Die Rache des glücklichen Mannes
wachend, er lungerte am Flussufer herum und zählte die Stunden.
So ersann Jaatinen ein kleines Hobby für seine ein samen Abende und Nächte. Er kaufte sich ein altes Ruderboot – in Kuusmäki war niemand bereit, ihm ein Boot zu vermieten – und ruderte auf dem See herum, in den der Blutfluss sein Wasser brachte. Jaatinen fischte mit der Spinnangel nach Zander und Barsch, konnte auch recht häufig einen Hecht erbeuten. Auf der hinte ren Ruderbank spielte der Kurzwellensender im Koffer radio zur Gesellschaft leise Musik.
An den Schilfufern des Flusses knarrten gedämpft die Dollen der Boote, der Augustmond schien auf den stillen See, die überwältigende Schönheit der Natur ließ Jaati nen an seine Jugend und an Fräulein Koponen denken. Sehnsucht packte den Mann in dem alten Boot. Es war der August der tausend nutzlosen Mondbrücken.
Auf einer seiner Bootsfahrten erlebte Jaatinen etwas Außergewöhnliches. Der Abend war besonders warm, Jaatinen war zwischen den kleinen Inseln unterwegs. Auf diesen Inseln standen einige Sommerhäuser, Jaati nen angelte oft im Bereich der Bootsstege und fing Zan der, so auch jetzt: Ein Exemplar von gut einem Kilo Gewicht biss an. Der Fisch leistete zunächst Wider-stand, beruhigte sich aber schließlich so weit, dass Jaatinen ihn mit dem Kescher herausholen konnte. Die Ruder polterten im dunklen Augustabend, der Fisch zappelte unter der Ruderbank. Als Jaatinen den Fisch getötet hatte, merkte er, dass sein Boot zu einer der Sommerhütten ans Ufer getrieben war. Aus der Dunkel heit ertönte die weiche Stimme einer Frau:
»Dort angelt Ingenieur Jaatinen wohl wieder Zander?« Jaatinen zog das Boot auf den Strand, ging zu der
Hütte und trat in ihren Lichtkreis. Auf der Veranda erwartete ihn eine Frau, blond und gut gebaut. Im Nachthemd, mit offenem Haar.
»Kommen Sie doch ins Haus, Jaatinen, ich kann uns Kaffee kochen. Huch, schrecklich, der große Fisch, den Sie da haben! Da traue ich mich ja gar nicht mehr zum Baden in den See, wenn dort solche Viecher leben. Ist der Zander für Menschen gefährlich?«
Sie erwähnte, dass sie sehr einsam sei, denn ihr Mann, Direktor Rummukainen, sei bereits am Abend mit einem ihrer beiden Boote ins Kirchdorf gefahren.
»Ich liebe ja so die Natur, deshalb bleibe ich oft allein auf der Insel. Es ist herrlich, ganz allein zu sein, nur mit sich und seinen eigenen Gedanken. Manchmal fürchte ich mich allerdings auch. Vorhin habe ich gerätselt, wer da wohl zu uns ans Ufer kommt, dann habe ich meinen Mut zusammengenommen und Sie angesprochen.«
Frau Leea Rummukainen war jung, in den Dreißigern, sie machte Kaffee, bot Sherry an und goss großzügig nach. Die Sommerhütte des Direktors bot einen ange nehmen Rahmen für die nächtliche Kaffeestunde: Jaati nen entzündete ein Feuer im Kamin, Leea Rummukai nen nahm den Fisch aus und schob ihn in den Ofen. Sie schien nicht die Absicht zu haben, demnächst schlafen zu gehen. Jaatinen sagte sich, in seine Baubude komme er immer noch, erstmal den Zander essen, den ihm die Frau zubereitete. Schließlich hatte er sich lange genug von Schnitten ernährt.
»Oh, wenn mein Mann wüsste, dass ich noch wach bin und hier mit Ihnen sitze, bekäme er einen Wutan fall… ich meine, er könnte es überhaupt nicht verste hen. Im Dorf wird ja allerlei von Ihnen erzählt. Aber
kümmern Sie sich nicht darum, was die Leute sagen. Auch über mich ist in Kuusmäki viel geklatscht worden. Diese Menschen hier sind so unzugänglich, dass es mich manchmal richtig wütend macht.«
Jaatinen rauchte. Er saß Frau Rummukainen gegen über, die ihre Beine übereinander geschlagen hatte, das seidige Nachthemd war auffällig nach oben gerutscht. Jaatinen begutachtete verstohlen die weiblichen For-men, er merkte, dass ihm die Frau absichtlich ihre Reize darbot. Die Gedanken des Ingenieurs schweiften vom Gesprächsthema ab, Frau Rummukainen sah ihm wer weiß wie tief in die Augen.
Im Ofen zischte es, der Zander wurde gar. »Ach, wir haben ja ganz deinen Fisch im Ofen verges-
sen.«
»Deinen Fisch.« Frau Rummukainen wechselte unge zwungen zum Du. Der Zander wurde aufgetragen, Ker zen angezündet, das Licht gelöscht. Auch eine Rotwein flasche fand sich passenderweise. All das beeindruckte den Ingenieur tief. Durchs Fenster schien der Mond herein. Draußen war eine Mondbrücke zu sehen, die vom äußersten Ende des Bootsstegs bis weit hinüber ans andere Seeufer reichte.
Man aß den Zander, trank den
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