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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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Gegenteil. Wie die anderen trug er Thermokleidung und dazu einen auffälligen apfelgrünen Schal, der seinen Hals umhüllte und sein aristokratisches Auftreten betonte. Er sprach relativ flüssig, so als würde ihm der Sauerstoffmangel auf dieser Höhe nichts anhaben, und seine Bewegungen wirkten geschmeidig.
    » Jetzt kann ich bestätigen, dass alles stimmt, was ich über dich gehört habe«, fügte er erstaunt hinzu, ohne den Blick von mir zu nehmen.
    » Das ist William Faber, meine Liebe«, stellte Sheila vor, der meine Verwirrung nicht entgangen war. » Dein Schwiegervater.«
    ›Bill Faber?‹
    Ich benötigte einen Moment, um die Information zu verarbeiten.
    ›Der Mann, der nicht zu meiner Hochzeit kommen wollte?‹
    Eine Flut düsterer Bilder stieg aus meinen Erinnerungen hoch und ließ das Blut in meine Schläfen schießen.
    ›Der Vater, der niemals seinen Sohn angerufen oder sich für ihn interessiert hat? Der Mann, der wegen der Arbeit in die Staaten gezogen war und der Sheila und Daniel damit beauftragte, John Dees Steine zu erforschen? Was hatte er hier verloren?‹
    Der alte Mann klopfte mehrmals mit seinem Stock auf den Boden. Er kam zu mir und reichte mir mit einer Kraft und einer Wärme, die mich überraschten, beide Hände. Seine Präsenz war beeindruckend. Ich musste trotz sämtlicher Vorbehalte zugeben, dass dieser Mann etwas Besonderes ausstrahlte. Eine Würde wie auf diesen mittelalterlichen Darstellungen, auf denen die Pantokraten von ihrem steinernen Tympanon aus die Welt richten und sich dabei selbst jenseits von Gut und Böse positionieren. Ich nehme an, dass zu diesem Eindruck auch beitrug, dass Bill, obwohl er gebeugt ging und man ihm sein Alter deutlich ansah, fast einen Kopf größer war als ich und sein bleiches Gesicht nicht einmal Altersflecken zeigte. Er war ein anziehender Mann. Wie ein Magnet.
    » Dann müssen Sie auch einer von diesen Engeln sein…«, flüsterte ich.
    William Faber lachte.
    » Ich will, dass du etwas siehst, liebe Julia. Ich habe viele Jahre darauf gewartet, es dir zeigen zu können…«
    Weiterhin hinkend, aber bestens gelaunt, führte mich der alte Mann in den am tiefsten gelegenen Bereich der Gletscherhöhle. Etwas abseits von der Mündung des Eistunnels gelegen, ragten die Wände zehn Meter hoch und verjüngten sich zu einem kleinen Loch, durch das man den Himmel sehen konnte. Hier war ein Surren zu hören, das mir bekannt vorkam. Eine der Wände hier war keine Eiswand. Dunkel, mit einer geometrisch perfekten Form, sah sie eher wie ein Felsvorsprung aus. Davor waren mehrere Klapptische aus Metall aufgestellt, auf denen alle möglichen elektrischen Geräte standen.
    ›Ein Labor? Auf einem Fünftausender?‹
    Ich musste schlucken.
    Ich konnte mehrere Rechner erkennen– daher also das vertraute Surren–, ein digitales Barometer, einen Thermographen, einen Seismographen, ein Gravimeter, einen Turm zur Datenspeicherung, ein Satellitenkommunikationssystem, das an eine röhrenförmige Antenne angeschlossen war, und vor allem ein Mischpult, dessen Anschluss in ein Netz von Lautsprechern mündete, die vor der Felswand standen, deren Funktion ich mir aber nicht erklären konnte. Zwei große Säulen aus PVC und Stahl führten dem Ensemble Wärme zu, während ein Generator in der Größe eines Kühlschranks die Stromversorgung leistete.
    Ich blickte erstaunt zu Bill Faber.
    » Daran hat Martin gearbeitet, seit er in die Türkei gekommen ist, meine Liebe«, sagte er.
    » Daran? Und was ist das genau?«
    » Diese Wand«, erklärte er nun, während er seinen Stock hob und damit gegen die Wand pochte, » ist Teil der Brücke von Noahs berühmtem Schiff, Julia. In den Eisschichten von vierzig Grad unter null konserviert, wartet es nun schon seit viertausend Jahren auf uns.«
    Bill wartete ab, dass der Inhalt seiner Worte sich allmählich bei mir setzte. Dann führte er weiter aus:
    » Es ist ein Wunder, dass es sich in einem so guten Zustand befindet. Der ewige Schnee hat nach und nach seine Struktur versteinert. Und die ursprüngliche Zellulose in das verwandelt, was wir nun vor uns haben: Holz, das so fest wie ein Felsen ist. Oder besser gesagt, einen Felsen, der ein wenig dem Holz ähnelt.«
    » Die Arche…«, sagte ich staunend. Obwohl ich sie nun vor Augen hatte, kostete es mich Mühe zu glauben, dass sie es tatsächlich war.
    » Der Innenraum ist versiegelt, meine Liebe«, stellte Bill klar. » Man kann sich nur mithilfe einer explosiven Ladung Zutritt verschaffen,

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