Die Rache. Thriller.
Angehörigen des Opfers.
Die Atmosphäre vor Gericht war meist kalt und herzlos, selten konnten Dinge wirklich angemessen beurteilt werden. Die Aussage der einen Partei wurde durch die Gegenseite in Frage gestellt, die Wahrheit ließ sich nicht einfach in einen Satz fassen, sie war in Wirklichkeit viel komplizierter, als ein Richterspruch es je zum Ausdruck bringen konnte.
Wie wenig habe ich doch vom wirklichen Leben gewußt! Er blickte sich in der Kammer um. Dies hier ist die Realität. Jahrelang habe ich über die scheußlichsten Dinge geurteilt, ohne sie je selbst erfahren zu haben. Er dachte an die Angst, die er empfunden hatte, als Olivia ihre Pistole hob und von hinten auf Tommy schoß. Hätte er sich auf sie stürzen sollen? Hätte er der Kugel in den Weg springen sollen? Was für schlimme Folgen hätte seine Tatenlosigkeit haben können!
Pearson beschloß, beim nächsten Zwischenfall schneller einzugreifen. Bislang hatte er gedacht, irgendwer würde schon auftauchen und sie beide befreien. Aber da hatte er sich vertan. Tommy hatte recht. Sie mußten selbst etwas gegen ihre Feinde tun.
Er sah zu, wie Tommy arbeitete, und dachte: Wir müssen uns selbst retten.
Plötzlich hörte er Schritte an der Tür. Er wollte Tommy warnen, aber der Junge hatte schon alles getan, um die Spuren seiner Arbeit zu entfernen.
Beide setzten sich in Erwartung ihres Besuchs auf das Bett.
Langsam fuhr Megan durch die Außenbezirke der Stadt.
Wir haben alles getan, und wo zum Teufel bleiben sie?
Warum melden sie sich nicht?
Sie umklammerte das Steuer fester und gab mitten in einer Kurve Gas. Sie übertrug ihre Wut und Verzweiflung auf das Auto. Dabei war sie normalerweise eine vorsichtige Fahrerin. Sie biß fest die Kiefer aufeinander und hörte in der folgenden Kurve die Reifen quietschen. Sie sah Duncan vor sich, wie er in der Nacht zuvor nach Hause gekommen war, das Gesicht kreidebleich. Sie hatte befürchtet, daß alles schiefgegangen war, und gleichzeitig, daß es geklappt haben könnte. Er hatte seinen Aktenkoffer mit dem Geld auf den Küchentisch gelegt und gesagt:
»Das wäre geschafft.«
»Nein, es ist noch nicht geschafft! Erst, wenn wir die Tommys wiederhaben«, hatte Megan gesagt.
Er hatte genickt und geantwortet: »Ja, aber ein Anfang ist gemacht.«
Sie erzählte ihm, daß im Haus eingebrochen und das Zimmer der Zwillinge verwüstet worden war. Sie hatten den ganzen Abend über aufgeräumt, während sie auf seine Rückkehr warteten. Duncan hatte seine Töchter in den Arm genommen, um sie zu trösten, und gesagt: »Bald haben wir alles hinter uns.«
Megan pflichtete ihm bei, aber im Innern hatte sie große Zweifel. Olivia ging ihr nicht aus dem Kopf, diese Frau, die ein ganzes Minenfeld von verletzten Gefühlen mit sich herumtrug. Megan wußte, daß sie ihren Handlanger geschickt hatte, um das Zimmer der Mädchen zu verwüsten. Das war Olivias Plan: ihr Leben durcheinanderzubringen und sie alle so zu verunsichern, daß sie keinen Moment mehr ohne Angst leben konnten.
Sie sah Olivia vor sich, wie sie sie vor dem Bankeinbruch in Lodi belehrt hatte. Sie hatte ihre Truppe fest im Griff gehabt und sich durch nichts beirren lassen. Jeden Tag hatte sie diese Reden gehört. Immer und immer wieder.
Morgens, mittags und abends. Und in der ganzen Zeit bist du nicht in der Lage gewesen dazuzulernen, Olivia.
Beinahe hätte Megan die Einfahrt zur Müllkippe verpaßt. Sie warf im letzten Moment das Steuer herum, und der Wagen schlingerte über den Kiesweg, so daß Megan fürchtete, die Kontrolle über ihn zu verlieren. Schließlich bekam sie ihn wieder in den Griff und fuhr geradewegs auf den Müllabladeplatz zu. Ein älterer Mann saß in einer kleinen Hütte, rauchte und las den National Esquirer. Er winkte Megan durch, als er sah, daß sie den richtigen Aufkleber auf dem Auto hatte. Zu ihrer Erleichterung achtete er nicht weiter auf sie. So schnell sie konnte fuhr sie zu der Müllgrube. Der Müllgestank hing drückend in der Luft. Als sie aus dem Auto stieg, atmete sie vorsichts-halber durch den Mund. Im Kofferraum standen drei grüne Plastiksäcke. Im ersten waren die Kleider und Utensilien, die Duncan für den Überfall benutzt hatte, der zweite enthielt alle Kleider, die Karen und Lauren auf dem Boden in ihrem Zimmer gefunden hatten. Megan war sofort auf ihren Wunsch eingegangen, alles wegzuwerfen, was der Eindringling berührt hatte. Der dritte Sack enthielt Müll.
Sorgfältig hatte Megan darauf geachtet, daß
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