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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Hettenheim sein Pferd und sah sich um. Obwohl sein eigener Besitz weitaus größer war als Hohenstein, ärgerte er sich unwillkürlich. Dieser Wirtsschwengel, wie er Michel für sich nannte, hielt die Festung in guter Ordnung. Die Mauern waren glatt, der Vorplatz sauber gefegt, und einige Dächer waren erst vor kurzem erneuert worden. Wenn Sigismund Michel Adler diesen Besitz einmal als Lehen zusprach, konnte der Kerl sich zu Recht einen wohlhabenden Mann nennen.
    Hettenheims Stellvertreter teilten die Gefühle ihres Anführers. Aus altem Adel stammend, sahen die beiden es als Zumutung an, einen Mann wie Michel als gleichberechtigten Ritter in ihrer Schar dulden zu müssen. Gunter von Loosens Besitz bestand aus einer Burg, die dem Zusammenbruch nahe war, und so fühlte er Neid auf den einstigen Konstanzer Wirtssohn in sich aufsteigen. Dieser Kerl war, wie er gehört hatte, durch die Nachgiebigkeit seiner Frau dem König gegenüber zum Burghauptmann von Hohenstein ernannt worden. Er hingegen musste zusehen, wie er seinen halbverhungerten Bauern genug abpresste, um sich eine anständige Rüstung und ein gutes Schlachtross leisten zu können.
    »Da sieht man, wozu es ein Mann bringen kann, der beide Augen zudrückt, wenn Sigismund die eigene Frau gefällt«, sagte er zu seinem Freund Bodo von Haidhausen, der ebenfalls in verbesserungswürdigen Umständen lebte.
    Haidhausen spie aus und verzog das Gesicht. »Wegen mir könnte Sigismund mein Weib rammeln, sooft es ihm beliebt, wenn dabei jedes Mal eine solche Burg als Gewinn herausspringt.«
    Damit reizte er Loosen und Hettenheim zum Lachen. Beide wussten, dass Haidhausens Gattin beinahe ebenso breit wie hoch war und mehr wog als ihr Ehemann. Außerdem war sie für ihre scharfe Zunge berüchtigt und gewiss nicht die Frau, die Sigismund sich ins Bett holen würde. In ihrer Jugend war sie eine reiche Erbin gewesen, doch Ritter Bodo hatte ihre Mitgift bei Weib und Wein sowie durch einige schmerzhafte Niederlagen bei Turnieren durchgebracht und musste nun ebenso wie Loosen darauf hoffen, seinen Beutel durch die Beute im Krieg gegen die Hussiten füllen zu können.
    Nicht zuletzt deshalb hatte Hettenheim den beiden Rittern den wichtigsten Part bei dem Auftrag zugedacht, den er von dem päpstlichen Inquisitor Janus Suppertur erhalten hatte. Nun aber galt es erst einmal, Michel Adler in seine Schar aufzunehmen. Daher sah er zu, wie dieser zusammen mit einem anderen Mann auf den Burghof trat und auf ihn zukam.
    »Jetzt, Adler, geht es in den Krieg«, begann Hettenheim, da er den Namen Hohenstein, auf den Michel ein Anrecht hatte, nicht über die Lippen brachte.
    »Willkommen auf Hohenstein, meine Herren. Wollt Ihr nicht absitzen und einen Schluck Wein trinken? Meine Frau wird dafür sorgen, dass Ihr auch etwas zu essen bekommt.«
    Unterdessen hatte Marie die Burg erreicht und hörte Michels Worte. Ihre Lust, für Graf Hettenheim und dessen Männer aufzutischen, war gering, aber um des lieben Friedens willen war sie dazu bereit.
    Doch als sie zum Palas gehen wollte, schüttelte Hettenheim den Kopf. »Dazu haben wir keine Zeit, Adler. Der König will, dass wir so rasch wie möglich nach Böhmen vorrücken. Daher steigt aufs Pferd und kommt mit. Oder seid Ihr noch nicht bereit dazu?«
    »Ich bin bereit«, antwortete Michel, obwohl er Hettenheims Eile für übertrieben hielt.
    Er hätte sich mehr Zeit gewünscht, um sich von Marie und Trudi verabschieden zu können. Da er jedoch seinen neuen Anführer nicht verärgern wollte, ging er in den Palas, um seine Sachen zu holen.
    Unterdessen musterte Falko von Hettenheim die Burgherrin, die mit ernster Miene auf dem Hof stehen geblieben war, und beneidete Michel nun ebenfalls. Während diese Frau geradezu engelhaft schön wirkte, war seine eigene Gemahlin schwerfällig und unansehnlich. Auch wuchsen dieser dichte, schwarze Haare auf der Oberlippe. Er hatte sie nur geheiratet, weil sie eine reiche Erbin war und er mit ihrer Mitgift seinen Besitz fast hatte verdoppeln können. Aber die wichtigste Aufgabe eines Weibes, ihm einen Sohn zu gebären, hatte sie bis zu diesem Tag nicht erfüllt. Dafür hatte sie ihm reichlich Töchter beschert. Den Hausgesetzen seiner Sippe zufolge konnte nur ein Mann den Besitz erben. Solange er keinen Sohn sein Eigen nannte, fiel alles einem entfernten Verwandten in den Schoß.
    Michel Adler hingegen konnte, falls Sigismund ihm ein Lehen verlieh, selbst festlegen, ob seine Tochter den Besitz einmal erben und ihn

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