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Die Rache des Samurai

Die Rache des Samurai

Titel: Die Rache des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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Gefangennahme Chūgos hatte machen müssen und die ihm fast alle Freude genommen hatten, den Auftrag des Shōgun erfüllt zu haben. Als Sano nun Tsunayoshis fragenden Blick bemerkte, zwang er sich, zu der Gruppe von Gästen zu gehen, die sich in nächster Nähe befand. Hirata war darunter – Sanos einstiger Helfer und nun sein Gefolgsmann – und Noguchi, sein ehemaliger Vorgesetzter, sowie Magistrat Ueda. Sano schenkte den Männern Sake ein und beteiligte sich an ihrer Unterhaltung. Er mußte Dankbarkeit vortäuschen und Freude heucheln, auch wenn in seinem Inneren sein Lebensmut starb.
    »Ruhe!« Tokugawa Tsunayoshi klatschte in die Hände.
    Musik und Gespräche verstummten. Gespannt warteten die Versammelten, was ihr Gastgeber ihnen mitzuteilen hatte.
    »Wir Ihr alle wißt, wird dieses … äh … Bankett zu Ehren von sōsakan Sano abgehalten«, sagte der Shōgun. Vom vielen Reiswein war sein Gesicht gerötet und seine Stimme schleppend. »Heute abend feiern wir offiziell zwei bedeutsame Ereignisse im Leben dieses so überaus getreuen und tapferen Gefolgsmannes. Das erste dieser Ereignisse ist die … äh … Gefangennahme des bundori- Mörders, der diese Stadt nun nicht mehr in Angst und Schrecken versetzt, wie ich zu meiner großen Freude verkünden kann.«
    Alle wandten sich Sano zu. Hirata strahlte über das ganze Gesicht. Noguchi lächelte und klopfte Sano auf die Schulter, während Ueda sich auf ein anerkennendes Nicken beschränkte, doch Sano sah die aufrichtige Bewunderung in den Augen des Magistraten. Die Älteren verbeugten sich feierlich; die anderen Gäste applaudierten. Nur einer der Anwesenden ließ kein Zeichen der Achtung oder des Beifalls erkennen: Yanagisawa, der – wie Sano vermutete, aber nicht beweisen konnte – für den Überfall auf dem Palastgelände verantwortlich war, bei dem die Maskierten Sano verprügelt hatten. Yanagisawa, der ›böse Geist‹, den Sano vielleicht doch noch vernichten mußte. Yanagisawa, der nun nichts mehr gegen Sano ausrichten konnte, solange dieser wieder die schwankende Gunst Tokugawa Tsunayoshis besaß. Von seinem Platz zu Füßen des Shōgun starrte der Kammerherr Sano mit unverhohlenem Haß an.
    »Die Tat sōsakan Sanos erforderte all die bewundernswerten Eigenschaften, die einen vorbildlichen Samurai ausmachen: Mut, Ergebenheit, Klugheit und … äh … Beharrlichkeit.« Der Shōgun zwinkerte Sano zu. »Wenngleich ich mir vorstellen kann, daß Kammerherr Yanagisawa Euch zumindest eine kleine Hilfe war.«
    Tokugawa Tsunayoshi lachte schallend über seine witzelnde Bemerkung. Voller Erheiterung hatte er sich berichten lassen, welche Rolle Yanagisawa bei der Gefangennahme Chūgos gespielt hatte. Daß der Kammerherr versucht hatte, die Nachforschungen zu behindern, schien der Shōgun allerdings nicht zu wissen; Sano, dem der bushidō untersagte, Schlechtes über einen Vorgesetzten zu reden, hatte Tsunayoshi nichts davon erzählt.
    Alle Gäste, bis auf den Kammerherrn, fielen in das Lachen des Shōgun ein. Der Blick, mit dem Yanagisawa Sano bedachte, sprühte vor Wut und Haß. Mit der Fingerspitze berührte er die Narben an seiner Lippe und dem Augenlid.
    »Und nun«, fuhr Tsunayoshi fort, »werde ich ein Lied vortragen, das ich selbst verfaßt habe und das die Verhandlung gegen Chūgo Gichin schildert.

    Es war zu der Zeit, da die Kirschen blühten
    Als das Böse vernichtet wurde …«
    Die Umstände von Chūgos Tod hatte die Phantasie des Shōgun dermaßen beflügelt, daß die Zweifel an Sano, die Yanagisawa in ihm geweckt hatte, vollkommen vergessen waren. Statt dessen hatte er Sano wieder mit offenen Armen in seine Gunst aufgenommen. Der Shōgun war sogar höchstpersönlich im Gerichtssaal erschienen, um der Verhandlung gegen Chūgo beizuwohnen. Und nun, als der Shōgun sein Lied sang, erlebte Sano die unvergeßlichen Geschehnisse noch einmal.
    Drei Tage nach Chūgos Gefangennahme war Sano im Gerichtssaal vor Magistrat Ueda hingetreten, um die Beweise gegen den Beklagten vorzubringen. Während der Shōgun voller Entzücken lächelte und sich draußen vor den Gitterfenstern eine neugierige Menschenmenge versammelte, hatte Sano berichtet, wie er Chūgo als einen der Verdächtigen erkannt und ihn dann auf eine Weise überlistet hatte, daß er sich als der bundori -Mörder entpuppte.
    »Bei einer späteren Durchsuchung von Chūgos Haus wurde eine Liste mit den Namen und Anschriften der Angehörigen des Araki- und Endō-Klans entdeckt«, fuhr Sano fort.

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