Die Rache des glücklichen Mannes
könnt die Anklage schriftlich abgeben, das geht in Ord nung.«
Mit feuerroten Köpfen zog sich die Amtsmacht zurück. Kavonkulma knurrte, die Vorladung werde per Post kommen. Dann stiegen die beiden in ihren Streifenwa gen und fuhren davon. Allmählich kam die Arbeit am Fluss wieder in Gang. Jaatinen sagte sich, dass es für ihn fatal geworden wäre, wenn der Kommissar nicht von seiner geplanten Verhaftung abgesehen hätte.
Am ersten Juli zahlte Jaatinen den Männern das Ur laubsgeld aus und wünschte ihnen einen schönen Ur laub. Dann fuhr er auf seinem Fahrrad ins Kirchdorf, stieg in den Linienbus und verschwand nach Helsinki.
9
Als Ingenieur Jaatinen nach dreiwöchiger Sommerpause von seinem Urlaub zurückkehrte, marschierte er schnurstracks zur Polizeistation, um Kommissar Kavon kulma zu sprechen. »Ach, Jaatinen… kommst du wegen deiner Johannisrandale? Reue nützt dir nichts mehr, du kriegst eine saftige Geldstrafe aufgebrummt, warte es nur ab.«
»Darüber und über noch ein paar andere Dinge wollte ich mit dir reden. Aber lies erstmal dieses Papier, Ka vonkulma.« Der Kommissar griff mit seinen dicken Fin gern nach dem Schreiben, das Jaatinen ihm reichte, und begann mit überheblicher Miene zu lesen. Doch bald änderte sich seine Miene grundlegend, sein Gesicht wurde dunkelrot, seine Hände begannen zu zittern, und als er zu Ende gelesen hatte, zitterte der große Mann am ganzen Körper. Jaatinen nahm sein Dokument wieder an sich. Der Kommissar stand auf und durchmaß sein Amtszimmer mit schnellen Schritten wie ein gehetztes Tier. Er zischte:
»Du willst mich erpressen. Mit dem Trick kommst du niemals durch.«
»Noch erpresse ich dich nicht, aber ich mache es ga rantiert, wenn du mir auch nur den geringsten Anlass dazu gibst. Jetzt bringe ich dieses Dokument in die Kanzlei und bitte darum, dass man es an den Polizeibe zirk schickt.«
»Das machst du nicht! Schick es nicht ab! Das war damals ein Unglücksfall.«
Jaatinens Dokument enthielt einen Bericht, dem die Aussage der verwitweten Bäuerin Reivilä zugrunde lag. Es war darin die Rede von der Neigung ihres Sohnes, geschlechtlichen Umgang mit Haustieren zu pflegen, wenn auch äußerst selten. Doch wegen dieser Neigung »drang Kommissar Paavo Uuno Kavonkulma in der Nacht auf den dreizehnten (13.) September des vergan genen Jahres, etwa gegen ein Uhr, in das Haus der verwitweten Bäuerin ein, nahm ihren Sohn mit und misshandelte ihn noch in derselben Nacht mit Fausthie ben und Fußtritten so stark, dass sein eines Auge dau erhaft erblindete. Außerdem wies der Körper des Jungen Schlagverletzungen, blaue Flecke und Schürfwunden auf.«
Das Papier trug die Unterschriften der Mutter, ihres Sohnes sowie die Pyörähtäläs und jenes dritten Mannes, der in der Zelle Zeuge des Vorfalls geworden war.
Jaatinen zerriss das Blatt. Der Kommissar freute sich. »Ha, du bist vielleicht ein Scherzbold, gräbst zum
Schein eine alte Geschichte aus, hast das Dokument aber in Wirklichkeit gefälscht und die Unterschriften selber gekritzelt, um mich zu erschrecken… Ich konnte mir schon denken, dass du es nicht ernst meinst.«
»Es war nur eine Fotokopie des Originals. Das eigent liche Dokument liegt im Panzerschrank meines Anwalts in Helsinki«, sagte Jaatinen. Er zündete die Schnipsel der Kopie an, sie verbrannten auf der Schreibtischkante des Kommissars, und schwarzer Rauch zog durchs Zimmer.
Der Kommissar setzte sich. Besorgnis erfüllte ihn wieder, sogar noch viel stärker als vorher.
Jaatinen erhob sich. »Du verzichtest auf die Geldstra fe und ziehst die Klage vor dem Amtsgericht zurück. Und dann machst du Folgendes, hör jetzt genau zu: Du lädst alle zur Vernehmung, die mich am Johannistag hierher geschleift haben und mich in den Arrest stecken wollten. Es waren mindestens zwanzig Mann. Jedem verpasst du eine Geldstrafe für öffentliche Ruhestörung, Ollonen kann als Zeuge auftreten. Mein Hemd wurde zerrissen, die Gruppe soll mir gemeinschaftlich ein neues kaufen und es mir zur Baustelle bringen.«
»Red jetzt keinen Quatsch, ich kann nicht eine so große Gruppe von Männern mit Bußgeldern belegen… und ein neues Hemd kaufe ich dir lieber von meinem eigenen Geld, welche Kragenweite hast du?«
»Meine Kragenweite ist 42. Du wirst das Hemd nicht kaufen, sondern die Männer, die mich zur Zelle ge schleift haben. Propst Roivas muss übrigens auch eine Geldstrafe kriegen. Ist die Sache jetzt klar?«
Der Kommissar
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