Die Rache des Kaisers
und die darüber befindliche Wohnung betreten konnte, ohne von Nachbarn beobachtet zu werden.
»Warte zwei Augenblicke«, sagte sie. »Ich habe noch etwas für dich.«
Sie verschwand im Haus; als sie zurückkehrte, drückte sie mir etwas in die Hand, lächelte, küßte mich und sagte: »Die Laken sind gut gewürzt; das hier ist für den Tisch. Leider habe ich keinen Beutel. Und was du jetzt sagen willst, kannst du verschlucken; ich sehe es deutlich an deinem Grinsen.«
»Ich danke, Liebste, und schweige beredt.«
Es war ein Tuch, das vielleicht zwei Handvoll Salz enthielt, und da es zu klein war, als daß man es hätte verknoten oder auch nur halbwegs sicher falten können, steckte ich es einfach so in die Rocktasche.
Auf dem Rückweg war ich kaum zwei Straßen weit gegangen, als mir zwei Gestalten aus einem Eingang entgegenkamen. Aus dem Fenster eines Hauses auf der anderen Seite fiel ein wenig Licht, so daß nicht nur Umrisse zu sehen waren. Einer blieb stehen, der andere bewegte sich seitwärts, als wolle er in meinen Rücken gelangen.
»Ho, Freund«, sagte der Erste nicht allzu laut, »hast du ein paar Münzen für durstige Nachtwanderer?«
»Nur Nacht und Durst«, sagte ich. Dabei legte ich eine Hand an den Degengriff, die andere schob ich in die Rocktasche.
Noch ehe ich den Degen gezogen hatte, hielten die beiden bereits ihre Waffen in den Händen und drangen auf mich ein. Ich duckte mich - nicht schnell genug; der Stich, der meiner Kehle gegolten hatte, traf mich an der linken Schulter. Dann war mein Degen aus der Scheide, ich konnte den Angriff des anderen Mannes eben noch parieren, und ehe ich den Schmerz in der Schulter wirklich spürte, warf ich dem ersten eine Handvoll Salz ins Gesicht. Er stieß einen Fluch aus, ließ die Waffe sinken und hob die rechte Hand, um sich die Augen zu wischen.
»He, was …« knurrte der Zweite; sein nächster Angriff wirkte beinahe zerstreut. Ich drehte mich auf dem Absatz, sprang zur Seite, wollte den Linkshänder, der immer noch Salz aus den Augen rieb, endgültig kampfunfähig machen, aber er war nicht völlig geblendet oder ahnte die Bewegungen, bog den Oberkörper nach links, so daß ich nur seinen erhobenen rechten Arm traf. Ich drehte mich wieder, ging dabei in die Knie, und der andere, der mich gerade rücklings abstechen wollte, lief in meinen Degen. Seine Waffe klirrte zu Boden, er sackte auf ein Knie; als ich den Degen herauszog, kippte er vornüber und blieb zuckend liegen.
Der andere starrte mich aus tränenden Augen an, als ich ihm die Spitze der Klinge an die Kehle setzte.
»Laß fallen«, sagte ich durch die Zähne, »sonst …«
Sein Degen fiel. Ich musterte ihn im zweifelhaften Licht, das aus dem nun vorsichtig geöffneten Fenster fiel. Er hatte bemerkenswert große Ohren, unter der Lederkappe lugten fettige Strähnen hervor, und die Lippen waren unangenehm fleischig, fast wie nach außen gekrempelt.
Aus einer der nächsten Straßen hörte ich eilige Schritte, Geklirr und harte Stimmen. Noch mehr nächtliche Räuber? In diesem Moment beging ich den nächsten großen Fehler.
»Verschwinde«, sagte ich, »ein Toter genügt.«
Der Mann nickte kaum merklich, murmelte etwas, das ein Dank sein mochte, lief an mir vorbei und verschmolz mit dem Dunkel.
Um die nächste Ecke vor mir bogen drei Männer, alle bewaffnet; zwei von ihnen trugen Fackeln. Nachtwächter, offenbar, oder Büttel der Stadt. Einer leuchtete mir ins Gesicht, der zweite Fackelträger bückte sich zu dem Räuber, der nicht mehr zuckte.
»Was ist geschehen?« sagte der dritte Mann. Im Fackellicht sah ich, daß er eine Art Brustpanzer trug.
»Ein Überfall«, sagte ich. »Einer ist entkommen.«
»Der hier nicht.« Der zweite Fackelträger blickte zu uns auf. »Helft mir mal.«
Ich steckte den Degen ein und tastete nach meiner verletzten Schulter. Sie schmerzte, das Hemd war naß, und ich spürte etwas Warmes den Arm hinabrinnen.
Der Harnischträger hatte die Fackel des anderen übernommen, der sich bückte und seinem Kameraden half, den Toten auf den Rücken zu drehen. Er stieß einen Pfiff aus.
»Der Neapolitaner!« sagte er. »Emilio der Schinder. Den wir seit Tagen suchen. Glück gehabt, Fremder, oder gut gefochten, was? Der da hat an die zwei Dutzend Morde hinter sich.«
Ich schaute hinab ins Gesicht des Toten. Und spürte, wie meine Knie weich wurden. Es lag nicht, oder nicht nur, an der Wunde und am Blutverlust.
Ich kannte das Gesicht. Emilio, den sie Schinder und
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