Die Rache Der Wanderhure
zurück. »Hiltrud, du?«
»Ich habe eure Pferde gesehen und gedacht, ich schaue nach«, erklärte ihre Freundin, erschrocken über den rauhen Empfang.
Dann umarmte sie Marie und kämpfte mit den Tränen. »Sie sind vorgestern gekommen und waren in der Burg, bevor die Knechte reagieren konnten. Ich vermochte nichts dagegen zu tun!«
»Wie geht es Trudi?«, fragte Marie.
»Sie ist unversehrt! Aber sie weint sehr viel, seit der Inquisitor gesagt hat, er würde ihr neuer Vater werden.«
»Das sieht Ruppertus ähnlich!«, zischte Marie hasserfüllt und musterte ihre Freundin besorgt. »Was ist mit dir?«
Hiltrud machte eine besänftigende Geste. »Mir ist nichts geschehen. Ich muss die Kerle bedienen und dafür sorgen, dass ihnen nichts fehlt. Deshalb lassen sie mich auch hin und wieder ins Dorf. Diesmal sollte ich dem Schlachter Bescheid sagen, dass er noch einige Schweine für sie schlachten und das Fleisch in die Burg liefern soll. Auf dem Rückweg habe ich eure Pferde gesehen.«
Dann erst begriff Hiltrud, welchen Namen Marie genannt hatte, und starrte sie verdattert an. »Wieso sagst du Ruppertus? Der ist doch schon lange tot!«
»Das ist er leider nicht. Der Teufel selbst muss ihn vom Scheiterhaufen weggeholt und nach Rom gebracht haben. Jetzt nennt er sich Janus Suppertur, Inquisitor des Papstes, und ist noch immer mein schlimmster Feind!«
Hiltrud war von dem Gehörten so erschüttert, dass sie kein Wort herausbrachte und Marie nur entsetzt anstarren konnte.
Unterdessen hatte auch Michel sein Schwert in die Scheide gesteckt und trat zu den beiden Frauen. »Wie dieser Ruppertus den Scheiterhaufen überstanden hat, ist derzeit nicht wichtig, denn wir haben an anderes zu denken als an die Vergangenheit. Ich muss wissen, wie es jetzt in der Burg aussieht.«
»Michel! Du lebst tatsächlich!« Hiltrud atmete erleichtert auf, sah dann das Schwert an seiner Seite und lächelte. »Thomas hat dich also doch gefunden!«
Marie drehte das Gesicht weg, damit Hiltrud ihre betroffene Miene nicht sehen konnte. »Ja«, sagte sie leise. »Thomas hat Michel das Schwert gebracht!«
»Und wo ist er jetzt?« Hiltrud sah sich in der Bootshütte um, als erwarte sie, ihr Mann würde aus irgendeiner Ecke kommen und sie in die Arme schließen.
Jetzt senkte auch Michel den Kopf. »Thomas ist tot! Er starb an der Eger. Eine Grenzwache hielt ihn für einen Feind.«
»O nein! Mein Gott, warum hast du das zugelassen?« Verzweifelt sank Hiltrud in die Knie und schluchzte.
Michel blickte auf sie hinab und verfluchte jenen Tag in Böhmen, an dem Janka unbedingt im Fluss hatte baden müssen. Wären Marat und er unter anderen Umständen auf Thomas gestoßen, hätten sie ihn wahrscheinlich gefangen genommen und verhört. In dem Fall würde Hiltruds Mann noch leben. Dann aber schüttelte er diesen Gedanken wieder ab. Nicht Janka hatte den Mann getötet, sondern Marat, und er selbst hatte sich dieser Tat auch noch gerühmt, um Eindruck auf die Komtesse zu machen.
Mit versteinerter Miene begann er, seine Rüstung festzuziehen, steckte das Schwert in die Scheide und nahm Pfeil und Bogen an sich.
Marie sah es und fasste ihn am Arm. »Willst du jetzt schon aufbrechen?«
»Ich will diesem Ruppertus und Hettenheim die Rechnung präsentieren. Sie ist mittlerweile sehr lang geworden, denn jetzt gehört auch Thomas mit dazu. Mich wundert nur eines: Wieso war er verletzt und halb tot, als er die Eger erreichte?«
Seine Worte durchdrangen Hiltruds Trauer. »Hettenheims Männer haben ihn zusammengeschlagen. Trotzdem wollte er losreiten, um Marie zu suchen und zu beschützen und um dir dein Schwert zu bringen!«
»Auch dafür werden Hettenheim und Ruppertus bezahlen!« Mit diesen Worten trat Michel hinaus in den Regen und schwang sich auf sein Pferd. Jetzt war er wirklich der Němec, zu dem Marat ihn geformt hatte, kalt und kühn und bereit, bis zum Äußersten zu gehen.
Marie und Hiltrud sahen ihm nach und klammerten sich unter Tränen aneinander. Beide trauerten um Thomas, fürchteten sich aber gleichzeitig vor dem, was noch kommen würde. Michel mochte noch so tapfer sein, doch Hettenheim hatte seine gesamte Leibwache bei sich, und das waren ein paar Schwerter zu viel für einen einzelnen Mann.
Dies war auch Michel bewusst, aber in ihm brodelte das Gefühl, jene, die er einst geliebt hatte und die ihn noch immer liebten, durch eine Laune des Schicksals heraus enttäuscht zu haben. Dies wollte er sühnen, und wenn es ihn das Leben kostete.
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