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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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sagte der Hausherr; ich sagte, das könne er durchaus, werde er aber nicht.
    Es war später Nachmittag, als wir wieder ins Freie traten. Vielleicht war ich - außer für ein paar Augenblicke in Wien - Zamora noch nie so nah gewesen; im Hals verspürte ich
ein breiiges Würgen, und ich mußte die Zähne zusammenbeißen und mehrmals schlucken, um nicht meinen Haß zu erbrechen. Alles drängte mich, ihn sofort zu suchen. Aber das war natürlich unsinnig.
    »Essen«, sagte ich, »dann einen kleinen Rundgang. Und morgen werde ich ihn suchen.«
    Wir gingen zurück zu den »Vier Winden«. Vor der Tür lehnte ein älterer Mann mit grauen Haaren, graugrünen Augen und einem grauweißen Kinnbart. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und wippte auf den Fußspitzen.
    »Wenn ihr essen wollt«, sagte er, »müßt ihr euch noch ein wenig gedulden.«
    »Ist es zu früh für den Koch?«
    »Der Koch heißt Vasco und atmet gerade frische Luft vor der Tür.« Er grinste leicht.
    »Dann sag ihm, er soll in Ruhe atmen. Aber da du dich auskennst - ich suche einen Mann. Alonso Zamora.«
    Vasco nickte. »Sitzt rechts an einem Tisch, allein.«
    Es traf mich fast wie ein Faustschlag; ich fühlte mich, als müsse ich in der Luft ertrinken. So viele Jahre, so viel Blut und Haß und Gedanken und Versuche …
    »Danke, mein Freund«, sagte ich.
    Wir gingen hinein. Drinnen war es noch fast leer, nur links saßen zwei Männer, die würfelten, und rechts, allein, an der Längsseite eines Tischs, Alonso Zamora. Er hatte Münzen vor sich liegen und ein Büchlein, in das er etwas kritzelte.
    Die alte Frau, die mir vor einiger Zeit gesagt hatte, es gebe keine freien Zimmer, erschien in einer Tür, wahrscheinlich der zur Küche; sie sagte nichts, blickte mich nur fragend an.
    »Wein«, sagte ich, »und frisches Wasser. Zwei Becher.«
    Sie schaute an mir vorbei, schien Caonabo zu mustern, hob dann die Schultern und wandte sich um.

    Ich ging langsam zu Zamoras Tisch, auf die andere Seite, und blieb ihm gegenüber stehen. Ich starrte auf ihn hinunter, die rechte Hand mit dem Federkiel, die Eisenhand neben dem Büchlein, die strähnigen schulterlangen Haare, deren Schwärze nur hier und da ein wenig Grau aufhellte. Die Gesichtszüge, die verhaßten Züge des Molochs, konnte ich kaum sehen, da er den Kopf über sein Gekritzel beugte. Er schrieb Zahlen, in langer Reihe untereinander, dahinter immer irgendwelche Wörter.
    »So viele Jahre suche ich dich«, sagte ich halblaut, »da hast du sicher nichts dagegen, daß ich mich zu dir setze.«
    Er blickte auf und zuckte mit den Schultern. »Setz dich. Du suchst mich? Warum? Seit wann?«
    Ich zerrte an meinen Gürtel, bis der Degen nicht mehr vor meinem rechten Bein hing, und ließ mich auf die Bank sinken. »Ah, zehn Jahre. In Wien hätte ich dich beinahe gefunden, aber die Türken kamen dazwischen.«
    Er legte den Federkiel beiseite, neben das kleine tragbare Tintentöpfchen; mit der eisernen Linken schob er das Rechenbuch von sich. »Wien?« Er lächelte - beinahe. »Wo warst du? Hast du gekämpft?«
    »Ein Tor weiter rechts. Und - ja, ich habe gekämpft. Auf der Mauer, vor den Toren, unter der Erde. Ohne dich und die anderen Arkebusiere hätten wir die Stadt nicht halten können.«
    Er nickte. »Ich habe es gelernt. Das Kämpfen.«
    »Sonst nichts?«
    Zamora hob die Schultern. »Was kann der dritte Sohn eines Maultiertreibers lernen?«
    »Was er kann und will.«
    »Ich kann und will kämpfen.« Er legte die Eisenhand auf das Rechenbuch und bleckte die Zähne. »Ich habe genug
zusammen, um die nötige Rüstung und die Fahrt auf einem Schiff zu kaufen. Ich werde Pizarro folgen, der ins Goldland will. Danach? Man wird sehen. Aber wir waren bei Wien.«
    »Ob es bei Pizarro so behaglich wird wie in Wien?«
    »Es war ein harter Kampf«, sagte er. »Vor allem unter der Erde. Hartes Kämpfen für harte Männer, aber du siehst nicht so hart aus. Was willst du von mir?«
    »Ich habe dich gesucht«, sagte ich, »um dich etwas zu fragen.«
    »Dann frag. Vielleicht weiß ich die Antwort.« Er lachte. »Vielleicht sage ich sie dir sogar. Wie heißt du?«
    »Jaime. Dies ist die Frage. Vor vielen Jahren bist du mit ein paar anderen in Deutschland gewesen, auf der Suche nach einem Mann namens Spengler. Warum hast du ihn gesucht?«
    Zamora kniff die Augen zusammen. »Warum? Ich bin dafür bezahlt worden.«
    »Von wem? Wer hat es angeordnet? Warum?«
    »Wieso willst du das wissen?«
    »Ach, eigentlich weiß ich es«,

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