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Die Rache Der Wache

Titel: Die Rache Der Wache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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schwarzgewandeten Gestalt, die sich ins Innere zurückzog. Es gab wenig anderes, das er im Augenblick hätte tun können oder wollen, so zerschlagen wie er war und unfähig, klar zu denken. Er blinzelte ins Licht, stierte stumpf auf die rostrote Seide, auf das Durcheinander von Gegenständen, von denen jeder einzelne allein durch seine Schönheit die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hätte, aber so, wie sie herumlagen — wie Knochen in einem Nest — und benommen dachte er an etwas Raubtierhaftes und zuckte zusammen bei dem heftigen Schlagen von Flügeln und dem Flackern des Lichts durch die Bewegungen des großen schwarzen Vogels, der auf einem Sims an der Türwand angekettet war.
    »Ihr könnt gehen«, sagte die Frau. Sofort wurde Hanses Herz leichter. »Ihr wurdet bezahlt, kommt morgen zurück.« Da erst wurde ihm klar, daß sie zu Mradhon Vis sprach.
    »Morgen.«
    »Ja.«
    »Das ist alles? Und er soll hierbleiben?« Ein Stoß in Hanses Rücken. »Ich habe sein Messer abgekriegt!
    Ich habe ein Loch im Arm, und Ihr behaltet ihn hier und jagt mich in den Nebel?«
    »Hinaus!« befahl sie gefährlich leise.
    Zu Hanses Erstaunen wurde der ihn bedrohende Dolch zurückgezogen. So schnell sein Zustand es erlaubte, drehte er sich um, befürchtete er doch einen schnellen Stich in den Rücken, seine Hand zuckte zur Scheide am Handgelenk — er hatte das Messer in den Fingern, stand Mradhon Vis gegenüber, doch mehr brachte er nicht zustande. Dumpf sah er, wie der andere sich umdrehte und zur offenen Tür stapfte.
    »Schließt sie hinter Euch«, befahl die Dame ihm. Mradhon Vis gehorchte. Er schlug die Tür nicht zu, wie Hanse erwartet hatte, sondern schloß sie fast sanft. Hanse blinzelte. Das Amulett an seinem Hals schmerzte mehr als alle Prellungen und Blutergüsse, die er sich zugezogen hatte. Es brannte, und ihm fehlte die Willenskraft, es abzunehmen.
    Ischade lächelte ihrem Gast abwesend zu, kümmerte sich jedoch nicht weiter um ihn, da sie Wichtigeres zu tun hatte. »Peruz«, sagte sie weich, schob die Kapuze zurück, nahm die Halskette ab, trat näher an den großen Greifvögel heran — oder wer immer in dieser Gestalt stecken mochte. Mit größter Behutsamkeit gab sie die Kette in ein Kästchen, das vom Sims hing, und befestigte es an dem ledrigen Bein des Vogels. Peruz verhielt sich ungewohnt ruhig und hatte die mächtigen Schwingen angelegt. Ein letztes Mal kraulte sie seine Brustfedern, den daunenweichen Hals — sie hatte das Geschöpf in den vergangenen Wochen in ihr Herz geschlossen, wie alles, was ihr Leben teilte. Sie lächelte erfreut über die Achtung, mit der das ihr zugewandte topasfarbene Auge sie bedachte.
    »Öffne das Fenster«, wies sie Hanse an. Er bewegte sich langsam, wie in einem schlimmen Traum. »Öffne es.« Hanse gehorchte. Sie nahm Peruz die Kette ab, er flog mit rauschenden Schwingen, brauste der Dunkelheit entgegen und hinterließ einen kühlen Luftzug.
    So war er nun auf die Reise geschickt. Ihr Auftraggeber hatte nun alles, wofür er bezahlt hatte - gut bezahlt. Und sie war allein. Sie löste ihren geistigen Griff von dem Schnüffler. Sofort verriet sein Gesicht Panik, er riß das Messer in der Hand hoch. Sie hielt es an. Er blickte verwirrt, als hätte er vergessen, weshalb er das Messer überhaupt hielt. Für diese Anstrengung würde sie morgen mit fürchterlichen Kopfschmerzen bezahlen müssen, einer gefährlichen Mattigkeit, so daß sie tagelang den Wunsch haben würde zu schlafen, nichts zu tun. Gegenwärtig jedoch floß ihr Blut heiß durch die Adern, die Erregung hielt an, und das Wissen über die drohende Schlaffheit und Einsamkeit, die jeder beendeten Aufgabe folgten, hieß sie die Gelegenheit nutzen, denn sie empfand jetzt noch eine weitere Art von Erregung. Sie blickte ihren unfreiwilligen Besucher an, wußte, daß ihr momentaner Zustand dem Wahnsinn nahe war und was es kostete, ihn zeitweilig zu kurieren ...
    Anziehend. Ihr Geschmack war vielseitig, aber in diesem seltsam abgetrennten Teil ihres Verstandes freute es sie — nachdem die Aufgabe erfüllt war —, 'daß sie Mradhon hatte gehen lassen können. Statt seiner stand jetzt einer hier, der entbehrlich war — so jedenfalls sah er aus. Das war die Gerechtigkeit, die sie sich für all die Mühe verdient hatte -doppelt so süß, wenn alles zusammenkam wie jetzt, ihre Befriedigung und die letzten unsauberen Fäden eines Geschäfts zusammengebunden und gestutzt.
    Sie streckte die Hand aus, und er kam näher. Sie spürte

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