Die Quellen Des Bösen
überzeugt werden. »Ich hätte ihm ja geholfen, im Süden. Ich wollte gegen die Grünhaare kämpfen, aber sie waren nicht da.«
»Ich habe die Gesetze verschärfen lassen«, schaltete sich der Herrscher mit Nachdruck ein. Die ungewohnte Widerborstigkeit stellte seine Beherrschung auf eine harte Probe. »Weit geringere Dinge als Verleumdung stehen unter Todesstrafe. Und da soll ich für Ammtára, das mehrfach Lug und Trug über mich verbreitet, eine Ausnahme machen?«
Finster wandte sich der Tadc seinem Bruder zu. »Wer sagt, dass es Lügen sind, mh?! Du hast eben von opfern gesprochen. Nicht ich.«
»Nun habe ich aber genug!«, rief Govan und sprang auf. »Ich lasse diese Stadt einebnen.«
Krutor richtete sich auf und betrachtete sein Gegenüber mit entschlossenem Trotz. Die kräftigen Arme kreuzten sich ganz langsam vor der Brust. »Und ich stelle sie hiermit unter meinen Schutz«, lautete seine aufsässige Erwiderung, die an ein kleines Kind erinnerte.
»Du wagst es?« Ein Knistern erfüllte die Luft, die Magie lud sich im Körper des Kabcar auf und bereitete sich auf einen Schlag vor.
»Hoher Herr, wir sollten die Unterredung abbrechen«, empfahl Nesreca und stellte sich vor den Krüppel, um etwaige Angriffe abzufangen. Langsam kam er auf seinen Schützling zu. »Haltet Euch zurück«, flüsterte er ihm zu. »Das Volk liebt Krutor. Wenn auch er auf mysteriöse Weise verschwindet, ohne dass wir eine plausible Erklärung finden, kann es höchst unangenehm werden.«
»Ein Verblödeter wird mich doch nicht daran hindern, das zu tun, was rechtens ist«, brüllte Govan los. »Ammtára wird fallen!«
»Es sind meine Freunde.« Krutor gab selbst angesichts eines möglichen magischen Gewitters, das über ihn hereinbrechen könnte, nicht auf. »Und du brauchst mal wieder was auf die Nase, damit du vernünftig wirst.« Schadenfroh verzog sich sein entstelltes Gesicht. »So wie das damals Tokaro gemacht hat.« Er drehte sich zum Ausgang. »Ich habe keine Lust mehr, mit dir zu reden. Außerdem bin ich bestimmt viel zu verblödet dazu.« Drohend hob er den Zeigefinger. »Ammtára steht unter meinem Schutz«, bekräftigte er noch einmal. »So stark wie Sinured bin ich auch. Ich mache ihn kaputt, wenn er kommt.« Der Tadc ging ein paar Schritte, kehrte zurück, um sich die Schüssel mit den Keksen zu nehmen, und verließ den Thronsaal.
Mordlüstern starrte ihm sein Bruder nach. »Er weiß nicht, wie nahe er eben dem Tod war«, flüsterte er.
»Ihr tatet das Richtige, Hoher Herr«, lobte der Konsultant das Verhalten des Kabcar. »Die Stadt kann man immer noch bestrafen, wenn der Süden gefallen ist. Uns fällt gewiss eine Ausrede ein, die wir dem Tadc präsentieren. Man könnte es weniger offensichtlich arrangieren. Ich denke da an einen Brand oder Ähnliches.«
Govan antwortete nicht. Mit ausdrucksloser Miene rauschte er hinaus und ließ die Tadca mit seinem Berater ratlos zurück.
»Was wird er wohl unternehmen?«, überlegte Zvatochna. »Ich fürchte um Krutor.«
Nesreca setzte sich neben sie und goss sich in aller Ruhe vom Tee ein. »Nein, sorgt Euch nicht, Hohe Herrin. Er wird in die Verlorene Hoffnung gehen und das an den Verbrechern auslassen, was er eigentlich mit seinem Bruder beabsichtigte.« Gelassen steckte er sich ein Stück Gebäck in den Mund. »Anschließend zapft er die magischen Reservoirs der eingesperrten Cerêler ab, um das Verbrauchte … aufzufüllen? Oder was immer er sonst damit unternimmt.«
Sie blickte den Konsultanten an. »Das klingt, als wäre das der übliche Tagesablauf, seit ich weg gewesen bin?«
»Man kann es so nennen, ja, Hohe Herrin«, bestätigte er ihre Ahnung. Er nahm sich etwas Zeit, bevor er weitersprach. »Die Untertanen machen sich Gedanken über den Verbleib der Heiler. Man sah sie einreisen, aber nicht mehr weggehen. Andere Cerêler zogen ihr Vorhaben, nach Ulsar zu kommen, unerwartet zurück. Es scheint, als hätte sie jemand davor gewarnt, einen Fuß in die Hauptstadt zu setzen.«
»Wie viele hält er gefangen?«
»Er nennt es ›beherbergen‹«, stellte Nesreca richtig. »Insgesamt dürften es zwanzig gewesen sein; drei davon starben, weil er ihnen zu viel von ihren Fertigkeiten entzog. Mittlerweile scheint er die passende Dosierung herausgefunden zu haben, damit sie seinen Raub überleben. Der Hohe Herr hat mich damit beauftragt, die restlichen Cerêler in seinem Reich aufspüren und hierher bringen zu lassen.« Er neigte sich vertrauensvoll zu ihr. »Habt Ihr
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