Die Rache Der Wache
ihn mit den Knien wegzustoßen, doch er bekam ihr Haar unter der Kapuze zu fassen, bog ihr den Kopf zurück und küßte sie mit zunehmender Leidenschaft.
Sie wehrte sich, doch dadurch fühlte sich das, was er zwischen den Händen hielt, nur noch angenehmer an. Auch schrie sie, aber kaum ein Schrei drang an seinen fest auf ihren Mund gepreßten Lippen vorbei. Während er sie an sich drückte, suchten seine Augen nach einem günstigeren Platz zwischen den zerbrochenen Amphoren und Fässern, einem Plätzchen, wo sie ungestört wären.
Plötzlich drang ein neuer Laut durch den Nebel vom Hafen und den seiner Sinne an sein Ohr: ein Schritt ganz in der Nähe. Sjekso wollte mit seinem Opfer herumwirbeln, aber kaum hatte er einen Fuß nur ein bißchen gedreht, legte sich eine Hand um sein Kinn, sein eigener Kopf wurde zurückgerissen und gleichzeitig eine scharfe Klinge an seine Kehle gedrückt.
»Laß die Dame los«, flüsterte eine Männerstimme eindringlich. Notgedrungen gab Sjekso die Frau frei und ließ die Hände sinken, während er sich verzweifelt fragte, ob er sich vielleicht durch Flucht retten könnte. Aus dem Augenwinkel sah er, wie die Frau ein paar Schritte rückwärts machte, ihren Umhang glattstrich und die Kapuze zurechtrückte. Die rasiermesserscharfe Klinge an seinem Hals und die Hand an seinem Kinn bewegten sich nicht.
Mradhon Vis hielt den Halunken fest und warf einen flüchtigen Blick auf die Dame - auf ein strenges Gesicht, dunkel im düsteren Licht der Gasse. Sie war schön. Das rührte seine romantische Seele - sein selten beeindrucktes Ich, das hauptsächlich einträglicheren Beweggründen zugängig war. »Verschwinde!« befahl er Sjekso und schleuderte den Burschen mehrere Körperlängen durch die Gasse. Sjekso plagte sich taumelnd auf die Füße und nahm Reißaus, ohne sich noch einmal umzudrehen.
»Warte doch!« rief die Dame ihm nach. Der Mann, der versucht hatte, ihr Gewalt anzutun, wirbelte herum und duckte sich, mit dem Rücken gegen eine Hauswand, unter einem vermeintlichen Schlag. Mradhon Vis, der den Dolch noch in der Hand hielt, starrte ihn sichtlich verblüfft an.
»Der Junge und ich sind alte Freunde«, behauptete die Dame, und an Sjekso gewandt: »Nicht wahr?«
Den Rücken weiterhin gegen die Wand gedrückt, richtete Sjekso sich auf und brachte eine, wenn auch wacklige Verbeugung zustande — aber auch ein Hohnlächeln, denn er hatte sein Selbstbewußtsein schnell wiedergewonnen, für den Mann, den er vom Würfelspiel an diesem Abend her kannte. Und Mradhon Vis umklammerte seinen Dolch heftiger, denn auch er kannte diesen Gauner, zumindest von Besuchen im Einhorn.
Doch sanfte Frauenfinger legten sich kaum spürbar auf seinen nackten Arm. »Ein Mißverständnis«, sagte die Dame weich und leise. »Aber habt trotzdem vielen Dank für Euer Eingreifen. Ihr seid zweifellos sehr geschickt. Kommt Ihr etwa gerade aus dem Militärdienst? Ich — ich brauchte jemanden mit - Eurem Geschick. Als Leibwächter. Ich habe öfter hier zu tun. Ich kann dafür bezahlen, wenn Ihr für mich jemanden wie Euch finden könntet, einen Freund vielleicht, der ...«
»Ich stehe zu Euren Diensten«, versicherte ihr Sjekso, diesmal mit höfischem Kratzfuß. »Ich kenne mich hier gut aus.«
Doch die Dame drehte sich nicht einmal zu ihm um. Ihre Augen galten nur Mradhon. Sie waren dunkel und glitzerten in der Nacht. »Er gehört zu jenen, vor denen ich beschützt werden möchte. Kennt Ihr jemanden, der bereit wäre in meine Dienste zu treten?«
Mradhon richtete sich zu seiner vollen Größe auf und bemühte sich, eine beeindruckende Haltung einzunehmen. »Ich habe einige Male als Leibwächter gedient. Und zufällig bin ich gegenwärtig frei.«
»Ah«, murmelte sie und legte eine Hand auf ihre Brust unter dem Umhang, der ihre weiblichen Rundüngen hervorhob. Dann wandte sie sich erneut dem verwirrten Sjekso zu, der die Gelegenheit genutzt hatte, sich in den Häuserschatten zurückzuziehen und sich auf die Gassenecke zuzubewegen. »Nein, nein, warte doch. Schließlich hatte ich dir diesen Abend versprochen, und ich möchte auch noch mit dir reden. Hab Geduld.« Mit einem Blick zurück holte sie einen Geldbeutel aus dem Umhang hervor. Sie zog das Band auf und nahm ein Goldstück heraus, das sofort Mradhons Aufmerksamkeit auf sich lenkte, um so mehr, als sie den schweren Beutel in seine Hand fallenließ. Nur die eine Münze, die wie ein Leuchtfeuer im Mondschein blitzte, hielt sie hoch, damit Sjekso sie gut
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