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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Neapolitaner nannten, war einer der müden, fußkranken Pilger gewesen, die am Vorabend des Gemetzels ins Dorf gekommen waren. Lange her, aber es gab keinen Zweifel. Und wenn ich den anderen nicht hätte laufen lassen, hätte man ihn jetzt befragen können; vielleicht hätte er etwas über Piranesi, Castelbajac und Zamora gewußt.
    Der Harnischträger schaute mich prüfend an; ich glaubte, etwas wie Anerkennung in seinem Gesicht zu lesen. »Und der zweite Mann, der entkommen ist?« sagte er. »Wulstige Lippen, riesige Ohren?«
    Ich nickte.
    »Wir haben es offenbar mit einem furchtbaren Degenkämpfer zu tun«, sagte er, an die beiden anderen gewandt. »Emilio hat er erledigt, und den Engländer hat er in die Flucht geschlagen. Alle Ehre, Herr - vielleicht sollte ich ›Ihr‹ sagen und ›Euer Gnaden‹, wie? Wer bist du?«
    »Ein harmloser Reisender, der manchmal viel Glück hat«, sagte ich schwach, »und der sich nach einem Stuhl und einem Verband sehnt.«
    »Wo wohnst du?«
    Ich nannte den Namen des gemieteten Hauses.
    »Bis dahin kommst du nicht - so, wie du jetzt taumelst.«
    »Freunde«, sagte ich mühsam. »Eine Druckerei - gleich da vorn, zwei Straßen - verbinden.«

    Einer der Fackelträger blieb bei der Leiche, der andere ging vor uns her. Ich hatte den Arm um die Schulter des Geharnischten gelegt. Er stützte mich, bis wir den Vordereingang von Lauras Druckerei erreichten. Es dauerte eine Weile, bis sie auf Klopfen und Rufen öffnete, in einen Mantel gehüllt, unter dem ein Nachtgewand hervorlugte.
    »Ich bin Lorenzo Bellini«, sagte der mit dem Brustpanzer, »Unterführer der Büttel. Kannst du diesen Mann verbinden?«
    Laura wurde ein wenig blaß; vielleicht war es aber auch nur ein Spiel des Fackellichts. »Bringt ihn herein.«
    Wir folgten ihr in die Werkstatt, wo sie schnell eine Lampe entzündete und mir einen Stuhl hinschob. Auf dem Boden darum verteilte sie Blätter mit Schmierflecken und mißglückten Andrucken.
    Als ich auf den Stuhl gesackt war, berührte Bellini mich am Kopf.
    »Wir beseitigen die Leiche; dann kommen wir wieder her. Du mußt noch etwas unterschreiben, mein Freund, danach bringen wir dich heim.«
    Ich brachte mühsam ein grazie heraus.
    Laura half mir, vorsichtig den Rock auszuziehen; dann zerschnitt sie mit einem scharfen Messer mein Hemd und zupfte die Fetzen von der Wunde. Ich ließ den linken Arm hängen; Blut tropfte auf das am Boden liegende Papier.
    »Was hast du angestellt? Habe ich richtig gehört - eine Leiche?«
    Nun, da ich saß, fühlte ich mich schon etwas besser. Ich sah, daß Blut den Arm hinabrann, aber nicht strömte. Die Wunde konnte nicht allzu schlimm sein und begann sich wahrscheinlich schon zu schließen. Einen Augenblick lang rang ich mit mir. Dann beschloß ich, Laura nicht mit meinen
Rachegeschichten zu behelligen. Noch nicht jedenfalls; vielleicht später, wenn wir einander besser kannten.
    »Zwei Schurken haben mich überfallen«, sagte ich. »Einen habe ich getötet; der andere ist geflohen, als die Büttel kamen.«
    »Das wird jetzt ein bißchen weh tun.«
    Ich schloß die Augen und biß die Zähne zusammen, als sie die Wunde mit Essig säuberte.
    »Übrigens hast du mir das Leben gerettet«, sagte ich, als sie die Wunde zu verbinden begann.
    »Also, verblutet wärst du nicht.«
    »Das meine ich nicht. Dein Salz.« Ich berichtete von der wirksamen Gewürzwaffe.
    Sie schnalzte leise. »Du klingst, als ob du öfter in so etwas verwickelt würdest.«
    »Die Straßen sind unsicher. Wenn man reist, kommt so etwas vor, und dann ist es nicht schlecht, sich einigermaßen wehren zu können.«
    »Einigermaßen?« Sie schüttelte den Kopf. »Habe ich mich mit einem Raufbold eingelassen?«
    »Liebste«, sagte ich, »du mit den heilsamen Händen - ich bin kein Totschläger, nur ein Wanderer, der den Sinn des Lebens sucht und dich gefunden hat.«
    »Ha!«
    Sie holte Wein und zwei Becher, zog einen zweiten Stuhl heran und setzte sich. Bis die Büttel wieder erschienen, sprachen wir leise. Nicht über Degen. Zwischendurch schaute ich auf den Boden. Mein Blut war geronnen und hatte auf dem Papier ein seltsames Muster gebildet, fast wie ein Wappen.
    Plötzlich kam mir ein Gedanke. »Man müßte …«, sagte ich.

    Aber in diesem Moment kehrten die Büttel zurück. Der Unterführer bat um Papier, Feder und Tinte; nachdem Laura ihm das Gewünschte gebracht hatte, setzte er sich an einen der zahlreichen Arbeitstische und schrieb etwas. Laura holte drei weitere Becher

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