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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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einzige Frage.
    » Martin wurde von dieser Wolke verschlungen, Julia. Er ist verschwunden.«
    Es schnürte mir die Kehle zu. Tom und Ellen warteten angespannt, wie ich auf diese Information reagieren würde. Doch das tat ich nicht.
    » Was ist mit Colonel Allen?«, fragte ich jedoch bloß.
    » Er ist verletzt. Er hat bei Ihrer Rettung einige Prellungen und Verbrennungen erlitten, aber es geht ihm den Umständen entsprechend gut.«
    » Und was ist… mit den anderen?«
    » Alle Engel sind verschwunden.«
    » Was soll das bedeuten?«
    » Dujok, Daniel Knight, Sheila… Alle. Die Wolke hat sie mitgenommen.«
    » Die Leiter!«
    » Wie bitte?«
    » Die Jakobsleiter«, flüsterte ich. » Die Leiter hat sie mitgenommen. Gütiger Gott!« Ich spürte, dass mir fast die Worte im Hals stecken blieben, als ich über Martins Schicksal nachdachte. » Es hat funktioniert! Begreifen Sie doch! Sie haben es geschafft … Sie haben ihr Ziel erreicht!«
    » Sie haben es geschafft? Was haben sie geschafft?« Jenkins zuckte mit den Schultern, als wisse er immer noch nicht, worum es ging. Ich denke, die beiden hatten erwartet, dass ich in Tränen ausbrechen oder eine ähnliche Gefühlsreaktion zeigen würde.
    » Julia hat recht. Sie sind nach Hause zurückgekehrt, Tom«, kam mir Ellen zu Hilfe.
    » Mein Gott! Ihr zwei seid ja wohl von Sinnen«, brummte Jenkins, während er erstaunt feststellte, dass sein Satellitentelefon endlich wieder Empfang hatte. » Bei dem verdammten Erdbeben ist wohl auch euer Verstand flöten gegangen.«

100
    Im Oval Office im Weißen Haus ging es zu wie im Bienenkorb. Seit dem Telefonat mit seinem Freund Andy Bollinger hatte Roger Castle keine Minute Zeit verloren. Techniker hatten die bequemen Chesterfield-Sofas aus der Mitte des Raumes entfernt und dort einen Tisch mit Bildschirmen aufgestellt, so dass der Präsident mit den entscheidenden Institutionen eine Videokonferenz abhalten konnte. ›Beobachten und beten‹, fiel ihm wieder ein. Castle hatte strikte Order erteilt, den National Security Council noch nicht zu informieren, und deshalb lehnte er es auch ab, den Situation Room im Untergeschoss zu nutzen, der für derartige Notfälle eingerichtet war.
    Das Oval Office war besser geeignet. Es war vertrauter.
    Hier konnte der Präsident von seinem Schreibtisch aus verfolgen, was vor sich ging, und zwar sowohl im Satellitenbeobachtungszentrum des Goddard Space Flight Center, bei der riesigen VLA -Anlage in Socorro, im National Reconnaissance Office und sogar bei der National Security Agency. Alle beobachteten bereits seit fast einer halben Stunde mit versteinerten Mienen die Ereignisse in der Ionosphäre. Alle waren, in gewissen Abstufungen, über die Existenz der Steine und sogar über das Elias-Projekt in Kenntnis gesetzt worden. Ebenso wie der Verteidigungsminister und der Vizepräsident, die mit dem gleichen verblüfften Gesichtsausdruck die Ereignisse auf den Monitoren verfolgten wie das Staatsoberhaupt.
    » Solange wir die Tragweite der Krise nicht einschätzen können, sollten wir besser mit Bedacht handeln«, hatte Castle die Lage kommentiert.
    Andrew Bollinger– vielleicht der Spezialist in dieser so heterogenen Gruppe, der die wenigsten Zusatzinformationen besaß– hatte mit seiner Prognose absolut richtig gelegen. Deshalb hatte man auch ihn mit einbezogen. Und deshalb erwarteten alle anderen Beteiligten seine abschließende Beurteilung. Der Protonenregen, von dem Bollinger vorausgesagt hatte, dass er sich mit einer weitaus höheren Geschwindigkeit als üblich zur Erde bewegen würde, entlud tatsächlich seine gesamte Energie über dem Ararat.
    » Also, Dr. Bollinger«– Castle vermied es in der Runde, seinen Freund mit Vornamen anzusprechen–, » Ihr Sturm ist eingetroffen. Was denken Sie, passiert nun?«
    Bollinger räusperte sich.
    » Es gibt keinen Präzedenzfall für einen radioaktiven Sturm dieser Kategorie, Mr President. Zum letzten Mal haben wir so etwas 1989 registriert. Doch der Sturm damals war sechzehn Mal schwächer und hat dennoch große Generatoren durchbrennen lassen, zwei unserer Militärsatelliten zerstört und noch dazu eine uns nicht bekannte Anzahl russischer Satelliten in den Umlaufbahnen. Aber vor allem hat er sechs Millionen Kanadier im Dunkeln sitzen lassen. Dieser Sturm wird schlimmer sein. Viel schlimmer.«
    » Wie sieht unsere Schadensbilanz bis jetzt aus?«, fragte Roger Castle mit besorgter Miene in Richtung der übrigen Bildschirme, ohne auf die soeben erhaltene

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