die Bewohner jubelten ihm zu, er musste unzählige Hände schütteln und bekam Schulterklopfer, bis sich die Ansammlung endlich auflöste und er in Begleitung von Estra nach Hause zurückkehrte.
Wohl war ihm dabei nicht. Er kam sich vor wie ein Erbschleicher. »Wie erkläre ich das bloß Shui?«
Estra musste grinsen.
Kapitel IX
Kontinent Ulldart, Großreich Tarpol,
Hauptstadt Ulsar, Herbst 459 n.S.
Z vatochna hatte während der Heimreise kein einziges Mal mehr gesprochen.
Sie ärgerte sich darüber, dass es Sumpfkreaturen gelungen war, sie so sehr aus der Fassung zu bringen, dass sie ihre berühmte Diplomatie einen kurzen Moment außer Acht gelassen und sich für eine körperliche Drohung entschieden hatte, indem sie Leconuc einen Bruchteil ihrer Kräfte offenbarte.
Mit verheerenden Folgen, wie sie erfuhr.
Govan hat selbst Schuld. Mich an einen Ort zu schicken, der vor Ausgeburten der Hässlichkeit nur so wimmelt! Eine einzige Beleidigung der Augen, dachte sie, während sie sich zusammen mit Krutor auf dem Weg zum Thronsaal befand. Im Ballsaal, auf dem Parkett, in der Theaterloge, bei einem Empfang, an allen möglichen Plätzen wäre ich erfolgreich gewesen. Aber nicht inmitten von Bestien.
Ihr missgestalteter Bruder hinkte schaukelnd neben ihr her, grüßte wie immer die entgegenkommenden Diener aufs Freundlichste und sprach sie sogar mit Namen an.
Die Geschwister wurden angekündigt und traten in den hohen, riesigen Raum des Palastes, vor dem die Architekten ebenso wenig zurückgeschreckt waren wie vor dem Äußeren des Gebäudes. Die Grunddüsternis passte hervorragend zu der Stimmung, in der die Tadca sich befand, auch wenn sie im Grunde die neue Symbolik und Finsternis in Ulsar nicht sonderlich schätzte. Schwache Menschen würden an grauen Wintertagen an Selbstentleibung denken.
Govan, der mit den Ansprüchen an seine protzige
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