Die Rache des schönen Geschlechts
zwar in manchem voneinander ab, doch im Großen und Ganzen stimmte es.
Schnell holte er die Pistole aus dem Handschuhfach, lud durch, stieß die Tür auf und sprang aus dem Auto. Gleichzeitig öffnete sich die Tür von Dimoras Wagen, ein Mann stürzte heraus und streckte den rechten Arm zu Catarella hin, der wie gelähmt dastand. »Dimora!«, schrie Montalbano.
Der Mann drehte sich um und schoss. Montalbano hatte bereits abgedrückt, die beiden Schüsse vermischten sich zu einem einzigen Knall. Dimoras halbes Gesicht flog weg und blieb, Knochen, Fleisch, Hirnmasse, an einer Hauswand kleben. Der Commissario rannte zu dem Mann, der mit dem Rücken auf dem Bürgersteig lag, und wusste auf den ersten Blick, dass er tot war. Dann wandte er sich zu Catarella um. Der stand reglos da, die Augen weit aufgerissen. Montalbano trat zu ihm und nahm ihm das Handy aus der Jackentasche. »Setz dich ins Auto.«
Catarella rührte sich nicht von der Stelle. Erst als Montalbano ihm einen leichten Klaps auf die Schulter gab, setzte er sich in Bewegung. Ein Automat. Montalbano wählte eine Nummer.
»Hier ist Montalbano. Leider muss ich so spät noch stören, aber...«
»Ich habe Ihren Anruf erwartet.«
Er hatte ihn erwartet?
»Haben Sie ihn? Ich war sicher, dass er sich auf der Baustelle versteckt hatte. Ich hatte Dimoras Wagen nicht beschlagnahmt, weil ich ihn als Köder dalassen wollte. Ich wusste, dass er anbeißen würde und dass Sie in der Nähe waren, um ihn sich zu angeln.«
Ganz kurz hatte der Commissario einen ketzerischen Gedanken: Was für ein schönes Paar würden er und dieser Maresciallo der Carabinieri abgeben! »Ich war gezwungen zu schießen.«
»Ist er tot?«
»Ja.«
»Wo sind Sie genau?«
Der Commissario erklärte es ihm. »Hat jemand Sie gesehen?«
»Ich glaube nicht. Es ist kein Fenster aufgegangen. Bei so was schläft man lieber weiter.«
»Umso besser. Bleiben Sie, wo Sie sind, in spätestens einer Viertelstunde bin ich in Gallotta.«
Montalbano setzte sich ebenfalls ins Auto. jetzt zitterte Catarella.
»Mir ist so kalt, so furchtbar kalt, Dottori.«
Montalbano legte ihm den Arm um die Schultern. »Lehn dich an mich.«
Catarella kuschelte sich an den Commissario und heulte plötzlich los.
»Matre santa! Heilige Muttergottes, ist das schrecklich, wenn man das sieht, wie einer totgemacht wird!«
Zu sehen, wie ein Mensch getötet wurde, war für Catarella schrecklich. Aber wie schrecklich war es erst,
wenn man selbst einen Menschen tötete?
Verruso verlor keine Zeit, er hielt auf der Höhe von Montalbanos Auto und sprach durch das offene Seitenfenster mit ihm.
»Fahren Sie sofort weg, Sie dürfen mit dieser Geschichte nichts zu tun haben. Dimora habe ich getötet, bei einem Schusswechsel. Klar? Sobald Sie weg sind, informiere ich die zuständige Stelle. Ach, das sollten Sie noch wissen: Die beiden Komplizen von Dimora haben geredet, sie haben gestanden, dass 'u zu Cece die Morde in Auftrag gegeben hat, und trotz aller politischen Protektion habe ich das Gefühl, dass er diesmal verschissen hat, wie Sie es nennen.«
Lag Ironie in Verrusos letzten Worten? Es war so, aber das wollte der Commissario nicht wahrhaben. Er brachte Catarella nach Hause. Als Catarella ausgestiegen war, konnte er sich immer noch nicht auf den Beinen halten, und er lehnte sich auf Montalbanos Seite ans Fenster. »Dottori, und dann täte das doch unser viertes Geheimnis sein, oder?«
Und diesmal sah er alles andere als glücklich aus. Montalbano strich ihm über den Kopf wie einem Hund. »Ja, leider.«
In Marinella stellte er sich unter die Dusche und ging gar nicht mehr raus. Er konnte nicht aufhören, er seifte sich ein, spülte die Seife ab und fing wieder von vorn an. Er verbrauchte das ganze Wasser aus dem Tank. Eines wusste er sicher: dass er diese Nacht kein Auge schließen würde. Und so war es.
Am Morgen, als die Sonne schon hoch stand, schwamm er eine Stunde im eisig kalten Meer. Doch als er aus dem Wasser stieg, fühlte er sich immer noch schmutzig. Wie sagte Lady Macbeth? Wie, wollen diese Hände nimmer rein werden? Er zog sich an und stellte die große Kaffeekanne auf, dann setzte er sich auf die Veranda und wartete, einen Espresso nach dem anderen trinkend, bis eine zivile Zeit zum Telefonieren gekommen war. »Hier ist Montalbano. Ich möchte bitte mit Signora...«
»Ah, Dottore, Sie sind's. Die Signora kommt heute nicht ins Büro. Sie möchten sie bitte zu Hause anrufen. Haben Sie die Nummer?«
Diesmal
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