Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
Vom Netzwerk:
aber das wäre Selbstmord. Die Druckwelle würde uns unter Tonnen von Eis und Fels begraben, noch ehe wir auf der Suche nach einem Ausgang nur eine Bewegung machen könnten.«
    Ich versuchte mir eine Vorstellung von den Abmessungen dieser Wand zu machen. Zu sehen war nur ein Abschnitt von etwa sechs oder sieben Metern Länge.
    » Wir haben Jahrzehnte gebraucht, bis wir sie gefunden haben«, erklärte Bill Faber weiter. » Zuletzt waren die Russen hier. Sie haben sie im Sommer 1917 entdeckt, und zwar weil in dem Jahr die hohen Temperaturen dazu führten, dass Teile des Gletschers schmolzen, in dem wir uns befinden. Damals machten die Soldaten des Zaren die Entdeckung, die uns am meisten interessiert. Etwas, was für unser Ziel essentiell ist: eine Inschrift.«
    Ich spürte, wie sich meine Gesichtsmuskeln anspannten.
    » Was für eine Inschrift, Mr Faber?«
    Der alte Mann fuchtelte mit seinem Stab in der Luft herum und ging ein wenig nach rechts. Keine fünf Schritte, aber genug, um den Teil des Schiffes zu erreichen, der die deutlichsten Erosionsspuren aufwies. Dort, über dem, was wie das Profil einer Tür aussah, die wer weiß wann versiegelt worden war, konnte man die Umrisse von vier merkwürdigen Zeichen entdecken. Es war allerdings schwierig, sie zu erkennen, wenn einen niemand auf die Stelle hinwies. Die Farbe hob sich nicht von der übrigen Wand ab und der Winkel, in dem das Sonnenlicht darauf fiel, trug auch nicht gerade dazu bei, sie hervortreten zu lassen.
    Von Neugierde getrieben, beugte ich mich vor, um sie aus der Nähe zu betrachten. Ich konnte mit dem Zeigefinger darüberfahren.

    » Erkennst du sie wieder?«
    Ich gab keine Antwort.
    » Man sagt, dass der ursprüngliche Name Gottes so geschrieben wird«, meinte er lächelnd. » Und dass die Buchstaben ihre gesamte Kraft entfalten, wenn jemand sie richtig ausspricht. Martin glaubt, dass sie eine Art Schlüssel darstellen. Eine Klingel, die, wenn wir sie richtig betätigen, uns den Zugang zum Inneren der Arche öffnen könnte.«
    » Und was erwarten Sie darin vorzufinden?«
    » Eine Metapher.«
    In der Erwartung weiterer Erklärungen wandte ich den Blick von der Wand ab.
    » Ein Symbol, Julia«, legte der alte Mann nach. » Wir wollen die Leiter haben, die Jakob gesehen hat, und auf ihr an den Ort zurückkehren, der uns zusteht. Das ist alles.«
    » Und wie soll diese Leiter sein?«
    » Es geht bestimmt um eine elektromagnetische Besonderheit, die bei einer Anrufung mit diesen Buchstaben aktiviert wird. Ihre akustische Frequenz wird sie in Gang setzen, wie ein Passwort, wie ein Schalter. Aber alles hängt von der korrekten Aussprache ab. Vom Klang und davon, dass die Adamanten ihr Signal verstärken.«
    » Und dafür benötigen wir dich!«
    Diese Worte kamen nicht von dem alten Faber. Der Ruf hallte an den Wänden der Höhle wider, und es zog mir den Magen zusammen. Die Stimme drang vom oberen Teil der Wand herab und zwang mich instinktiv nach oben zu sehen. Dort, in drei Meter Höhe, in der Nähe des äußeren Bereichs des Gletschers hängend, sah ich ihn.
    » Martin!«
    Es schnürte mir die Kehle zu. Mit einem wasserdichten roten Overall und einem weißen Jersey-Rollkragenpullover bekleidet, versuchte Martin sein bezauberndstes Lächeln aufzusetzen, während er das Seil an seinem Klettergurt festhielt und sich abseilte.
    » Julia! Da bist du ja endlich!«
    Noch bevor ich wieder Luft holen konnte, umfing er mich mit den Armen und schüttelte mich begeistert.
    » Martin… Ich…« Ich versuchte mich loszureißen. » Ich brauche eine Erklärung…«
    » Die wirst du bekommen, Chérie!«
    Dieser Martin hatte nichts mit dem Mann auf dem Videoclip zu tun. Er war euphorisch, kraftstrotzend und energiegeladen. Weder in seinem Gesicht noch an seinen Händen konnte ich die Spuren der Gefangenschaft entdecken, die ich auf der Aufnahme gesehen hatte.
    » Ich hoffe, du verzeihst mir«, flüsterte er mir ins Ohr, während er mich sanft auf dem Boden absetzte. » Ich brauche dich unbedingt für diesen Moment! Und du bist tatsächlich gekommen!«
    Ein Schwall gemischter Gefühle erfüllte meinen Brustkorb. Ich atmete tief durch, hielt die Tränen zurück und versuchte Ruhe zu bewahren. Die vertrauten kantigen Gesichtszüge und die goldenen Locken des Mannes, dem ich ewige Treue geschworen hatte, machten es mir nicht leicht. Mein Gott. Schließlich hatte er mich getäuscht.Und dennoch bat er mich nach wie vor um meine Hilfe!
    » Ich…«, stammelte ich. » Ich weiß

Weitere Kostenlose Bücher