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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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all jene Arbeiten zugeteilt wurden, die er und seine Busenfreunde Loosen und Haidhausen für unter ihrer Würde hielten.
    Ohne es zu ahnen, taten sie Michel damit einen Gefallen. Auf seinen Patrouillengängen und -ritten lernte er die einfachen Waffenknechte und die Unteroffiziere kennen und einige, wie Hettenheims Sergeanten Hannes Mühldorfer, sogar zu schätzen. Von diesem erfuhr er mehr über die Feinde, als selbst ihr Heerführer Adalbert von Sachsen wusste.
    Keinen Tagesritt weiter im Osten befand sich das Gebiet des Grafen Václav Sokolny, der auf seiner Unabhängigkeit von König Sigismund wie auch gegenüber den Hussiten beharrte. Als Anhänger der römischen Kirche hatte er eine Gruppe böhmischer und deutscher Ritter um sich geschart und verteidigte sein Territorium mit äußerster Verbissenheit. Dabei half ihm ein Waffenmeister, den nicht wenige für einen Dämon hielten. Sogar erfahrene Soldaten wurden blass, wenn die Rede auf ihn kam. Der Mann nannte sich Marat und musste den Erzählungen nach ein Sohn des Teufels sein oder gar der Satan in eigener Person.
    Nicht weniger fürchteten die einfachen Waffenknechte Fürst Vyszo, den Heerführer der Hussiten, der seine Leute östlich von Sokolny gesammelt hatte und den Grafen zwingen wollte, sich ihm anzuschließen.
    Wenn Sokolny das tat, dachte Michel, würde die Position der königlichen Truppen hier unhaltbar werden.
    Mit diesem Gedanken beendete er seinen Erkundungsritt und hielt auf das Feldlager zu. Es dämmerte bereits, und die Lagerfeuer wiesen ihm den Weg. Da er den ganzen Tag im Sattel verbracht hatte, war er rechtschaffen müde. Das mochte ebenso zu seiner schlechten Laune beitragen wie das Wissen, dass er viel länger von Marie und Trudi getrennt sein würde, als er beim Abschied von ihnen angenommen hatte.
    Der Feldzug gegen die Hussiten zog sich schier endlos dahin, und wenn die kaiserlichen Truppen glaubten, einen Vorteil errungen zu haben, ging dieser an einer anderen Stelle wieder verloren. Es war, als drehten die drei beteiligten Parteien sich im Kreis. Sokolny konnte sich als Katholik nicht den ketzerischen Hussiten anschließen, aber auch nicht dem König, da er befürchten musste, Fürst Vyszo würde ihn in dem Fall mit allem attackieren, was ihm zur Verfügung stand. Vyszo selbst scheute vor einem Großangriff auf Sokolny zurück, da er Angst haben musste, Sigismunds Armee würde ihm in den Rücken fallen.
    Da die Heerstraße nach Westen über Sokolnys Besitz führte, war dem Hussitenfürsten der Weg ins Herz des Reiches versperrt. In dieser Situation konnten auch die Truppen des Königs nichts weiter tun als abwarten, ob sich ihnen eine unerwartete Gelegenheit für einen Angriff bot. Sollten sie jedoch zu lange warten, liefen sie Gefahr, sich schmachvoll zurückziehen zu müssen.
    Michel hasste die verfahrene Situation und auch die Tatsache, dass scheinbar niemand auf Seiten der Königlichen ein Interesse daran zu haben schien, etwas an ihr zu ändern. Ein Priester hatte ihm einmal von einem Helden namens Alexander berichtet, der einen komplizierten Knoten mit seinem Schwert durchtrennt und damit einen wichtigen Krieg gewonnen hatte. So einen Mann oder wenigstens jenes Schwert hätten sie an dieser Stelle gebraucht, dachte er, während er an der Spitze von drei Waffenknechten auf die erste Postenreihe zuritt und dort wartete, bis einer der Wachen eine Fackel nahm und ihn anleuchtete.
    »Ihr seid es, Hohenstein! Wie sieht es draußen aus? Treiben sich Vyszos Halunken immer noch in der Gegend herum?«, fragte der Mann angespannt.
    »Gesehen haben wir keinen, aber ich würde darauf wetten, dass sie hier sind! Hinter jedem Busch kann einer von ihnen lauern!«
    Michel grinste, als der Mann erschrocken das Kreuz schlug. »Hinter jedem Busch? Hoffentlich nicht! In dieser Gegend gibt es nämlich verdammt viele Büsche.«
    »Na ja, vielleicht nicht hinter jedem, aber wir müssen überall mit Spähern rechnen«, schränkte Michel ein. »Sind Boten ins Lager gekommen, vielleicht vom König selbst?«
    Der Wachtposten schüttelte den Kopf. »Leider kein einziger! Aber am Nachmittag ist ein Händler erschienen, der einen Wagen voll von irgendwelchen Waffen für Hettenheim gebracht hat. Brot und Fleisch wären mir lieber gewesen. Immerhin liegen wir schon seit Wochen in diesem Lager und müssen bald neue Latrinen ausheben, weil die alten schon zum Gotterbarmen stinken. Wenn der Wind nach Nordosten weht, dürfte es Sokolnys Wachen an der Eger den Atem

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