Die Rache des glücklichen Mannes
andere Leute unterwegs, hauptsächlich Blaubeersammler, die Jaati nen bei der Begegnung höflich grüßten.
Auch die Gemeindesekretärin Irene Koponen war in den Beeren. Jaatinen rief ihr einen Gruß zu, er schob den Kinderwagen an den Wegrand und trat zu ihr. Sie hatte etwa einen Liter Beeren in ihrem Korb, ihr Mund war blau, sie hatte also auch reichlich genascht. Die
beiden setzten sich auf eine Grasbülte, die Gemeinde sekretärin bot dem Gemeindedirektor Blaubeeren an. Die Zwillingsmädchen neben ihnen beschäftigten sich mit sich selbst.
Als sie eine ganze Weile Blaubeeren gegessen hatten, begann Fräulein Koponen endlich zu sprechen. Ihr Ton war ernst.
»Weißt du, dass ich schon fünfunddreißig bin?« »Du siehst noch wie ein junges Mädchen aus.« »Für eine Frau sind fünfunddreißig Jahre ein ziemli
ches Alter.«
»Überhaupt nicht, meine Großmutter ist über neunzig geworden, und meine Mutter ist inzwischen auch schon siebzig. Wenn du ebenso lange lebst, dann müssten dir noch ungefähr… fünfundfünfzig Jahre Zeit bleiben.«
»Das meine ich nicht, sondern die Tatsache, dass ich in diesem Alter noch unverheiratet bin.«
»Warum heiratest du nicht, du hast doch Bewerber. Ein schöner Mensch wie du!«
»Ich täte es schon gern. Gerade darüber wollte ich mit dir sprechen.«
Dann begann Fräulein Koponen zu reden. Sie sagte, wie sie über ihr Leben dachte und dass sie in den letzten Jahren sehr einsam gewesen sei, sich gewissermaßen nach männlicher Gesellschaft gesehnt habe… nach der Gesellschaft eines vernünftigen, verlässlichen und tüch tigen, eines ordentlichen Mannes. Aber in einer kleinen, rückständigen Gemeinde gebe es nicht eben viel Aus wahl, und so sei bisher keine Ehe zustande gekommen. Dann warf sie einen Blick zurück, sie berichtete von ihrer Studentenzeit und ihrem Elternhaus in Jankkala, ging kurz auf ihre finanzielle Situation ein, die stabil war, sie erzählte von ihren Hobbys und erwähnte noch mit bescheidenen Worten, dass sie eine passable Köchin sei und sich, was das Putzen angehe, nicht zu verste cken brauche. Jaatinen lauschte den Ausführungen interessiert, sieh da, wie wenig er die Gemeindesekretä rin letzten Endes kannte. Diese Dinge waren nie zur Sprache gekommen. So ist es in der Kommunalverwal tung nur allzu oft.
Am Ende ihrer Ausführungen sagte Fräulein Koponen schlicht:
»Ich möchte dich heiraten.«
Während ihrer ganzen Einleitung hatte sich Jaatinen schon denken können, dass etwas in der Art zu erwar ten war, doch trotz alledem traf ihn ihr Antrag unvermit telt, schien unfassbar, heiraten! Ein tiefes Glücksgefühl
durchdrang Knochen und Fleisch des großen Ingeni eurs, er sprang auf und rannte in Richtung Kirchdorf davon. Im Laufen juchzte er:
»Ich muss Leea die Neuigkeit erzählen!« Jaatinen verschwand im Wald, das Stampfen seiner
Stiefel verebbte, doch bald kam er schwitzend wieder angesaust:
»Hätte beinah die Mädchen vergessen«, erklärte er, drehte den Kinderwagen um und schob ihn im Lauf schritt über den kurvenreichen Weg, die Sprungfedern quietschten, während der Wagen über die Wurzeln hüpfte. Bald war Jaatinen wieder aus dem Blickfeld verschwunden.
Zu Hause rief er schon im Flur, die Mädchen unter dem Arm:
»Große Neuigkeiten, liebe Leea!«
Drinnen erzählte er genauer:
»Die Koponen hat mir vorhin im Blaubeerwald einen Antrag gemacht. Was sagst du dazu, gibst du die Er laubnis?«
Frau Leea Rummukainen nahm Jaatinen die Kinder ab und ließ sie auf dem Fußboden krabbeln, dann setzte sie sich aufs Sofa und seufzte.
»Irene hat mich schon vorige Woche angerufen und mit mir darüber gesprochen. Ich habe ihr gesagt, dass ich wohl gezwungen bin, sie zu akzeptieren, du redest ja auch schon ewig davon.«
»Außerdem haben wir hier Platz für drei«, freute sich Jaatinen.
»Aber musst du dich gleich richtig mit ihr trauen las sen?«
Jaatinen überlegte kurz. »Ich glaube, darauf will sie hinaus, sie will eine richtige Trauung.«
Jaatinen versicherte, die Trauung wäre nur eine For malität, ein kleines Ritual, und würde Leeas Stellung in der Familie nicht schwächen.
»Wo hat sie dir den Antrag gemacht?«, fragte Leea. Jaatinen erzählte es ihr. Leea entschied, dass sie ge
meinsam in den Wald gehen müssten, um mit Irene zu verhandeln. Leea fütterte schnell die Kinder und legte sie schlafen, dann machte sich das Paar auf den Weg zur Gemeindesekretärin. Diese kam ihnen bereits an
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