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Die Quellen Des Bösen

Die Quellen Des Bösen

Titel: Die Quellen Des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Perdór den Rand der künstlich geschaffenen Schneise erreichte und im Dickicht verschwand.
    Der Anfang ist gemacht. Lodrik umrundete den letzten Baum, der wirkte, als hätte er die anderen Pflanzen alle umgestoßen und vernichtet, um im Mittelpunkt zu stehen. Dort steckte das Henkersschwert in der Wurzel, die Symbole glommen in der Dunkelheit.
    Er zog seinen Dolch aus dem Gürtel, raffte den rechten Ärmel hoch. Ein mit unterschiedlich frischen Narben übersäter Unterarm kam zum Vorschein.
    Die Spitze der Waffe ritzte über die Innenseite des wachsbleichen Fleisches, bis die ersten roten Blutstropfen hervorquollen. Er lehnte sich an den Stamm, streckte die Rechte waagrecht vom Körper.
    Das Zeichen wurde verstanden.
    Sofort flammten die Seelen auf und stürzten sich eine nach der anderen auf die Stelle, um sich ihren Lohn für ihre Dienste zu nehmen, bevor sie in die Klinge einfuhren.
    Erschöpft sank Lodrik an der rauen Borke hinab, bis er am Boden kauerte. Die Fütterungen seiner Diener schwächten seinen abgemagerten Leib zusätzlich.
    Ich muss unbedingt eine Weile zur Ruhe kommen. Sonst überstehe ich einen Kampf mit Govan nicht.
    Der Preis seiner zunehmenden Entkräftung war die Enthüllung sämtlicher Geheimnisse des Hinrichtungsschwertes sowie der Seelen, die er befehligte ­ und deren volle Macht er Perdór nicht gezeigt hatte.
    Und nicht zeigen würde.
    Seine Abscheu vor dem neuen Verbündeten wäre danach sicherlich zu groß, um ihn an seiner Seite haben zu wollen.
    Ein Zelt war neben dem Westtor errichtet worden, damit die anberaumte Besprechung mit dem Unbekannten nicht vor aller Augen und Ohren geführt werden musste. Zudem setzte ein Nieselregen ein, vor dem die Stoffbahnen Schutz boten. Mehrere kensustrianische Wachen hatten um die Unterkunft herum Stellung bezogen.
    Die kleine Delegation harrte unter einem Baldachin aus und spähte in die anbrechende, diesig graue Dämmerung, um den Gast rechtzeitig zu sehen und zu begrüßen.
    Soscha, Perdór, Stoiko und Fiorell gaben sich Mühe, ruhig zu wirken. Allerdings hatte die schaurige Schilderung des ilfaritischen Königs Spuren an ihrem Nervenkostüm hinterlassen. Lediglich Moolpár der Ältere machte einen wirklich gelassenen Eindruck.
    Der Wind frischte plötzlich auf. Die Brise strich um das Zelt, wehte um die Männer und die Frau, bewegte den Ledervorhang am Eingang hin und her, ehe sie sich wieder legte.
    »Geister«, flüsterte Fiorell und tat übertrieben verängstigt, um sein eigenes Unbehagen zu überspielen. »Er schickt bestimmt seine Geister, um sich umzuschauen.«
    Die Ulsarin erschauderte, zog ihren Umhang fester um die Schultern. Sie erkannte keinerlei magische Regsamkeit. Entweder es handelte sich bei dem Zug um einfache Luft, oder aber der Fremde griff auf eine Magie zurück, die sie nicht erkannte. Was sie beunruhigend fand. Es würde all ihre Theorien über den Haufen werfen.
    Ein sehr schlanker Mann kam die Straße entlang, der von Perdór sofort als der »Meister« erkannt wurde. »Das ist er«, setzte er seine Begleiter leise in Kenntnis. Gespannt warteten sie ab, dass er sich ihnen näherte.
    Die Gugel verbarg den größten Teil des nun glatt rasierten Gesichtes, die Hände steckten in den Ärmeln seiner weiten Kleider. Auf dem Rücken trug er einen schweren Seesack, seine Hosen und Stiefel verrieten, dass er lange unterwegs gewesen sein musste und sich selten in sauberer Umgebung aufgehalten hatte. Der Schmutz und die Erde aus allen möglichen Reichen, die er durchquert hatte, um nach Kensustria zu gelangen, hafteten an ihm und bedeckten Leder und Stoff. Der an seinem Umhang abperlende Regen löste den Dreck, braune Tröpfchen fielen zu Boden. Obwohl alles an ihm an einen mittellosen Wanderer erinnerte, schritt er auf die Abordnung wie ein Staatsmann zu. Nichts verriet Unsicherheit.
    »Schön, dass Ihr gekommen seid«, begrüßte ihn Perdór und streckte die Hand aus.
    Im Gegenzug verbeugte sich der Unbekannte leicht, die Arme blieben, wo sie waren. »Ich freue mich, dass meine Offerte wenigstens mit allen Beteiligten durchgesprochen wird.«
    Der ilfaritische König senkte die Finger und stellte den Rest der Delegation vor.
    Der Mann nickte ihnen zu, wie man dem Wackeln der Gugelkappe entnehmen konnte, und folgte ihnen ins Innere des Zelts. Dort nahm man Platz.
    Der Fremde wiederholte sein Angebot, das er schon Perdór unterbreitet hatte, und wartete die Reaktion der Anwesenden ab.
    Stoiko versuchte, unter die Kapuze zu schauen.

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