Die Rache Der Wanderhure
die Ohren von Hettenheim und seinen Begleitern geeignet war. Jedes liebe Wort würden diese Männer zum Anlass nehmen, ihn als weichlich darzustellen und zu verhöhnen. Daher strich sie ihm über die Wange. »Ich liebe dich. Geh mit Gott!«
Mit einem letzten Blick prägte Michel sich Maries Bild noch einmal ein, denn sie würden wohl etliche Wochen aufeinander verzichten müssen. Dann schwang er sich behende auf sein Pferd, griff nach den Zügeln und sah Hettenheim an.
»Ich bin bereit!«
Der Ritter antwortete mit einem Grunzen und trieb sein Pferd an. Gunter von Loosen und Bodo von Haidhausen folgten ihm als Erste, schon um Michel zu beweisen, dass sie sich über ihm stehend fühlten. Auch einige andere Reiter drängten sich vor. Michel achtete jedoch nicht darauf, sondern winkte Thomas, Hiltrud und Trudi noch einmal kurz zu, Marie hingegen etwas länger, dann zog auch er sein Pferd herum und reihte sich zwischen den adeligen Rittern und den einfachen Kriegsknechten ein. Als die Burg hinter ihm zurückblieb, fragte er sich, was ihn in Böhmen erwarten würde. Was immer es auch sein mochte – für ihn war es das Wichtigste, den König nicht zu enttäuschen. Allerdings schwor er sich, nicht allzu wagemutig zu sein, um nicht durch Unachtsamkeit oder Torheit sein Leben und das der Männer zu riskieren, die man ihm anvertrauen würde.
Mit Zweifel im Herzen sah Marie hinter den Reitern her. Erst als diese hinter dem Hügel verschwunden waren, drehte sie sich zu Hiltrud und Thomas um. »Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber mir haben weder dieser überhebliche Hettenheim noch seine Begleiter gefallen. Ich frage mich, wie Michel mit ihnen auskommen wird. Hoffentlich schafft er es, sich gegen diese hochnäsigen Dummköpfe durchzusetzen und sich gleichzeitig vor ihnen zu hüten!«
»Die Kerle steckt Michel allemal in die Tasche«, antwortete Thomas mit einem schiefen Lachen.
Dann nahm er seine Gabel und stellte sie gegen die Stallmauer. Wenn es sein musste, würde er diese Waffe gegen jeden einsetzen, der es wagte, die Herrin auf Hohenstein und deren Tochter zu bedrohen.
11.
A uf dem Weg nach Osten schlossen sich weitere fränkische Ritter mit ihren Kriegsknechten Falko von Hettenheim an. Obwohl seine Schar zu einer stattlichen Anzahl kampfkräftiger Männer angewachsen war, stellte sie nur eines von mehreren Aufgeboten dar, die sich an Böhmens Grenzen versammelten. Neben den Franken waren auch Sachsen, Schwaben, Brandenburger und ein paar Baiern gekommen. Österreicher fehlten, denn die brauchten jeden Mann, um ihre eigenen Grenzen gegen die Hussiten zu schützen.
Michel bemerkte schon bald, dass das Heer, das Sigismund hier versammelt hatte, sich mit zwei großen Problemen herumschlagen musste: Zum einen stammten die meisten Krieger aus kleinen Herrschaften und hatten noch nie in einem größeren Verband gekämpft, und zum anderen fehlten die gut ausgebildeten Truppen der Kurfürsten und Herzöge, die den Kern des Heeres hätten stellen sollen. Außerdem war es um die Versorgung nicht allzu gut bestellt, und Kanonen und anderes Material, das für Belagerungen benötigt wurde, fehlten fast ganz.
Mit dieser Truppe ließ sich nicht einmal eine Feldschlacht gegen einen gleich starken Gegner gewinnen, sagte Michel sich besorgt. Nach allem, was er erfahren hatte, war das Heer des Hussitenfürsten Vyszo fast doppelt so groß wie das ihre. Auch hatte ein Angriff auf Burg Sokolny mit dieser Ausrüstung kaum Aussicht auf Erfolg. Bereits der Versuch einer Erstürmung würde zum Verlust des größten Teils der Krieger führen.
Dies war dem König wohl ebenfalls klar, denn er hielt sich nur drei Tage bei dem Heer auf, übergab dann das Kommando zur Enttäuschung seines Vetters Hettenheim an Herzog Adalbert von Sachsen und kehrte nach Nürnberg zurück, um von dort aus weitere frische Truppen zu sammeln und vor allem Geld aufzutreiben.
Das Heer selbst rückte nur wenige Meilen in die Waldberge auf böhmischem Gebiet vor und bezog in der Nähe der Eger ein Lager. So stellte Sigismund erst einmal sicher, dass die Hussiten in dem Moment, in dem sie die Burg des Grafen Sokolny angriffen, von seinen Truppen in die Zange genommen werden konnten.
Michel wollte die Zeit nutzen, die fränkischen Krieger im Kampf auszubilden, doch er stieß bei Falko von Hettenheim auf taube Ohren.
»Beschränkt Euch auf Eure Aufgaben und mischt Euch nicht in die Belange der Heerführer ein!«, beschied dieser ihm und sorgte dafür, dass Michel
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