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Die Rache des schönen Geschlechts

Titel: Die Rache des schönen Geschlechts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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meldete sich gleich Caterina. »Danke! Danke! Gerade habe ich im Radio gehört, dass 'u zu Cece verhaftet ist! Danke!«
    »Wieso danken Sie mir? Maresciallo Verruso hat.«
    »Ach, ich wollte Ihnen sagen, dass wir uns heute Abend leider nicht sehen können. Das müssen wir um ein paar Tage verschieben.«
    »Sind Sie krank?«
    »Nein, was ganz Dummes. Ich bin gestern ausgerutscht und habe mir den Knöchel verrenkt. Ich kann nicht laufen.«
    Stütz dich auf mich, hätte Montalbano am liebsten gesagt. Ich bring dich zu einer großartigen alten Frau, die dir einen Zauberwickel anlegt. Nach einem halben Tag geht es dir wieder gut, und dann.
    Aber er sagte nur: »Das tut mir Leid.«
    Er kehrte auf die Veranda zurück und legte sich wie eine Eidechse in die Sonne. Man kann nicht mit einer Frau zusammen sein, wenn man einen Tag zuvor einen Menschen getötet hat. Das kommt zwar vor, aber nur in amerikanischen Spielfilmen.
Montalbano hat Angst
    Als sie in dem Restaurant Platz genommen hatten, wusste er gleich, dass Ingegnere Matteo Castellini nicht sein Fall war. Castellinis Frau Stefania, Livias Busenfreundin, war zwar auch nicht das Gelbe vom Ei, doch immerhin ganz passabel, eine vierzigjährige Brünette, die zu gegebener Zeit redete und intelligente Sachen sagte. Aber der Ingegnere war Montalbano auf den ersten Blick unsympathisch. Er war ganz in Weiß zum Abendessen erschienen, wie in einer Waschmittelreklame, ausgenommen die ins Elfenbein spielende Krawatte. Als er ihm die Hand gab, konnte Montalbano sich gerade noch beherrschen, »Mister Livingstone, I suppose?« zu sagen.
    Kaum war er fertig mit dem ersten Gang, einem risotto di mare, den Montalbano gut fand, legte der Ingegnere auch schon los.
    »Dann wollen wir mal zur Sache kommen«, sagte er. Es gab also eine Sache? Livia hatte kein Wort verlauten lassen. Er sah sie fragend an, und sie antwortete mit einem so flehenden Blick, dass der Commissario sich vornahm, was auch immer diese >Sache< zu bedeuten hatte, gelassen zu bleiben und das Abendessen, zu dem ihn seine Freundin praktisch in Ketten geführt hatte, nicht in einem Streit enden zu lassen.
    »Wissen Sie, ich habe Stefania schon so lange damit in den Ohren gelegen, dass sie uns miteinander bekannt machen soll. Wir beide haben ein gemeinsames Interesse, und ich beneide Sie sehr.« »Wieso?«
    »Weil Sie über ein privilegiertes Observatorium verfügen.«
    »Ach ja? Welches denn?«
    »Das Kommissariat von Vigata.«
    Montalbano traute seinen Ohren nicht. Das Kommissariat, ein privilegiertes Observatorium? Ein paar schäbige ebenerdige Zimmer, in denen sich Leute herumtrieben wie Catarella, der dummes Zeug quasselte, oder Mimi Augello, der immer hinter irgendeinem Rock her war? Er sah Livia an, aber die war in ein angeregtes Gespräch mit ihrer Freundin Stefania vertieft. Der Commissario war sicher, dass sie nur so tat.
    »Oh ja«, fuhr der Ingegnere fort. »Ich plane und baue Brücken. Weltweit, bei aller Bescheidenheit. Aber wissen Sie, in einem Betonpfeiler steckt nun mal kein Mensch.«
    Meinte er das im Ernst, oder machte er einen Witz? Montalbano wollte es genauer wissen.
    »Na ja, bei uns hat schon gelegentlich einer im Beton gesteckt.« jetzt fiel der Ingegnere aus allen Wolken. »Wirklich?«
    »Allerdings. Das war eine der Methoden, mit denen die Mafia.«
    Castellini unterbrach ihn. »Nein, vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Wissen Sie, Commissario, ich hätte nicht Ingenieur werden sollen. Ich hätte mich gerne mit Analyse beschäftigt.«
    »Chemischer?«
    »Nein. Mit Psychoanalyse.« So allmählich klärte sich die Sache.
    »Da muss ich Sie leider enttäuschen. In dieser Hinsicht ist das Kommissariat von Vigata nicht unbedingt der geeignete Ort, um.«
    Konnte man sich Catarella hinter einer Couch vorstellen, auf der einer lag, der ein Büschel Spinat geklaut hatte? »Ich weiß, ich weiß. Aber was man dort zu ergründen vermag!«, rief der Ingegnere mit entrücktem Blick. Er hatte seine Stimme erhoben, sodass selbst Livia und Stefania ihr Gespräch unterbrachen und ihn ansahen. »Was denn ergründen?«
    »Die menschliche Psyche natürlich, Commissario! Ihre Windungen! Ihre Tiefe! Ihre Komplexität!«
    Aha, der Ingegnere gehörte also zu der Sorte Leute, die sich in allem, was mit >Psy< anfängt - Psychologie, Psychoanalyse, Psychiatrie - genüsslich aalen. Montalbano beschloss, noch eins draufzusetzen.
    »Sie meinen, in ihre Abgründe hinabzusteigen?«
    »Ja.«
    »Ihre wirren Irrgärten zu

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