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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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und goß den Männern Wein ein.
    »Magst du dies hier unterschreiben? Ah, es fehlt dein Name. Schreib ihn hier oben hin.«
    Ich ging zu Bellini und schaute über seine Schulter. Ich las, ein Reisender namens --- habe bei einem Überfall durch zwei gesuchte Schurken einen getötet und den anderen in die Flucht geschlagen. Name des Toten: Emilio, genannt »der Neapolitaner«; Name des Geflohenen: Harry Symonds, genannt »der Engländer«.
    »Saimens?« sagte ich.
    »Simmens. Er ist Waliser, seit sechzehn Jahren in Italien - mehr oder weniger.«
    »Das wäre fünfzehnhundertelf, die Heilige Liga?« sagte ich.
    Bellini nickte. »Du kennst dich aus. Ja, König Heinrich hat damals ein paar Leute geschickt, und Symonds ist hiergeblieben. Wahrscheinlich; wir wissen nicht genau, wo er sich all die Jahre aufgehalten hat, aber er war immer wieder in Händel und Überfälle verwickelt. Kannst du gehen, wenn du unterschrieben hast?«
    »Ich glaube schon.«
    Ich ergänzte meinen Namen, unterschrieb, dankte Laura mit einer Verbeugung und sagte: »Ich habe für die treffliche Rettung zu danken, Herrin, und hoffe, morgen den Dank geziemend abstatten zu können.«
    Laura deutete eine mindere Verneigung an; dabei zwinkerte sie kaum merklich.
    Auf dem Weg zum morschen Palazzo ging ich vorsichtshalber
langsamer als unbedingt nötig. Ich fühlte mich fast wie gewöhnlich, aber das mußte ich den Bütteln ja nicht zeigen. Sie hätten mich sonst für einen an Blutverlust gewöhnten Schwertschwinger halten können.
    »Wie kommt es«, sagte ich nach den ersten paar Dutzend Schritten, »daß ihr diesen Waliser sucht? Weil er schon andere überfallen hat?«
    Bellini gluckste. »Wenn wir jeden Räuber und Mörder suchen wollten, kämen wir nicht mehr zum Schlafen. Er hat vor Jahren in unseren Diensten gestanden, Söldner für die Serenissima, und sich mit tausend Zechinen aus der Kriegskasse abgesetzt. Deshalb. Was sind schon Morde?«
    »Und wie kommt es, daß ein Unterführer der Büttel walisische Namen aussprechen kann?«
    Bellini hob die Schultern. »Viele Fremde kommen hierher, und manchmal muß man selbst reisen.«
    Einer der Fackelträger räusperte sich. »Herr Jakko, weißt du, wer der oberste Führer der Büttel ist?«
    »Nein.«
    »Der Doge. Was uns angeht, kommt der Capo gleich danach.«
    Ich pfiff durch die Zähne. »Also nicht ein, sondern der Unterführer? Sollte ich etwa ›Ihr‹ sagen?«
    Als ich zur Seite blickte, sah ich, daß Bellini grinste.
    »Wir haben anders angefangen; laß uns dabei bleiben.«
    »Dann sag mir etwas, Capo. Ich bilde mir ein, diesen Mann mit den wulstigen Lippen, Symonds, vor Jahren schon einmal mit anderen zusammen gesehen zu haben. Ein Spanier, Alonso Zamora; ein Franzose, Jérôme de Castelbajac; ein Italiener, Giambattista Piranesi. Sagen dir diese Namen etwas?«
    Bellini runzelte die Stirn und schwieg einen Moment;
dann schüttelte er den Kopf. »Nie gehört. Was ist mit ihnen?«
    »Ich würde sie gern etwas fragen.«
    Er schaute mich von der Seite an, mit einem schrägen Lächeln. »Fragen? Wie es ihnen geht, was die Verdauung macht, ob sie gut schlafen?«
    »So ähnlich.«
    »Das denke ich mir. Ein harmloser Nachtwanderer, zufällig so gut mit dem Degen, daß er zwei gefürchtete Schufte besiegt, will ein paar harmlose Fragen stellen, ja? Ich nehme an, die Edelleute, nach denen du suchst, sind ehrenwerte Klosterbrüder. Wie Symonds. Nun ja, du mußt es selbst wissen, aber - wenn ich dir einen Rat geben darf: Manchmal ist es besser, einen Berg nicht allein zu erklimmen. Andere könnten helfen, und vielleicht kennen sie leichtere Wege.«
    »Ich werde daran denken, wenn die Zeit der Fragen und Antworten kommt.«
     
    Am nächsten Morgen erschien Avram; er war ein wenig zerzaust und stank nach billigen Duftwässern. Als er die verbundene Schulter sah, schnitt er eine Grimasse.
    »Was ist geschehen? Hat Laura dich gebissen?«
    Ich erzählte von meinen Nachtwanderungen, von Bellini und den Totschlägern.
    »Man kann dich ja nicht allein lassen«, sagte er. »Ich werde nie wieder ein Mädchen für die ganze Nacht nehmen, wenn Laura abends begleitet werden muß.« Er spitzte die Lippen. »Und jetzt auch noch ein Engländer? Eh, Waliser? Zamora, Castelbajac, Piranesi, Symonds - findest du nicht, du solltest dir zur Abwechslung mal einen ungarischen oder finnischen Freund suchen?«

    Als die Zeit abgelaufen war, für die ich den Palazzo gemietet hatte, begann allmählich der Winter, und Laura beschloß, die

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