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Die Rache. Thriller.

Die Rache. Thriller.

Titel: Die Rache. Thriller. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Trauermarsch, langsam, finster, geisterhaft.
    Es ist vollbracht, dachte er. Ich habe sie alle betrogen, bis auf meinen Sohn.
    Seine Tat lastete schwer auf ihm. Mit diesem Gefühl ging er weiter durch die Nacht.

KAPITEL 9
Samstag
    Richter Pearson hatte den Kopf seines Enkels in den Schoß gelegt und streichelte ihm liebevoll die Stirn.
    Tommy schlief fest, ab und zu jedoch stöhnte er leise, so als ob sein Schlaf durch Albträume bedrückt würde. Sein Atem ging inzwischen normal. Als Olivia sie wieder eingesperrt hatte, hatte Tommy so flach geatmet, daß Pearson sich große Sorgen machte. Jetzt sah er auf die Uhr und stellte fest, daß der halbe Vormittag schon vorbei war.
    Vor Stunden war er selbst eingenickt, aber nur für ein paar Minuten. Er war froh, daß Tommy so gut schlafen konnte.
    Das war wohl das beste Mittel, um schnell wieder zu Kräften zu kommen. Er strich vorsichtig mit der Hand über eine der Prellungen auf Tommys Arm. Die Stelle war dunkelviolett. An der Stirn hatte er einen roten Kratzer.
    Wie gerne hätte er dem Jungen die Schmerzen abgenommen!
    Wir haben noch Glück gehabt, dachte er. Keine gebrochenen Knochen, keine Gehirnerschütterung und wohl auch keine inneren Verletzungen. Und keine Schußwunden. Er war sich nicht sicher, ob Olivia mit Absicht vorbeigeschossen hatte oder ob sie einfach eine schlechte Schützin war.
    »Alles wird gut, bald bist du wieder ganz gesund. Hab keine Angst«, sagte er leise.
    Tommy schlug die Augen auf. Im ersten Moment erschrak er, aber sein Großvater nahm ihn in die Arme und hielt ihn fest. Jetzt erst wurde Tommy richtig wach und sah sich neugierig um. Pearson war erleichtert und zwinkerte seinem Enkel zu. Gestern dachte ich, sie bringen ihn um. Kinder sind stärker, als wir Erwachsenen glauben. Sie wissen viel mehr, als wir ahnen, begreifen schneller, als wir es für möglich halten. Das vergißt man allzu leicht.
    »Wie lange habe ich geschlafen?« fragte Tommy.
    »Fast sechzehn Stunden. Eine lange Nacht.«
    Tommy wollte sich recken, hielt aber plötzlich inne.
    »Au, das tut weh!«
    »Ich weiß, Tommy. Aber das geht vorbei, glaub mir. Sie haben dich verprügelt, aber mich auch …«
    Er fühlte mit dem Finger nach den Beulen an seiner Stirn.
    »Es ist nicht so schlimm. Wir haben Glück gehabt. Aber du mußt mir sagen, wenn dir irgendwas wirklich weh tut.«
    Tommy rieb sich Arme und Beine. Er stand auf, lockerte seine Gelenke wie ein Tier, das lange geschlafen hat.
    Dann sah er sich im Zimmer um.
    »Es ist schon wieder gut, Großvater. Ach, wir sind ja in unserem alten Zimmer!«
    »Ja«, sagte Pearson, der durch Tommys Verhalten immer zuversichtlicher wurde. »Tommy, du mußt mir jetzt sagen, ob du irgendwo Schmerzen hast. Im Magen oder im Kopf vielleicht?«
    Tommy zögerte einen Moment, überlegte und sagte dann: »Nein, es ist alles in Ordnung.«
    »Das habe ich gehofft«, antwortete sein Großvater. »Ich bin wirklich froh, dich in so gutem Zustand zu sehen.«
    »Ich hab’ wirklich gedacht, die schlagen mich tot!«
    Pearson wollte zuerst antworten: ich auch, besann sich jedoch eines Besseren und sagte dann: »Nein, das glaube ich nicht. Sie haben sich nur über dich geärgert und wollten dir einen Denkzettel geben. Die brauchen dich doch. Und deshalb tun sie dir nichts, was gefährlich wäre.«
    »Als der Schuß losging, da …«
    »Da hast du dich bestimmt furchtbar erschreckt, nicht?«
    »Ich hätte es beinahe geschafft, ich hatte schon den Wald gesehen. Und wenn ich durchs Fenster gekommen wäre, die hätten mich bestimmt nie eingeholt.«
    »Das wußten sie auch.«
    »Draußen sah es richtig kalt und grau aus. Wie im Winter. Es war so ein Tag, an dem man keine Lust hat, zum Spielen rauszugehen. Auch wenn man soll. Aber ich wollte plötzlich so gerne nach draußen! Ich konnte es einfach nicht mehr aushalten.«
    »Das hast du gut gemacht, Tommy.«
    »Weißt du, es war, als ob das alles einem anderen passierte. Als ob ein anderer lief, einer, der viel schneller, stärker und schlauer war als ich.«
    »Keiner hätte schneller, stärker und schlauer sein können, als du warst, Tommy.«
    »Bestimmt?« fragte der Junge ungläubig.
    »Ich wüßte wirklich niemanden.«
    Tommy lächelte stolz, sagte dann aber: »Es tut mir leid.«
    »Was tut dir leid?«
    »Daß ich dich alleingelassen habe.«
    Pearson lachte. »Aber das war doch prima von dir! Du hast alle so überrascht, das war der beste Angriff, den ich je gesehen habe. Tommy, du bist verdammt viel stärker

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