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Die Rache des Samurai

Die Rache des Samurai

Titel: Die Rache des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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meinten.
    Eine Kontrollstelle tauchte vor ihm auf, doch all seine Hoffnung erstarb, als er sah, daß das Tor offen stand und unbewacht war. Wo steckten die Posten?
    Sano eilte durch das Tor, die Verfolger nun dicht auf den Fersen – und machte eine noch beängstigendere Entdeckung. Die Wachhäuschen, die sich auf den Mauerkronen befanden, waren leer und dunkel. Keine Soldaten gingen Streife. Sano war schutzlos, mit seinen Verfolgern allein.
    Er stürmte an weiteren verlassenen Kontrollstellen und Toren vorüber, an endlosen Reihen leerer Türme und Wachhäuschen. Sein Herz hämmerte wild; die Lungen schmerzten bei jedem keuchenden Atemzug; er bekam Seitenstechen; sein Körper wurde naß vom Schweiß, die Beine schwer wie Blei. Und noch immer verfolgten ihn die Schritte, zwangen ihn hinauf in das höher gelegene Gelände im Nordwesten des Palasts, fern von seiner Villa, fern vom Palastgebäude, den Kasernen der Wachmannschaften und anderen bewohnten Bereichen tiefer am Hügel.
    Das Seitenstechen wurde schlimmer, als Sano durch ein offenes Tor rannte, das zum Waffenübungsplatz führte. Er hörte, wie die Verfolger immer näher zu ihm aufschlossen, als er den Teich umrundete und zwischen den Strohpuppen hindurch huschte, die beim Bogenschießen als Ziele dienten. Er stürmte an Hütten und Ställen vorüber, dann über eine Straße hinweg in den Fukiage, das Waldgebiet auf dem Palastgelände, in dem er seine Verfolger am ehesten abschütteln konnte.
    Die hoch aufragenden Fichten umhüllten Sano in ihrer dunklen, flüsternden Stille. Er mied die Kieswege, die zu Gärten und Lauben führten, und suchte sich statt dessen einen Weg durch den dichten Wald, wobei er versuchte, sich stets auf dem weichen, von Kiefernnadeln bedeckten Boden zu halten, um sich möglichst leise voranzubewegen. Doch schließlich war er am Ende seiner Kräfte; er mußte sich ausruhen, oder er wäre vor Schwäche zu Boden gefallen. Er lehnte sich an einen Baumstamm, ließ sich, mit dem Rücken daran hinunterrutschen und blieb nach Atem ringend sitzen. Das Blut rauschte ihm in den Ohren. Er schaute zum Waldrand, und sein Puls, der sich gerade ein wenig beruhigt hatte, begann wieder zu rasen. Entsetzen packte ihn.
    Denn zwischen den Bäumen hindurch bewegten sich zwei schwankende Lichter auf ihn zu. Während Sano beobachtete, kamen drei weitere Lichter hinzu, die nach links und rechts ausscherten. Die Verfolger hatten Fackeln entzündet. Die Dunkelheit bot Sano keinen Schutz mehr.
    Mit einem Stöhnen stemmte er sich in die Höhe. Er mußte die Flucht schnellstmöglich fortsetzen, und jetzt konnte er nicht mehr darauf achten, sich so leise wie möglich zu bewegen. Niedrige Zweige peitschten Sano die Brust, als er wieder losstürmte; Kies knirschte laut, als er mit schnellen Schritten darübereilte. Zu seiner Rechten erschien die Flamme einer Fackel. Sofort wich Sano nach links aus – und stürmte auf ein anderes Licht zu, das sich genau in seine Richtung bewegte. Nach kurzer Zeit wußte Sano nicht mehr, wo er sich befand. Er konnte nur noch hoffen, daß er sich in Richtung jenes Tores bewegte, das sich auf der anderen Seite des Waldstückes befand. Vielleicht konnte er durch dieses Tor entkommen.
    Dann, von einem Moment zum anderen, öffnete sich vor Sano eine kleine Lichtung – ein Ruheplatz im Wald, mit zwei steinernen Bänken. Sano wußte, daß er sich zwischen den Bäumen halten mußte, fern von Plätzen wie diesem, doch er konnte einfach nicht mehr weiter; er bekam kaum noch Luft, und die Seitenstiche waren so schmerzhaft, als würde jemand ihm eiserne Dornen ins Fleisch drücken. Als er trotzdem versuchte, von der Lichtung zu fliehen, strauchelte er und stürzte zu Boden.
    Blätter raschelten; Äste knackten. Die flackernden Fackeln der Verfolger bildeten einen Kreis um Sano, der immer enger wurde. Bald breiteten sich das unstete Licht und der stechende Geruch der Fackeln über der Lichtung aus. Dann schälten sich die schattenhaften Gestalten von Männern aus der Dunkelheit. Sano erkannte, daß seine Verfolger ihn absichtlich in den Fukiage gejagt hatten, um ihn dort in die Enge zu treiben. Mit letzter Kraft rappelte er sich auf, doch es war zu spät. Die Verfolger erschienen auf der Lichtung, und der unbekannte, schemenhafte Schrecken nahm feste Gestalt an.
    Die fünf hochgewachsenen, kräftigen Männer trugen Waffenröcke, dazu dunkle Kimonos, deren Saum sie sich unter ihre ledernen Beinschoner gesteckt hatten: Es war die Uniform

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