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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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dies Noahs erste Worte waren, als er aus der Arche stieg und das Festland betrachtete: ›Erevats!‹ ›Das ist es!‹ Und ganz in der Nähe liegt das Dörfchen Sharnakh, das bedeutet ›Dorf des Noah‹. Oder Tabriz, ›das Schiff‹. Im Umkreis von einhundert Kilometern gibt es viele Beispiele…«
    Doch ich konzentrierte mich auf meine Füße und schenkte seinem Wortschwall kaum Beachtung.
    Wir kamen weiterhin nur im Schneckentempo voran. Wir hatten mit dem Schneetreiben und mit der Steigung zu kämpfen, aber auch mit der Lahmheit, zu der uns Daniel Knight und Ellen Watson nötigten, die sich als unbeholfener entpuppten, als es die anderen in der Gruppe für möglich gehalten hatten. Insofern verspürte ich große Erleichterung, als wir nach drei Stunden endlich vor einer gewaltigen Felswand anhielten. Die Felswand war beeindruckend. Sie war von fast senkrechten Narben durchzogen, die von einigen waagrechten Rissen gekreuzt wurden. Die heftigen Windböen brachten sie zum Flüstern. Die niedrig stehenden Wolken ließen uns nicht erkennen, wo sie endete, zugleich kamen wir uns wie Ameisen zu Füßen eines Wolkenkratzers vor. Wir begriffen, dass sie das Ende von etwas bildete, das wie eine versteinerte Welle aussah, doch Dujok erklärte uns sofort, dass diese Welle eigentlich ein gigantischer Gletscher sei.
    » Wir sind da!«, verkündete er.
    » Wirk…lich?«, keuchte Ellen.
    Dujok rammte seinen Stock ins Eis und konsultierte sein GPS .
    » Ja«, war seine lakonische Antwort.
    » Ach ja?« Das mehr als überschaubare Panorama, das sich vor uns auftat, konnte nicht enttäuschender sein. Ich wurde ungeduldig. » Und wo ist er?«
    » Sie werden sie gleich sehen.«
    » Nicht die Arche«, protestierte ich. » Wo ist Martin?«
    Diesmal gab Dujok keine Antwort. Er berührte seine vereisten Schnauzbarthaare, so als wollte er sie wieder in ihre ursprüngliche Form trimmen, und während er sich aus unserer Gruppe löste, griff er zu einer Taschenlampe, um sich der Steilwand vor uns zu nähern.
    » Wohin gehen Sie?«, brummte Ellen hinter mir.
    » Zu den Antworten auf Ihre Fragen, werte Damen!«, erwiderte er schließlich und verlor sich im Nebel.
    Damals konnte ich mir kaum ausmalen, dass uns fremde Augen mit einem Infrarot-Feldstecher beobachteten.

92
    » Das ist der Eingang zu einer Eishöhle! Bestimmt!«
    Die Feststellung von Nicholas Allen, der das Fernglas immer noch dicht an seine Wangen hielt, konnte Tom Jenkins keineswegs beruhigen. Dessen Kiefer war steif vor Kälte und in der Thermokleidung fühlte er sich einfach unwohl. Die Outdoor-Ausrüstung, die sie in D o ˇ g ubeyazit geliehen hatten, war zwar mit das Bes te auf dem Markt– Polar-Jacke von North Face, Gletscherbrillen mit UV -Schutz, Handschuhe von Marmot–, doch der hastige Aufstieg zum Gipfel hatte ihn ausgepowert und in seinem Körper machte sich ein deprimierendes Gefühl der Niederlage breit. Seine Mutlosigkeit hatte aber auch einiges damit zu tun, dass ihre Mobiltelefone keinen Empfang mehr hatten– irgendwie schien einfach kein Elektrogerät in unmittelbarer Nähe des Ararat funktionieren zu wollen. Colonel Allen beschloss jedenfalls, nicht weiter darauf einzugehen. Den Agenten beunruhigte weitaus mehr, dass die Polizei ihre Waffen beschlagnahmt und ihnen zwei Führer zur Seite gestellt hatte, um sie im Auge zu behalten. » Sie müssen das verstehen«, hatte man ihnen auf dem letzten Posten der türkischen Polizei erklärt. » Der Ararat ist immer noch ein heikles Gebiet. Wir zeigen in dem gesamten Gebiet Militärpräsenz. Falls Ihnen bei Ihrem Aufstieg etwas zustoßen sollte, wären unsere Soldaten zur Stelle, noch ehe Sie selbst es bemerken.«
    » Wie bitte, sie haben vor einer Höhle Halt gemacht?«, murrte Tom in Unkenntnis der Gedankengänge seines Landsmannes.
    » Es sieht so aus, als würden sie sich darauf vorbereiten hineinzugehen…«, stellte Nick Allen nun fest.
    » Wie viele Menschen sehen Sie, Colonel?«
    » Ich kann fünf erkennen. Vielleicht auch sechs. Einige sind mit Pistolen bewaffnet. Ich sehe eine… nein zwei Schnellfeuerwaffen. Ich hoffe, sie kommen nicht auf die Idee zu schießen. Sie würden damit eine Lawine auslösen…«
    » Können Sie jemanden erkennen?«
    » Nein. Aber ich würde wetten, dass die Frau, die gerade hineingeht, Julia Álvarez ist. Ja, das sind sie, ganz gewiss. Kein Mensch sonst wäre so verrückt, hier im November hochzusteigen.«
    Nach einer kurzen Pause meinte er noch:
    » Ist Ihnen aufgefallen, was

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