Die Quellen Des Bösen
solchen Kähnen fahren kann.« Schnell presste er ein Taschentuch vor den Mund und schluckte das, was sich in einem unachtsamen Moment den Weg nach oben gebahnt hatte, wieder runter. »Ich habe mit Sicherheit etliche Pfund an Gewicht verloren.«
»Würdet Ihr etwas Gescheites essen und Euch ab und zu einen Löffel Tran gönnen«, an dieser Stelle hechtete Tokaro förmlich zur Reling und übergab den halbverdauten Zwieback den Fischen, »… würde Euch nichts fehlen.« Der Rogogarder klopfte ihm aufmunternd auf den Rücken. »Wie macht Ihr das eigentlich beim Reiten? Tragt Ihr da einen Hafersack um?«
Der Ritter spuckte, rülpste unglücklich und richtete sich auf. »Ich schwöre Euch, dass alle wilden Ritte, die ich hinter mich brachte, nichts hiergegen sind. Angor weiß schon, warum wir ein Orden sind, der zu Land kämpft und nicht zu Wasser.«
»Dafür kenne ich keinen Seemann, der richtig gut reitet«, zwinkerte ihm der Kapitän zu und kehrte ans Steuerrad zurück, um den Männern bei der Navigation zu helfen.
Tokaro wankte auf das Hauptdeck hinunter. Noch nie in seinem ganzen Leben hatte er sich so hundelend gefühlt. Die ständige Übelkeit hatte ihm die Ehrenbezeichnungen »Ritter Wellenbrech« und »Ritter Reling« bei der Mannschaft eingebracht, die sich ansonsten in kameradschaftlicher Weise mit ihm beschäftigte, zumal er mit anpackte, wo immer es ihm als Landratte möglich war, beispielsweise beim Betätigen des Ankerspills, der den mehr als eine Tonne schweren Anker nach oben hievte.
Das honorierten die Rogogarder durch anerkennende Blicke und einen großen Schluck Weinbrand. Erstaunlicherweise brachte der Alkohol ihm etwas Erleichterung, auch wenn er mehr als einmal Kopfweh davon bekommen hatte.
Tokaro sah die Varla als ein Schiff der Gesetzeslosen. Die Rogogarder waren besiegt, er wurde gesucht, und keine von beiden Parteien brachte dem Kabcar sonderliche Zuneigung entgegen. Und das verband die Piraten und den Ritter in seinen Augen auf ganz besondere Weise.
An den vielen Abenden, die er in der Runde der Piraten verbrachte, hatte er erfahren, dass sich die Gefährtin des Kapitäns auf Verbroog befunden hatte, während die Insel gestürmt worden war. Entsprechend befand sich Rudgass in Sorge um das Wohl der Frau, glaubte jedoch fest daran, dass sie sich entweder vor den Eroberern verborgen hatte oder geflüchtet war.
An Bord befanden sich neben zahlreichen Rogogardern auch einige Männer aus Tarvin, deren Äußeres sich leicht von dem herkömmlichen Ulldarter unterschied. Sie gehörten zur Stammbesatzung und hatten offensichtlich Rudgass’ Liebste aus ihrer Heimat begleitet.
Was der Freibeuter ausgerechnet jetzt in Kalisstron suchte, verschwieg er dem jungen Ordensritter. Tokaro wusste lediglich, dass er auf der Suche nach verschollenen Freunden war, die sich unter Umständen in Bardhasdronda aufhielten. Oder in einer anderen kalisstronischen Stadt.
Sie entdeckten eine weitere Gemeinsamkeit. Beide kannten den alten Kabcar, Lodrik Bardri¢. Als Torben die Geschichte seiner misslungenen Rettungsaktion in Granburg erzählte, bei der er einen Teil seines Gebisses eingebüßt hatte, berichtete Tokaro im Gegenzug von seiner Vergangenheit als Rennreiter des Herrschers.
Der junge Krieger bewunderte den schlitzohrigen, draufgängerischen Kapitän, der unterwegs noch die Zeit fand, ein palestanisches Handelsschiff aufzubringen, das geglaubt hatte, sich auf einer sicheren Route zu befinden. Die Schätze fassweise Pulver und etliche Kanonen sowie Proviant lagerten nun sicher im Laderaum der Varla .
Wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, sein Essen von sich zu geben, so verfügte Tokaro während der Fahrt über genügend Muße, um über die Vergangenheit nachzudenken.
Immer wieder schwor er Rache für den Tod des Großmeisters, immer wieder entstand das liebreizende Gesicht Zvatochnas in seinen Träumen. Jetzt, wo er sich sicher war, dass sie etwas für ihn empfand, war zugleich der letzte Funken Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft erloschen. Ich kann nicht einmal in ihre Nähe, ohne sofort verhaftet zu werden. Bardri¢ und Nesreca würden ihr Fett abbekommen, das schwor er Angor ebenfalls mehrfach. Wobei es sich nicht gerade ungefährlich gestaltete, bei heftigem Wellengang nach dem Gebet die Blutrinne der aldoreelischen Klinge zu küssen.
Er hatte seinen Gott außerdem gebeten, Rudgass seine Freunde auf Anhieb finden zu lassen, damit sie schnell nach Tarpol zurückkehrten. Er brannte
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