Die Rache der Zwerge
seine Fracht öffnen.
Eskortiert von zehn Wächtern, ging es eine sehr lange Zeitspanne und von mehreren Rasten unterbrochen quer durch die Gänge und Hallen des östlichen Abschnitts des Roten Gebirges, bis der Tross in einer Kaverne anhielt, die den Ersten als Steinbruch diente.
»Warte hier«, wies Bendelbar ihn an. »Ich lasse Xamtys holen.« Er rief einem Wächter einen entsprechenden Befehl zu, und der Zwerg trabte los. Bendelbar meinte, wieder den Geruch von Orks in der Nase zu spüren, was keinesfalls sein konnte. Nicht hier drinnen. Er tat es als Einbildung ab.
»Was gibt es Neues im Geborgenen Land?«, plauderte Kartev und löste nacheinander die Schnallen, um die Planen und Lederhäute von den Käfigen zu ziehen. »Ich war schon lange nicht mehr hier. Hausen in Toboribor immer noch Orks?«
Bendelbar wies die übrigen Soldaten an, dem Mann zur Hand zu gehen. Nach und nach enthüllten sich die Verschlage mit den Zwergen, die im Geborgenen Land nur als Untergründige bekannt waren. Der Händler brachte ihnen zwei Dutzend. Sie drängten sich in der Mitte ihrer Gefängnisse zusammen und betrachteten ihre Verwandten misstrauisch, schweigsam.
»In Toboribor? Da tut sich schon lange nichts mehr«, gab Bendelbar abwesend zur Antwort; er konnte den Blick nicht von den Gestalten wenden. »Nach dem Stern der Prüfung ist nichts mehr von dem Bösen übrig geblieben.« »Da hört man aber ganz andere Dinge«, erwiderte Bendelbar und schwang sich auf den vorderen Teil des Wagens, wo fünf große Fässer standen. Er öffnete das linke, nahm ein paar Laibe hartes Brot heraus und warf es zwischen die Gitterstäbe; gierig machten sich die Untergründigen darüber her. »Es sollen sich seltsame Kreaturen herumtreiben, die plündern und morden.«
Jetzt schaute Bendelbar doch zu dem Mann. »Gerüchte verbreiten sich im Jenseitigen Land schnell.« Der Händler lächelte dem Zwerg zu. »Vergiss nicht, dass ich Kaufmann bin. Kaufleute sind immer leicht zu beunruhigen, weil sie um ihre Ware fürchten.« Mit einem kräftigen Sprung, dem Bendelbar dem Menschen nicht zugetraut hätte, landete er vor ihm. »Gibt es diese Kreaturen nun oder nicht?«
»Es gibt sie«, seufzte er. »Doch wir haben sie bald gefasst.« Er legte die Hand an den Griff seines Beils, das in seinem Gürtel steckte. »Du kannst unbesorgt durch ...«
Hinter ihm krachte es laut.
Ein Teil des Käfigbodens war weggebrochen, und ein Dutzend der gefangenen Untergründigen fiel unter dem Karren auf den Steinboden. Zuerst glaubte Bendelbar daran, dass das Gefährt durch die lange Fahrt und das Gewicht marode geworden war, aber als Untergründigen ohne Ketten an den Beinen nach rechts und links davonstürmten, verstand er, dass sie sich befreit hatten.
»Haltet sie!«, schrie Kartev entsetzt und fiel einem der Wächter in den Arm, der eben mit seinem Speer nach einem Untergründigen stechen wollte. »Und tut ihnen bloß nichts! Sie sind mein Eigentum, hört ihr? Ich will sie unbeschadet zurück. Ihr bezahlt mir jeden Toten teuer!«
Bendelbar stieß ihn zur Seite. »Hinterher!«, befahl er und langte nach seinem Rufhorn.
Da klappte eine Seitenwand des zweiten Käfigs weg, klingelnd und klirrend hopsten die Haltebolzen auf den Boden. Der Zwerg wurde von den Gitterstäben am Kopf und an den Schultern getroffen und niedergedrückt, während das zweite Dutzend Untergründiger sich befreite und die Wächter überwältigte. Mit den erbeuteten Waffen und Rüstungen liefen sie zu den Ausgängen der Halle.
Bendelbar konnte sich nicht rühren. Das schwere Gitter presste ihn zu Boden und ließ nicht einmal zu, dass er seine Arme bewegte, geschweige denn sein Rufhorn erreichte.
»Ich hole Hilfe«, sagte Kartev und nahm sich das Beil des Zwergs. »Nur, falls sie mich unterwegs angreifen«, erklärte er. »Du bekommst es wieder. Wo muss ich hin?«
»Mein Rufhorn«, ächzte Bendelbar. »Blas hinein.« So sehr sich der Händler bemühte, außer einem Geräusch, das wie ein nasser Furz klang, wurde nichts laut. »Sie wollen bestimmt unseren Diamanten«, ächzte der Zwerg und nickte auf den linken Gang. »Lauf und warne die Königin.«
Kartev nickte ihm zu. »Das werde ich.« Er stand auf und rannte davon, schneller als Bendelbar jemals einen Menschen hatte rennen sehen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als auf Hilfe zu warten.
Es dauerte eine ganze Weile, bis man sich um ihn kümmerte. Er hörte Rufhörner und viele aufgeregte Stimmen schallen, mal krachten Waffen gegeneinander, mal schrie
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